Kommentar
11:10 Uhr, 13.04.2022

Perfekter Sturm für den japanischen Yen

Das Währungspaar USD/JPY ist heute auf den höchsten Stand seit rund 20 Jahren geklettert. Das könnte auch für andere Märkte wie den Aktienmarkt wichtige Folgen haben.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,08346 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • USD/JPY
    ISIN: XC0009659910Kopiert
    Kursstand: 126,076 ¥ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,08346 $ (FOREX)
  • USD/JPY - WKN: 965991 - ISIN: XC0009659910 - Kurs: 126,076 ¥ (FOREX)

Seit dem 7. März 2022 konnte das Währungspaar USD/JPY um beinahe zehn Prozent zulegen. Solche starken Trendbewegungen in eine Richtung ohne zwischenzeitliche Korrekturen sind für den äußerst liquiden Währungsmarkt alles andere als gewöhnlich.

USD/JPY
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Der starke Anstieg beim Währungspaar USD/JPY bedeutet, dass der Dollar relativ zum Yen aufwertet und der Yen relativ zum Dollar abwertet. Heute erreichte der Dollar entsprechend den höchsten Stand gegenüber dem Yen bzw. der Yen den tiefsten Stand gegenüber dem Dollar seit Mai 2002.

Verantwortlich für die starke Aufwertung des Dollars relativ zum Yen sind verschiedene Gründe:

  • Japan muss praktisch sein gesamtes Erdöl, das es verbraucht, importieren und zahlt dafür in US-Dollar. Da der Ölpreis stark gestiegen ist, müssen japanische Importeure für Erdöl höhere Rechnungen (in Dollar) bezahlen und tauschen deshalb mehr Yen in Dollar, was sich in einem steigenden USD/JPY äußert. Die Nachfrage nach Öl ist trotz des Preisanstiegs ja kaum gesunken, weil Öl eine sehr inelastische Nachfrage besitzt. Das bedeutet, dass die Käufer von Öl kaum weniger Öl kaufen, weil die Preise gestiegen sind. Öl wird immer gebraucht. Die Käufer von Öl beißen in den sauren Apfel und zahlen höhere Preise. Die Nachfrage nach Öl sinkt hingegen kurzfristig kaum.
  • Zwischen Japan und den USA gibt es stark gegenläufige Entwicklungen in Sachen Zinsen und Geldpolitik. Während in der USA starke Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed eingepreist werden und die Marktzinsen bei mittleren und langen Laufzeiten sehr stark gestiegen sind, dürfte die Bank of Japan länger an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten. Die Bank of Japan kauft sogar für hohe Summen japanische Anleihen, um einen zu starken Anstieg der Anleiherenditen zu verhindern (Yield Curve Control), während die Fed demnächst mit dem Abbau ihrer Bilanzsumme beginnen dürfte.
  • Die zunehmende Zinsdifferenz sorgt dafür, dass der Carry Trade zwischen Yen und Dollar zunehmend wieder attraktiv wird. Spekulanten können sich in Japan praktisch kostenlos Yen leihen, für diese Yen Dollar kaufen und die Dollar festverzinslich oder anderweitig investieren. Die Spekulanten verdienen (mit geliehenem Geld) an der Zinsdifferenz zwischen Dollar und Yen. Je länger die japanische Notenbank an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhält und je höher die Zinsen in den USA sind, desto attraktiver wird der Carry Trade wieder.

Der Carry Trade zwischen dem Yen und dem Dollar hat eine lange Geschichte. Denn bereits vor der Finanzkrise 2008, als das Zinsniveau in westlichen Ländern noch auf einem normalen Niveau lag, lagen die Zinsen in Japan immer wieder bei nahe Null. In dieser Zeit wurde der Carry Trade populär. Nach der Finanzkrise und während der Corona-Pandemie spielte der Carry Trade lange Zeit keine große Rolle, weil der Zinsspread zwischen Japan und den USA sehr gering war. Nun könnte der Carry Trade aber wieder zunehmend attraktiv werde.

Eine Wiederbelebung des Carry Trades könnte auch für andere Märkte Konsequenzen haben, denn der Carry Trade sorgt dafür, dass Spekulanten viel billiges Geld für Käufe von anderen Vermögenswerten zur Verfügung haben. Prinzipiell befördert der Carry Trade also die Vermögenspreisinflation weiter, weil ein Teil des Geldes, das die Spekulanten aus dem Carry Trade ziehen, auch in andere Märkte abfließt. Mit geliehenen Yen kann auch der Kauf von Aktien oder Rohstoffen in Europa oder den USA finanziert werden. Das Währungspaar USD/JPY sowie das Währungspaar EUR/JPY hatten deshalb zu Hochzeiten des Carry Trades oft auch eine stark positive Korrelation mit dem DAX.

Aber nicht nur der Yen, sondern auch der Euro ist zunehmend eine interessante Finanzierungswährung für den Carry Trade. Es ist absehbar, dass die Zinsen in der Eurozone auf absehbare Zeit niedriger bleiben werden als im Dollarraum. Je größer der Zinsspread, desto attraktiver wird es, sich Euro zu leihen um damit Vermögenswerte in Dollar zu erwerben. Der Carry Trade könnte deshalb für weitere Schwäche beim Währungspaar EUR/USD sorgen. (Man beachte dabei, dass beim Währungspaar USD/JPY der Dollar im Zähler und beim Währungspaar EUR/USD der Dollar im Nenner steht. Eine Dollaraufwertung äußert sich in steigenden USD/JPY-Kursen und sinkenden EUR/USD-Kursen.)

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Oliver Baron
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Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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