Kommentar
15:00 Uhr, 15.12.2008

Relaxen Sie doch einmal mit dem „Weltbasket“!

Nach der „Klimakatastrophe“ im vergangenen Jahr, also heuer die „Finanzkrise“, so lautet der von der Gesellschaft für deutsche Sprache kürzlich zum „Wort des Jahres“ gekürte Begriff. Mit der Bezeichnung „verzockt“ auf dem zweiten Platz legt das Gremium gleich noch einmal einen nach und dokumentiert damit eindringlich, was die Menschen hierzulande in dem sich langsam dem Ende zuneigenden Chaos-Jahr besonders bewegt hat. Hätte man die Wahl allein auf den Zertifikatemarkt bezogen, so wäre nach dem absoluten „Unwort Lehman“ wohl auch der Begriff „Multi“ unter den Top Ten gelandet, wollten Anleger aus Furcht vor der kommenden Abgeltungssteuer dem Fiskus mittels der Risikoausweitung auf gleich mehrere Basiswerte doch noch einmal so richtig ein Schnippchen schlagen. Das ging bekanntlich wegen der „Finanzkrise“ deutlich daneben und am Ende hat man sich dabei leider gründlich „verzockt“. So schließt sich der Kreis also auch hier wieder.

Doch lange Rede, kurzer Sinn: Multi-Produkte gab es schon länger und es wird sie auch weiter geben. Dabei spielt der sogenannte Weltbasket bestehend aus den breiten Indices auf die drei großen Aktienmärkte Europa (Euro STOXX 50), die USA (S&P 500), und Japan (Nikkei 225) eine wichtige Rolle. Dies zeigt auch der Blick auf den aktuellen Zeichnungskalender, den noch bis zum 12. Dezember zwei entsprechende Papiere zierten, eine Neuauflage des GeW-I-Nner-Zertifikates der WestLB, sowie das World Relax Express-Papier von JP Morgan. Die Emission des Duos erfolgt in den kommenden Tagen.

So unterschiedlich die Namen der beiden Produkte auf dem ersten Blick auch klingen mögen, so ähneln sie sich in ihrer Struktur. In beiden Fällen handelt es sich um ein sogenanntes Relax-Express-Zertifikat auf den angesprochenen Weltbasket mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren und einer Kursschwelle bei 50 Prozent der jeweiligen Ausgangsniveaus der drei Einzelindices. Doch gerade bei deren Handhabung liegt auch der kleine aber feine Unterschied. So bekommt der Anleger beim „Gewinner“ der WestLB ungeachtet einer vorzeitigen Fälligstellung an dem jährlichen Bewertungstag einen Kupon in Höhe von 15 Prozent ausgezahlt, wenn kein Kursbarometer während des jeweils vorangegangenen Jahres auf oder unter der Barriere notiert hat. Kommt es hier allerdings doch zu einer Schwellenverletzung, erfolgt in dem betreffenden Jahr zwar keine unmittelbare Verzinsung, allerdings kann der ausgefallene Kupon nach dem „Catch-Up“-Prinzip in den Folgeperioden wieder aufgeholt werden. Im Gegensatz dazu gibt es bei dem JP-Morgan-Papier keine entsprechende Jahresbetrachtung, d.h. sollte sich ein Index zu irgendeinem Zeitpunkt während der Laufzeit einmal mehr als halbieren, so entfallen automatisch alle weiteren Kuponzahlungen. Ein entscheidender Nachteil, wenngleich der Express-Bonus bei den Amerikanern mit 18 Prozent auch etwas höher ausfällt. Auf der anderen Seite kommt es bei beiden Zertifikaten zu einer vorzeitigen Kündigung, wenn kein Index an den jährlichen Bewertungstagen unter 80 Prozent (JP Morgan), bzw. auf oder unter 90 Prozent (WestLB) notiert. Auch bezüglich einer Tilgung erst zur Endfälligkeit nach drei Jahren muss wieder eine Fallunterscheidung herhalten. So kann der hässliche „Worst-of“-Mechanismus, der nur noch die Wertentwicklung des schlechtesten Basket-Bestandteils für die Rückzahlung heranzieht, wiederum bei dem WestLB-Papier nur im letzten Jahr zuschlagen und gestattet wie schon bei der Kuponberechnung auch vorangehende Schwellenverletzungen, während bei dem „World Relax“ bereits ein einmaliger Ausreißer nach unten das Schicksal für den Investor besiegelt.

Der BörseGo Tipp:
Wie man bei den beiden Produkten sehen kann, hat die etwas moderatere Ausstattung bei der WestLB durchaus ihren berechtigten Grund und bringt v.a. dann einen entscheidenden Vorteil, wenn in den beiden ersten Jahren ein Index mehr als die Hälfte seines Wertes verlieren sollte. Insgesamt weisen aber beide Papiere ein attraktives Chance-Risiko-Profil auf.

GeW-I-Nner-Zertifikat 26

Emittent/WKN:

WestLB / WLB2K1

Laufzeit:

19.12.2011

Preis: (Ausgabetag 16.12.2008)

Ausgabepreis: 100 % (0,50 % Agio)

World Relax Express-Zertifikat

Emittent/WKN:

JP Morgan / JPM9SB

Laufzeit:

09.12.2011

Preis: (Ausgabetag 17.12.2008)

Ausgabepreis: 100 € (2 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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