Kommentar
15:00 Uhr, 01.04.2009

Optimierter Einstieg trotz Finanzmarktkrise

Garantie-Produkte stellen am Zertifikatemarkt die beliebteste Form des Investierens dar, gerade in Zeiten der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren. Dies zeigte sich jüngst auch im Rahmen einer Befragung von 19 Emittenten durch den Deutschen Derivate Verband (DDV), bei der fast 50 Prozent der Anbieter für diesen Produkttyp votierten. Bei aller verbrieften Sicherheit stellt sich in der momentan noch sehr labilen Marktphase allerdings weiterhin die Frage des richtigen Einstiegszeitpunktes. Soll man schon jetzt nach den ersten Erholungsversuchen wieder beherzt zugreifen oder doch noch einige Wochen oder Monate ausharren, bis sich vielleicht eine eindeutigere Tendenz abzeichnet?

Wie man die Zertifikate-Industrie kennt, hält sie aber auch bezüglich dieser „Kardinalfrage“ möglicherweise die passende Antwort bereit. So ist aktuell wieder eine Zunahme bei der Auflage von sogenannten „Best-Entry“-Papieren festzustellen, die schon allein wegen des zusätzlichen Kapitalschutzes auf eine Durchschnittsbildung bei der Einstiegsoptimierung zurückgreifen. Dabei wird in den ersten Monaten der Laufzeit jeweils an einem bestimmten Tag der Kurs des Basiswertes festgehalten und am Ende dieser von vornherein festgelegten Periode aus den so ermittelten Einzelwerten der Durchschnitt gebildet. Als Ergebnis dieser Prozedur erhält man dann den eigentlichen Startwert, von dem aus der Anleger schließlich bis zum Laufzeitende an der Entwicklung des Underlyings partizipiert.

Bereits im Spätsommer 2008 kam die damals noch nicht unter der RBS firmierende ABN Amro mit ihrem fünfjährigen Average In Garant-Zertifikat auf den Euro STOXX 50 (AA04M4) auf den Markt, bei dem sich die Einstiegsperiode sogar über ganze zwei Jahre (24 Stichtage) hinzieht. Der tatsächliche Nutzen einer so langen Kursfindungsphase dürfte allerdings durchaus angezweifelt werden, zumal selbst bei längerfristig fallenden Märkten der Effekt durch das engmaschige Netz von Beobachtungszeitpunkten immer weiter verwässert und bei einem früher als erwarteten Drehen des Marktes sogar ins Gegenteil verkehrt werden könnte.

Seitdem haben sich mit der BayernLB und Barclays Capital zwei weitere Emittenten mit der Gestaltung der Einstiegsoptimierung von Garantie-Produkten beschäftigt. Die Münchner begnügen sich bei ihrer inzwischen schon dritten Auflage der Best Entry Garant-Anleihe auf den europäischen Leitindex mit einem „nur“ fünfmonatigen Einstiegsszeitraum vom 22. April bis zum 22. September 2009 (6 Stichtage), während die Engländer bei Ihrer Global Protect-Anleihe auf ein „Mittelding“ von 12 Monaten bis zum 11. Mai 2010 setzen.

Die einzelnen Produkte weisen allerdings nicht nur hinsichtlich der Dauer der Startwert-Festlegung zum Teil erhebliche Unterschiede auf, sondern auch bezüglich weiterer Ausstattungs-Komponenten. So beträgt bei der BayernLB die Laufzeit nur vier gegenüber sechs Jahren bei Barclays. Dafür partizipiert der Anleger bei dem „Best-Entry“ auch nur bis zu einem Cap von 130 Prozent des Startwertes an der Wertentwicklung des Euro STOXX 50. Beim „Langläufer“ der Engländer existiert zwar keine Performance-Begrenzung, allerdings beträgt hier die Partizipationsrate nur 80 Prozent. So würde beispielsweise ein Index-Anstieg um 50 Prozent nur zu einem Kursgewinn von 40 Prozent beim Zertifikat führen. Zum anderen bezieht sich die Global Protect Anleihe nicht nur auf einen Basiswert, sondern auf einen gleichgewichteten Welt-Basket bestehend aus Euro STOXX 50, Topix und S&P 500. Außerdem verwendet man bei den Engländern auch für die Feststellung des Endwertes, der bei Fälligkeit dem Startwert gegenübergestellt wird, eine einjährige Durchschnittsbildung über 12 monatliche Stichtage vom 12.05.2014 bis zum 11.05.2015.

Auf eine Beschränkung bei Performance oder Partizipation, bzw. eine zusätzliche Ausstiegsoptimierung muss man sich bei dem eingangs erwähnten Average In Garant-Zertifikat der RBS im Falle eines Neuerwerbs zu einem Kurs leicht unter Pari zwar nicht „einlassen“, dafür hat das Papier allerdings schon einige Stichtage seit Emission mit deutlich höheren Kursen passiert, wobei die immer noch große Anzahl an ausstehenden Bewertungszeitpunkten den bisherigen Durchschnittswert durchaus noch relativieren könnte.

Der BörseGo Tipp: Welchem Produkt der sicherheitsorientierte Anleger letztendlich vertrauen möchte, hängt sehr stark von seinen Erwartungen hinsichtlich des weiteren zeitlichen Verlaufs der Finanz- und Wirtschaftskrise ab. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Optimierungs-Mechanismus die Ausstattungs-Einschränkungen speziell bei den beiden noch in Zeichnung befindlichen Produkten tatsächlich rechtfertigt. Dies gilt insbesondere für das sehr lang laufende und teure Barclays-Papier.

Best Entry Garant III-Anleihe
Emittent/WKN: BayernLB / BLB59C
Laufzeit: 22.04.2013
Preis: (in Zeichnung: 23.03.09-17.04.09) Ausgabepreis: 100 € zzgl. 1 € Agio
Global Protect-Anleihe
Emittent/WKN: Barclays / BC0AEF
Laufzeit: 18.05.2015
Preis: (in Zeichnung: 16.03.09-08.05.09) Ausgabepreis: 100 % zzgl. 5 % Agio

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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