Kommentar
16:12 Uhr, 15.02.2017

Protektionismus: Das sind die Kollateralschäden!

Keiner kann es allen recht machen. So ist vollkommen klar, dass aufkommender Protektionismus auch den eigenen Wählern schadet, nur welchen?

Protektionismus wird gerade wie ein Befreiungsschlag gefeiert. Wieso das so ist, bleibt mir persönlich schleierhaft. Durch den weltweiten Handel lassen sich viele Vorteile erzielen. Nachteile gibt es natürlich auch. Diese Nachteile werden derzeit besonders herausgestrichen.

Es geht in der Angelegenheit nicht nur um Donald Trump. Auch in Europa wünschen sich inzwischen viele, dass man dieses Experiment (EU, Eurozone) so nie gewagt hätte. Gallionsfigur ist sicherlich Marine Le Pen. Für sie scheint der Euro ein Werk des Teufels zu sein. Von offenen Grenzen muss man gar nicht erst zu reden anfangen...

Wie dem auch sei, es gibt viele Politiker, die Protektionismus als Lösung präsentieren. Auf den ersten Blick klingen die Vorschläge nicht einmal so schlecht. Bestes Beispiel ist der Streit um die Autoproduktion zwischen den USA und Mexiko. Viele Unternehmen produzieren in Mexiko, verkaufen die Produkte aber in den USA. Das kostet Arbeitsplätze in den USA.

Durch Einfuhrzölle soll damit Schluss sein. Mexikanische Produkte sollen so weit verteuert werden, bis der Kostenvorteil der Produktion in Mexiko wegfällt. Beispielhaft kann man sich vorstellen, dass die Produktion eines Autos in den USA 10.000 Dollar kostet. In Mexiko kostet die Herstellung nur 7.000 Dollar. Erheben die USA nun Zölle und verteuern somit die mexikanische Produktion auf 11.000, dann macht es für Unternehmen wieder Sinn in den USA zu produzieren.

Konsumenten müssen dafür natürlich tiefer in die Tasche greifen. Anstatt bisher einen Preis zu zahlen, der bei 7.000 plus Marge lag, müssen sie nun 10.000 plus Marge zahlen. Verlierer sind die Konsumenten. Natürlich entstehen auch neue Arbeitsplätze in der Produktion, doch dieser Gewinn wiegt den Verlust an Ersparnis beim Autokauf nicht auf. Unterm Strich würden die USA durch die Rückführung der Produktion an die 20 Mrd. Dollar pro Jahr verlieren!

Obwohl die Rückführung der Produktion unterm Strich negativ wäre, kann man nicht bestreiten, dass immerhin wieder mehr Menschen in der Autoproduktion arbeiten könnten. Das hat allerdings nicht nur den oben angeführten Preis, sondern auch weitere Kollateralschäden. Belegen die USA Produkte aus Mexiko mit hohen Zöllen, dürfte Mexiko sich nicht lange bitten lassen und ebenfalls Zölle erheben.

Das könnten sie z.B. bei Erdgas tun. Grafik 1 zeigt die US-Erdgasproduktion und den Anteil daran, den Mexiko aus den USA importiert. Fast 5 % der US-Erdgasproduktion geht derzeit nach Mexiko. Mexiko nimmt den USA dadurch einen Teil der Produktionssteigerung und Überproduktion ab. Würden diese Importe durch hohe Steuern abgewürgt, befände sich die US-Gasindustrie schnell in einer existentiellen Krise.

US-Unternehmen produzieren Rekordmengen an Gas. Keiner weiß im Moment, wohin mit dem ganzen Zeug. Die Überproduktion ist ein Problem. Die Preise sind niedrig und viele Unternehmen kämpfen ums Überleben. Steigt die Überversorgung, weil Mexiko die Importe stoppt, stehen schnell viele Menschen auf der Straße.

Gerade Öl- und Gasexporte nach Mexiko sind für die US-Rohstoffindustrie wichtig geworden. In den letzten Jahren wurde aus einem Handelsbilanzdefizit ein Überschuss (Grafik 2). Das wird nicht nur aufs Spiel gesetzt, sondern sorgt auch für einen Verlust an hochbezahlten Arbeitsplätzen.

Im Rostgürtel der USA mag man sich über die Vorschläge freuen, um die Autoproduktion zurückzuholen. Werden die Vorschläge umgesetzt, dann dürften das vor allem die südlichen Bundesstaaten zu spüren bekommen, die Gas nach Mexiko transportieren.

Protektionismus klingt erst einmal gut. Man muss es aber schon auch von vorne bis hinten durchdenken und über die Kollateralschäden aufklären.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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