Kommentar
08:38 Uhr, 30.11.2016

Panik in China: Das Kapital will fliehen!

Während der Durchschnittsbürger kaum etwas von den Vorgängen mitbekommen dürfte, brodelt es hinter den Kulissen gehörig. Es bleibt möglicherweise nur eine Lösung: Grenzen schließen.

Die Lage spitzt sich für Chinas Behörden wieder zu. So langsam gehen ihnen aber die Mittel aus, um die Lage zu kontrollieren. Es bleibt daher am Ende vermutlich nur eine Lösung und das ist die Schließung der Grenzen.

Die Grenzen werden für Kapital geschlossen. Kapital kann zwar auch jetzt nicht frei zwischen China und anderen Ländern verkehren, doch das bisschen Freiheit, welches Kapital hat, ist zu viel. Nach einer geordneten Abwertung der Währung in den letzten Monaten kommt es nun zum großen Abverkauf.

Die chinesische Währung ist derzeit die Achillesverse der Volksrepublik. Einerseits braucht das Land die Abwertung, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen; andererseits führt eine zu rasche Abwertung zu einem sich selbstverstärkenden Vorgang, bei dem Währungsschwäche zu mehr Kapitalflucht führt und die Währung noch weiter schwächt.

China kann den Wechselkurs nicht mehr wie früher einfach managen. Bis Ende 2013 wollte ausländisches Kapital ins Land. Zusammen mit dem Handelsüberschuss führte das zu einem kontinuierlichen Aufwertungsdruck. Die Notenbank konnte den Wechselkurs einfach bestimmen und dem Aufwertungsdruck notfalls durch das Drucken von Geld begegnen.

Im umgekehrten Fall ist das nicht so einfach. Wertet eine Währung ab und will die Notenbank dagegenhalten, dann kann sie nicht einfach Geld drucken, um zu intervenieren. Es gibt ja nicht zu wenig, sondern zu viel der Währung. Sie muss daher auf ihre Fremdwährungsreserven zurückgreifen und die eigene Währung kaufen, um sie zu stützen.

Seit der Schockabwertung im Sommer 2015 hat die Notenbank kontinuierlich interveniert und die Währungsreserven von 4 Billionen auf 3,2 Billionen gesenkt. China hat also an die 800 Mrd. Dollar verbraucht, allein, um die Abwertung des Yuan zu verlangsamen. Das ist ein teurer Spaß, der sich nicht ewig fortsetzen lässt.

China hat mit 3,2 Billionen Dollar noch immer die größten Währungsreserven der Welt, doch die Höhe täuscht darüber hinweg, dass die Reserven knapp werden. Zieht man von den Reserven die Fremdwährungsverbindlichkeiten ab (ca. 1 Billion), bleiben noch gut 2 Billionen an Reserven übrig. Das ist in etwa die Menge an Geld, die China als „Umlaufvermögen“ braucht, um das Finanzsystem und den Handel am Laufen zu halten.

Die Lage ist kritischer als viel aus der Ferne wahrnehmen. Das zeigt sich anhand des Wechselkurses, aber auch anhand des Spreads der zwei chinesischen Währungen. Es gibt den Onshore Yuan (Festland Yuan) und den Offshore Yuan, der in Hong Kong freier gehandelt werden kann als die Festlandwährung.

Grafik 1 zeigt den Wechselkurs zum Dollar als Spread der beiden Währungen zueinander. Ist der Spread orange, dann ist der Offshore Yuan billiger als die Festlandwährung. Ist das der Fall, dann zeigt dies einen erhöhten Abwertungsdruck an. Da der Offshore Yuan freier gehandelt werden kann, zeigen sich dort zuerst die Bewegungen, die zu erwarten sind.

Nach der Schockabwertung vor gut einem Jahr stieg der Spread massiv an. Danach beruhigte er sich, was den Interventionen der Notenbank zu verdanken war. Auch wirtschaftlich schien sich die Lage in China zu stabilisieren. Nun steigt der Spread wieder.
Grafik 2 zeigt nur noch den Spread und nicht mehr den Wechselkurs. Nachdem der Spread über den Sommer im Bereich von 0,01 bis 0,02 lag, steuert er nun wieder in Richtung 0,05. Seit der US-Wahl lässt sich ein systematischer Anstieg beobachten.

China will einer erneuten Panik vorgreifen, indem die Kapitalverkehrskontrollen weiter verstärkt werden. Insbesondere sollen Übernahmen im Ausland genau unter die Lupe genommen werden. Übernahmen im Ausland sind derzeit ein beliebtes Mittel, um Geld außer Landes zu schaffen.

Da es kaum freien Kapitalverkehr gibt, müssen sich Unternehmen kreativ zeigen. Importunternehmen geben die Importpreise höher an als sie sind. Sie zahlen quasi Wucherpreise, um mehr Geld ins Ausland überweisen zu können. Andere Unternehmen gehen im Ausland auf Einkaufstour, um Milliardenbeträge loszuwerden. Die Behörden wollen dem nun einen Riegel vorschieben.

Die Lage spitzt sich wieder zu und sie ist kritischer als die meisten wahrhaben wollen. Das führt zu zwei möglichen Szenarien. Entweder schließt China die Kapitalbilanz so gut wie komplett und verbietet de facto per Gesetz die Bildung eines marktbasierten Wechselkurses oder der Yuan geht schlagartig in den freien Handel über. Ersteres ist für China und die Welt schonender. Schockwellen bleiben aus. Dafür steht es den Reformen gegenüber und eine erneute und zunehmende Abschottung gefährdet die langfristige Stabilität. Man kann also beim besten Willen nicht sagen, was passieren wird. Wird der Yuan über Nacht zur frei konvertierbaren Währung erklärt, dann dürfte eine große Schockwelle um die Welt gehen.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    guter Beitrag

    23:44 Uhr, 30.11.2016
  • Nico dietel
    Nico dietel

    mittelmäßiger Beitrag

    19:38 Uhr, 30.11.2016
  • barkovsky
    barkovsky

    was wurde passieren Clemens, wenn sie freigegeben wird ??

    16:21 Uhr, 30.11.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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