Kommentar
10:27 Uhr, 25.06.2025

"Pennsylvania-Plan" statt "Mar-a-Lago-Accord ?"

Angesichts einer Staatsschuld von über 36 Billionen USD und geringem politischem Willen für Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen nimmt in Washington offenbar ein neuer strategischer Ansatz zur Schuldenverwaltung Gestalt an.

Dieser Ansicht ist zumindest George Saravelos, Head of FX Research bei der Deutschen Bank. Den Ansatz bezeichnet er als "Pennsylvania-Plan" – benannt nach der Pennsylvania Avenue, die das Weiße Haus und das Finanzministerium verbindet. Dieser mutmaßliche Plan zielt weniger auf eine Reduzierung der Schulden ab, sondern vielmehr darauf, die Finanzierung der Verbindlichkeiten neu zu strukturieren und so wertvolle Zeit zu erkaufen.

Das Kernproblem: Die Abhängigkeit von ausländischen Gläubigern

Die größte Schwachstelle der US-Wirtschaft ist laut Saravelos nicht die schiere Höhe der Schulden, sondern die gefährliche Abhängigkeit von ausländischem Kapital. Die Tatsache, dass ausländische Investoren weitaus mehr US-Vermögenswerte besitzen als umgekehrt, schafft demnach ein systemisches Risiko. Ein plötzlicher oder auch nur gradueller Rückzug dieser Investoren könnte den Markt für US-Staatsanleihen destabilisieren. Obwohl viele der angedrohten Zölle zunächst aufgeschoben wurden, dürfte die wachsende geopolitische Unsicherheit ausländische Akteure weiter dazu ermutigen, Kapital in ihre Heimatmärkte zurückzuführen.

All diese Ereignisse mögen auf den ersten Blick unzusammenhängend erscheinen, aber Saravelos glaubt, dass sie eine potenziell große Veränderung im makroökonomischen Politikmix der USA in den kommenden Jahren ankündigen.

Die Säulen des Pennsylvania-Plans

Der von der Deutschen Bank skizzierte Plan ruht auf zwei zentralen Pfeilern, die idealerweise vom US-Finanzministerium koordiniert werden sollten.

Der erste besteht darin, die Abhängigkeit von ausländischen Gläubigern bei der Aufnahme neuer Schulden zu reduzieren. Der zweite, ergänzende Pfeiler sieht vor, inländische Akteure wie Pensionsfonds und Banken zu ermutigen oder gar zu drängen, diese Lücke zu füllen.

Erste Elemente dieser Strategie scheinen bereits umgesetzt zu werden, meint Saravelos. Die Trump-Regierung befürwortet nämlich Stablecoins – an den Dollar gekoppelte Kryptowährungen, die durch kurz laufende US-Staatsanleihen gedeckt sind. Eine wachsende Nutzung dieser Instrumente könnte die inländische Nachfrage nach US-Schuldtiteln gezielt stärken.

Mindestens ebenso wichtig: Gleichzeitig wird auf höchster Ebene über eine Revision der "Supplementary Leverage Ratio" (SLR) für Banken diskutiert. Eine Änderung, die von führenden Mitgliedern der Trump-Regierung und auch von Fed-Gouverneuren wie Michelle Bowman unterstützt wird, könnte es für Großbanken bilanziell günstiger machen, mehr Staatsanleihen in ihren Büchern zu halten.

Politische Weichenstellungen und die Rolle der Fed

Das von Präsident Trump initiierte Haushaltsgesetz, bekannt als "One Big Beautiful Bill Act", dürfte laut Analyse des überparteilichen Congressional Budget Office (CBO) die Defizite in den nächsten zehn Jahren weiter erhöhen. Gleichzeitig wächst der politische Druck auf die US-Notenbank Federal Reserve, die Zinsen zu senken. Führende Fed-Vertreter wie Christopher Waller haben bereits eine mögliche Zinssenkung im Juli ins Spiel gebracht.

Eine lockerere Geldpolitik würde nicht nur die kurzfristigen Kreditkosten des Staates niedrig halten, sondern auch den Aufwertungsdruck auf den Dollar begrenzen, von dem freilich aktuell kaum eine Rede sein kann.

Dies passt zur Gesamtstrategie, die Finanzierungsbedingungen für den Staat zu erleichtern, auch wenn dies zulasten der langfristigen Stabilität und der Unabhängigkeit der Notenbank gehen könnte. Der Pennsylvania-Plan ist somit weniger eine Lösung für das Schuldenproblem als vielmehr eine Strategie des Durchwurstelns, die unweigerlich zu einem schwächeren Dollar und höheren Renditen für langlaufende Anleihen führen dürfte.

Fazit

Analysten und die dahinter stehenden Banken sehen sich natürlich gerne prominent zitiert, und auch ich schreibe ja hier darüber. Man sollte das im Hinterkopf behalten, wenn der Begriff "Pennsylvania-Plan" jetzt die Runde macht. Was darin steht, ist aber allemal realistischer als der sagenumwobene "Mar-a-Lago-Accdord".

Der Stablecoin-Market müsste allerdings immens explodieren, um seine Rolle im Pennsylvania-Plan zu übernehmen.

Änderungen bei der SRL (siehe oben) könnten dagegen erhebliche Auswirkungen haben. Banken könnten ihre Bilanz mit Staatsanleihen stärker ausbauen und dadurch, wenn nichts schiefgeht, auch deutlich mehr verdienen. Jedenfalls in der aktuellen Hochrenditephase der Staatsanleihen würde man das vermutlich in den Bankvorstandsetagen nicht ungern sehen. Insofern ist für mich aber auch fraglich, warum Saravelos höhere Renditen für langlaufende Anleihen erwartet. Denn wenn die kurzfristigen Renditen deutlich fallen, und die neuen Regeln den Banken einen höheren Hebel erlauben, dürften sie verstärkt auf Langläufer setzen und damit zur Senkung der Renditen beitragen.

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