Rettungspaket der EU zeigt Wirkung
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Die jüngsten Turbulenzen an den Staatsanleihemärkten kamen für uns nicht völlig überraschend. Sie sind eine zwangsläufige Folge der Finanzkrise, zu deren Bekämpfung enorme finanzielle Mittel von den Staaten aufgebracht werden müssen. In unserem Konzept zum Neuen Gleichgewicht haben wir darauf bereits explizit hingewiesen. Die Ereignisse in den südeuropäischen Peripherieländern bestätigten dabei unser Bild. Trotz des in der vergangenen Woche gefassten Beschlusses zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands kam es an den Kapitalmärkten zu einer massiven Spekulationen gegen die Eurozone. Die Angst vor einem Übergreifen auf weitere Peripherieländer auf die gesamte Eurozone belastete gegen Wochenschluss die Märkte. Daher wurden am vergangenen Wochenende von der EU, dem IWF sowie der EZB umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der Eurozone beschlossen.
Rückblick auf die Ereignisse an den Märkten bis zum Wochenende:
· An den Rentenmärkten verlief die Entwicklung zweigeteilt. Die Verschärfung der Krise führte zu einer Flucht in Qualität. Die Renditen von Bundesanleihen mit 10jähriger Laufzeit notierten mit 2,8 Prozent und fielen damit auf ein historisches Tief. Staatsanleihen der europäischen Peripherieländer wiesen dagegen weitere, teils massive Spreadausweitungen auf. Am Markt wurden auch aufgrund stark rückläufiger Liquidität hohe Geld-Brief-Spannen gestellt. Die insgesamt zunehmende Risikoaversion führte bei Unternehmensanleihen, Emerging-Market-Bonds und Pfandbriefen ebenfalls zu steigenden Renditeaufschlägen bei gleichzeitig abnehmender Liquidität.
· Die Aktienmärkte kamen ebenfalls in der vergangene Woche massiv unter Druck. Vor allem europäische Indizes wie der EuroStoxx 50 führten mit einem Rückgang von rund 11Prozent die Verliererliste an. Speziell an den südeuropäischen Aktienmärkten sowie im gesamten Finanzsektor waren hohe Verluste zu beobachten. Diese Entwicklung ging mit einer hohen Volatilität einher.
· Der Euro fiel zum Wochenende kurzzeitig auf die Marke von knapp 1,25 US-Dollar zurück. Damit wurde das Niveau vom März 2009 erreicht, dem Wendepunkt an den Aktienmärkten nach der Lehman-Krise.
Als Folge der Marktgeschehnisse haben die Finanzminister der 27 EU-Länder am Wochenende in langen Krisengesprächen ein beispielloses Rettungsprogramm in einer Gesamthöhe von 750 Milliarden Euro beschlossen, um die Börsen zu beruhigen.
Die Beschlüsse umfassen im Wesentlichen folgende Maßnahmen:
· Um die Bedrohung der Stabilität der Eurozone und der EU abzuwenden, wurde in Brüssel ein Kreditrahmen im Volumen von 500 Milliarden Euro vereinbart. 60 Milliarden Euro davon stehen per Verordnung sofort bereit, weitere 440 Milliarden Euro sind als bilaterale Garantien vorgesehen. Diese müssen noch von den jeweiligen nationalen Parlamenten verabschiedet werden.
· Weitere 250 Milliarden Euro soll der Internationale Währungsfonds beisteuern.
Die Europäische Zentralbank wird nun doch eine aktive Rolle im Rahmen des Rettungsplanes übernehmen müssen:
· Die EZB wird - analog zur US-Notenbank - ebenfalls direkte Anleihekäufe vornehmen. Umfang und Art der anzukaufenden Papiere sind noch nicht näher bestimmt.
· Der kommende 6-Monatstender wird in unbegrenzter Höhe begeben.
