Kommentar
09:03 Uhr, 04.03.2021

Panik in Emerging Markets: Chance oder Vorbote einer weltweiten Korrektur?

Emerging Markets Aktien reagieren häufig lange vor europäischen oder amerikanischen Indizes auf globale Entwicklungen. Aktuell wird stark verkauft, vor allem in Südamerika. Ist das der Vorbote einer globalen Korrektur?

Seit mehreren Monaten äußere ich mich immer wieder positiv über Emerging-Markets-Aktien. Das hat mehrere Gründe. Kurz zusammengefasst profitieren Emerging Markets (EM) von steigenden Rohstoffpreisen, einem schwachen Dollar, günstigen Finanzierungsbedingungen und lockerer Geldpolitik in den USA und Europa. Seit kurzem fallen nun aber Emerging-Markets-Aktien. Da diese Aktien besonders sensibel auf Veränderungen in der Welt reagieren, können sie ein Vorbote von Korrekturen auch in den USA und Europa sein. So fielen EM-Aktien z.B. bereits in der ersten Jahreshälfte 2018. Im Herbst 2018 folgten dann auch die USA und Europa. EM-Aktien reagierten damals auf steigende Zinsen in den USA. Steigen in den USA die Zinsen, belastet das Emerging Markets besonders, da sie sich in Dollar verschulden. Zinspanik zeigt sich zuerst in diesen Märkten. Ende 2018 kam es dann auch bei uns zur Zinspanik und die Fed wurde zu einer 180° Wende gezwungen.

Aktuell sehen wir das gleiche Phänomen. Der S&P 500 und Dax waren zuletzt etwas volatiler, aber immer noch in Reichweite ihrer Allzeithochs. Von Panik kann da keine Rede sein. Anders sieht es etwa in Brasilien aus. Der Leitzindex verlor innerhalb von weniger als zwei Wochen fast 10 %.

Das hat in Brasilien nicht nur mit Zinspanik zu tun, sondern auch mit dem Ölpreis. Der größte Ölkonzern des Landes, Petrobras, reagierte auf den steigenden Ölpreis und hob Benzin- und Dieselpreise an. Das kommt bei der Bevölkerung nicht gut an. Kurzerhand entschloss sich der Präsident des Landes, Bolsonaro, den CEO auszuwechseln. Politische Einmischung wird nicht gerne gesehen. Solch populistischen Aktionen schaden der Wirtschaft langfristig mehr als sie nutzen.

Brasilien war daher besonders stark betroffen. Die Aktie von Petrobras, die zudem noch stark in Indizes gewichtet ist, verlor innerhalb weniger Tage fast ein Drittel an Wert. Doch auch über Brasilien hinaus zeigt sich die Zinspanik. Nur weil bei uns die Indizes vergleichsweise stabil sind, bedeutet das nicht, dass alles in bester Ordnung ist. Im Finanzsystem führte der Zinsanstieg der letzten Wochen zu Stress.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser auch bei uns nicht spurlos am Aktienmarkt vorübergeht. Langfristiger Schaden oder eine Trendwende sind jedoch nicht zu befürchten. Gilt das aber auch für Emerging Markets oder ist die Rallye der letzten Jahre nun vorüber?

Im Gegensatz zum letzten vergleichbaren Zinsanstieg 2013 (Taper Tantrum) in den USA sind Emerging Markets heute günstig bewertet (Grafik 1). Der KGV im Verhältnis zu entwickelten Märkten befindet sich auf niedrigem Niveau. Die Situation ist vergleichbar mit 2003. Damals begannen Rohstoffpreise zu steigen und EM Aktien waren jahrelang Outperformer.


Im Gegensatz zu 2013 steigen Rohstoffpreise heute, 2013 begann die Trendwende nach unten (Grafik 2). Der Zinsschock ist daher eine Kaufgelegenheit.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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