Kommentar
07:23 Uhr, 12.11.2014

Reich durch Schwellenländeraktien?

„Aktien aus Schwellenländern gehören in jedes Depot.“ Das ist häufig zu hören. Vielleicht ist auch etwas dran.

Seit 1970 hat sich der Wert südafrikanischer Aktien mehr als versiebzigfacht. In Indien stiegen die Bewertungen sogar um einen Faktor im mittleren dreistelligen Bereich. Klingt wie eine Freikarte für Reichtum, oder?

Ein Selbstläufer?

Ein Blick auf den ersten Chart genügt. Damit könnte ich den Artikel eigentlich schon wieder beenden. Der Durschnittsindex mehrerer Schwellenländer legt in einem sehr soliden Aufwärtstrend zu. Der Index stieg von 8 Punkten im Jahr 1970 auf über 1.000 Punkte heute. Einzelne Märkte weichen davon ab. Indonesien bewegte sich nach der Asienkrise volatil seitwärts. Danach begann eine ziemlich massive Rallye. China kommt dafür seit dem Exzess von 2007 nicht mehr auf die Beine. Im Durschnitt aber steigen die Aktien. Wer also auf einen Emerging Market Index setzt, der einigermaßen gleichverteilt ist und nicht in einem Markt übergewichtet ist, der hat gute Karten.

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Wäre es so einfach, dann wären viele Anleger schon unermesslich reich. Es scheint also nicht ganz so simpel zu sein wie der Chart suggeriert. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Außer Spesen nichts gewesen

Das Problem an Emerging Markets Aktien ist einfach umschrieben. Sie machen eine enorme Performance und trotzdem bleibt unterm Strich nicht viel übrig. Der nächste Chart zeigt, woher das kommt. Abgebildet ist die Entwicklung der Aktien in Südafrika. In 50 Jahren hat sich der Wert um einen Faktor von 200 erhöht. Das ist die nominelle Entwicklung. Wenn ich nun als Südafrikaner im Jahr 1960 um 10.000 südafrikanischen Rand Aktien erworben hätte, dann wäre das Depot nun etwas über 2 Mio. schwer. Gleichzeitig hat das Geld aber massiv an Kaufkraft verloren. Insgesamt stieg der Inflationsindex von 1 auf 68 Punkte. Berücksichtigt man den Kaufkraftverlust, dann hat sich der Wert der Aktien in diesen 50 Jahren nur knapp verdreifacht. Jährlich entspricht das einer Performance von 2,2%.

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Als Europäer habe ich jetzt nicht sonderlich viel mit der Inflation in Südafrika zu tun. Daher sieht das Bild ein wenig anders aus. Viele Schwellenländermärkte sind allerdings nicht für ausländische Investoren geöffnet. Man muss daher Aktien aus diesen Ländern kaufen, die an ausländischen Börsen notiert sind. Das sind dann Aktien, die meist in Dollar und nicht in der Landeswährung notieren. Das klingt vielleicht zunächst wie eine gute Nachricht, allerdings verlieren die lokalen Währungen gegenüber USD oder EUR tendenziell. Der Kurs der Aktie wird immer noch in der Lokalwährung gemacht. Daran ändert auch die Notierung in Dollar nichts. Es kann also gut sein, dass die Aktien in Südafrika kräftig steigen, die in Dollar notierte Aktie aber kaum vom Fleck kommt, weil der Rand gegenüber dem USD abwertet.

Diesen Effekt habe ich durch eine Umrechnung des Index in Lokalwährung in USD dargestellt (als Südafrika FX). Der wechselkursbereinigte Index lief tendenziell seitwärts. Erst in den letzten 10 Jahren kam es zu einer größeren Rallye. Insgesamt verachtfachte sich der Wert von 1968 bis heute. Das ist immerhin schon deutlich besser als die inflationsbereinigte Performance. Es ist aber weniger gut als es klingt. Wer einfach nur den Dow Jones gekauft hätte, der hätte eine Vervierzehnfachung des Index erlebt.

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Dieses Phänomen ist keines, welches sich auf Südafrika beschränkt. In Brasilien stiegen Aktien nominal sehr kräftig. Real kam es in den vergangenen 20 Jahren zu einem Anstieg von 240%. Das war genauso viel wie beim Dow Jones. Der Fairness halber muss man sagen, dass man auf währungsbereinigter Basis den Dow Jones outperformt hätte. Mit 100% in 20 Jahren gar nicht einmal so knapp.

In Indien wäre ein Langzeitinvestment auch lukrativer gewesen als der Dow Jones. Währungsbereinigt stieg der Index um einen Faktor von 27. Ein Inder selbst wäre allerdings mit einem USD Investment besser beraten gewesen. Inflationsadjustiert hätte ein indischer Investor in lokaler Währung nur einen Verzwölffachung erreicht (in den USA war es eine Verviefzehnfachung). Mit schlechterem Timing – z.B. einem Einstieg im Jahr 1992 – wäre man wieder mit US Aktien besser gefahren.

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Die Liste an Beispielen lässt sich fast ewig fortführen. Besonders beeindruckend sind allerdings einige asiatische Märkte. Allen voran sind Thailand und Indonesien zu nennen. In Indonesien hat sich in den vergangenen 20 Jahren nichts getan. Der Markt zeigt zwar eine schöne Rallye ab 2002. Wer allerdings die Asienkrise mitgemacht hat, der kann aktuell gerade einmal ohne Verlust wieder aussteigen.

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Noch dramatischer ist das Bild in Thailand. Hier ist die Asienkrise noch immer nicht verdaut. Wer vor der Krise eingestiegen ist, der hat mit Buy and Hold noch immer einen Verlust auf dem Papier. Hier muss noch ein bis zwei Jahre gewartet werden bis dieser wieder ausgebügelt ist.

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Die Charts sagen eigentlich alles. Mit gutem Timing können Schwellenländeraktien eine Outperformance bringen. Im langjährigen Durchschnitt hatten viele Märkte eine Underperformance vorzuweisen. Pauschal einfach so in Emerging Markets zu gehen bringt wenig. Man sollte schon eine gutes Gespür für Selektion haben, ansonsten bewegt sich im Depot nicht viel bzw. zumindest nicht nach oben.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

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  • sarge01
    sarge01

    ​Ich möchte an dieser Stelle mal ein Lob für Ihre Fundamentalanalysen aussprechen, die ich immer sehr gerne lese. Als Investor wird man ja täglich mit Informationen bombardiert, umso erfreulicher, wenn man solche Artikel liest, die sich ausführlich mit diesen Themen auseinandersetzen!

    09:54 Uhr, 12.11. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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