Am heutigen Montag kam es zu folgenden Reaktionen auf die Beschlüsse:
· Der Euro hat sich leicht erholt, fiel aber im Tagesverlauf wieder unter 1,30 Euro/Dollar
· Die internationalen Aktienmärkte machten einen Teil der zuvor erlittenen Verluste wieder wett.
· Zudem kam es zu massiven Spreadeinengungen an den Märkten für Risikoanlagen. So konnten beispielsweise am Montagvormittag die Notierungen 5jähriger griechischer Staatsanleihen um mehr als 20 Preispunkte zulegen. Die Liquidität ist in diesem Marktbereich jedoch nach wie vor stark eingeschränkt.
· Vor dem Hintergrund des Rettungspakets hat die Nachfrage nach sicheren Bundesanleihen nachgelassen, was mit entsprechenden Renditeanstiegen einherging.
Ausblick
Mit den am Wochenende gefassten Beschlüssen sollte die Verunsicherung an den europäischen Rentenmärkten spürbar zurückgehen. Die Politik hat einen Rettungsschirm über die Peripheriemärkte gespannt, der durchaus vergleichbar ist mit dem Rettungsschirm über den Bankensektor nach dem Lehman-Zusammenbruch. Akute Ausfallrisiken bestehen aus unserer Sicht in diesem Marktsegment nun nicht mehr. Die am Markt eingepreisten Risikoprämien dürften deshalb noch weiter zurückgehen. Es besteht damit kein unmittelbarer Anlass mehr, die in den Portefeuilles enthaltenen Peripherieanleihen rasch und in größerem Umfang abzubauen, zumal sie eine höhere laufende Verzinsung erbringen als Bundesanleihen. Bei Peripherieanleihen handelt es sich jetzt faktisch um von den Kernländern garantierte Staatsanleihen der Euro-Randländer. Da die politische Umsetzung der Beschlüsse aber, wie in der Vergangenheit, holprig verlaufen könnte, dürfte die Volatilität noch überdurchschnittlich hoch bleiben. Bei den Bundrenditen ist zwar mit dem heutigen Tag ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Angesichts der Niedrigzinspolitik der EZB und verhaltener Konjunkturaussichten speziell für den Euroraum rechnen wir nicht mit einem nachhaltigen Renditeanstieg. Inflationsrisiken könnten langfristig wieder ein Thema werden, kurzfristig dürfte sich dies aber kaum auf die Renditen auswirken.
An den Aktienmärkten verlief die Entwicklung in den letzten Wochen weitgehend stimmungsgetrieben. Hierbei überlagerte die Schuldenproblematik der Staaten die fundamentalen Rahmendaten (Konjunktur- und Unternehmenszahlen). Letztere zeigten sich auch in den vergangenen Tagen sowohl in den USA als auch in Europa von ihrer positiven Seite. Sie gingen jedoch vor dem Hintergrund der beschriebenen Ereignisse unter. Eine Beruhigung an den Rentenmärkten dürfte zu einer bewussteren Würdigung der positiven Rahmendaten an den Aktienbörsen führen und zu steigenden Kursen verhelfen.
Die erste Spekulationswelle gegen den Euro scheint vorerst abgewendet. Die Schwächephase der Gemeinschaftswährung dürfte mit den Beschlüssen der EU jedoch noch nicht beendet sein. Das Ansehen des Euro hat unter internationalen Investoren gelitten. Letztendlich bleibt die Einschätzung der Unabhängigkeit der EZB von politischer Einflussnahme eine zentrale Frage, die den Devisenmarkt in den kommenden Monaten bewegen wird. Auch der faktische Bruch der No-bailout-Klausel des Lissabon-Vertrages ist eine schwere Hypothek. Nichtsdestotrotz haben die Regierungschefs ein überraschend deutliches Signal an die Kapitalmärkte gesendet!
Quelle: Union Investment
Gegründet im Jahr 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 161,9 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 30. September 2009, davon 99,5 Milliarden Euro in Publikumsfonds. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4,6 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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