Kommentar
08:58 Uhr, 17.04.2015

Ohne Stop-Loss geht es nicht: Was Politiker von Tradern lernen können

Die Regeln des Tradings sind einfach. Man muss sie nur auch befolgen können. Selbst gute Trader werden immer wieder schwach. Wie geht es da erst ungeübten Anlegern?

Politiker sind keine Anleger oder Trader. Sie sind es zumindest in der Theorie nicht und doch hat Politik sehr viel mit Trading zu tun. Politiker entscheiden über Investitionen, oft im Umfang vieler Milliarden. Als Anleger versucht man Investitionen ausfindig zu machen, die eine höhere Rendite bringen als man an Kosten aufwenden muss. Die Überlegungen über Renditen sollten immer gemacht werden. In der Politik fällt dieser Schritt oft aus. Viele Projekte haben eine negative Rendite.

In Ausnahmefällen kann man eine negative Rendite dulden. Der Staat hat einen gewissen Auftrag zu erfüllen. So darf auch einmal eine einzelne Bahnstrecke umprofitabel sein. Investiert der Staat einigermaßen sinnvoll, dann sollten die positiven Renditen überwiegen und die negativen auffangen. Dass das praktisch so nicht läuft, zeigt ein Blick auf die Schuldenberge.

Die erste Lehre, die Politiker von Investoren und Tradern lernen können, ist, dass eine Investition oder ein Trade eingegangen wird, um wenigstens kein Geld zu verlieren. Es sollte mindestens um Werterhalt gehen. Selbst den besten Tradern gelingt es nicht, aus jedem Trade Gold zu machen. Die Trefferquoten liegen im Bereich von 55% bis 70%. Damit man durch die Gewinntrades unterm Strich insgesamt einen Gewinn erwirtschaftet, müssen die Gewinne größer sein als die Verluste aus den Verlusttrades. Verlusttrades lassen sich nicht vermeiden. Man kann das Risiko aber kontrollieren. Dafür setzt man einen Stop Loss.

So etwas wie einen Stop Loss scheint es in der Politik nicht zu geben. Bestes Beispiel: Griechenland. Griechenland wurde in einer ersten Runde mit 110 Mrd. "gerettet." Die Hoffnung war: Griechenland wird kurzfristig unterstützt. 110 Mrd. sind viel Geld, allerdings wäre die Alternative möglicherweise der Zusammenbruch der Eurozone und des Finanzsystems gewesen. Rechnet man diese Opportunitätskosten mit ein, dann waren die 110 Mrd. gut angelegt. Es wurde allerdings schnell klar, dass das nicht reichen wird.

Wäre Griechenland eine Aktie, dann hätte sie bis zum zweiten Hilfspaket einen hohen Kursverlust gezeigt. Beim zweiten Hilfspaket haben Politiker dann einen klassischen Anfängerfehler gemacht. Man hängt am Investment. Es fehlt die Einsicht, dass das Investment schlecht war. Was tun die meisten? Sie kaufen zu den niedrigeren Kursen nach. Das wurde durch das zweite Hilfspaket gemacht. Es hat quasi ein doubling down stattgefunden.

Inzwischen ist das Investment so groß, dass es schmerzt, jetzt noch den Stop Loss zu ziehen. Das denken sich viele Anfänger an der Börse auch. Ganz nach dem Motto: jetzt ist eh schon wurscht. Viel schlimmer kann es ja nicht mehr kommen. Das ist ein Trugschluss. Ein schlechtes Investment bleibt ein schlechtes Investment und nur weil ein Kurs 99% gefallen ist heißt das nicht, dass es nicht noch einmal 90% nach unten gehen kann.

Inzwischen hängen über 300 Mrd. der Troika in Griechenland. Knapp 230 Mrd. sind vom IWF und den anderen Euroländern. Der Rest liegt bei der EZB über Emergency Liquidity Assistance und bereits gekaufte Staatsanleihen. Würde jetzt der Stop Loss gezogen, dann müssen die Verluste realisiert werden. Das ist schmerzhaft und der Moment wird so lange hinausgezögert, wie es nur geht. So lange es sich nur um Buchverluste handelt hat man ja noch die Chance, dass es sich zum Besseren wendet. Wenn es doch nur so wäre...

Ein Stop Loss zum aktuellen Zeitpunkt wäre wirklich schmerzhaft. Die EZB wäre de facto bankrott und müsste eigentlich rekapitalisiert werden. Das klingt dramatischer als es ist. Im Januar war auch die Schweizer Nationalbank kurzzeitig - rein technisch gesehen - unterkapitalisiert und hatte negatives Eigenkapital. Gestört hat das niemanden.

Es ist übrigens nicht nur die Troika, die sich der Realität verweigert. Auch die griechische Regierung ist nicht bereit, den Stop Loss durchzuziehen. Sie will, um sich irgendwie über Wasser zu halten, nun an die Gelder der Pensionsfonds, egal ob öffentlich oder privat. Damit schmeißt die griechische Regierung das bisschen an Vermögen, das das Land noch hat, mit voller Wucht ins Feuer.

Seit Jahren wird bei der Griechenlandrettung das falsch gemacht, was auch jeder Börsenneuling falsch macht. Irgendwann reift dann jedoch bei jedem die Erkenntnis: ein Stop Loss ist unverzichtbar. Hat man ihn von Anfang an ignoriert, dann ist ein später Stop Loss noch immer besser als gar keiner.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

8 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • sewiet13
    sewiet13

    Und da haben wir es. Wir bezahlen Politiker nicht zum Traden, sondern zum investieren. Wenn Trading und Investition das Gleiche bedeuten, dann läuft da etwas komplett falsch!

    Hallo !!?!!

    12:33 Uhr, 17.04.2015
  • Christian Kämmerer
    Christian Kämmerer Freier Finanzanalyst

    Was für eine geile Headline Clemens! Gleich mal nach Berlin senden!!!

    12:14 Uhr, 17.04.2015
  • Chronos
    Chronos

    Nur was bringt uns das jetzt hier? Der Rotz lässt sich nicht einmal anständig shorten.

    Was kommt als nächstes, Bulgarisch-Moldavischer Kursindex als Analyse?

    11:56 Uhr, 17.04.2015
  • Chronos
    Chronos

    Es geht max. Hahn abdrehen, Rauswerfen geht mWn juristisch gar nicht.

    dpa/fx:

    "Die Zentralbanken Bulgariens, Albaniens, Rumäniens, Serbiens, Zyperns und Mazedoniens sowie der Türkei hätten die Tochterbanken griechischer Kreditinstitute in ihren Ländern aufgefordert, griechische staatliche Wertpapiere, Anleihen und Kredite «loszuwerden».

    Damit würden die griechischen Mutterkonzerne der Banken praktisch unter Quarantäne gestellt, berichtete die Athener konservative Traditionszeitung «Kathimerini» am Freitag.

    Die vier systemrelevanten griechischen Banken (National Bank, Alpha Bank, Piraeus Bank und Eurobank) haben eine starke Präsenz in diesen Staaten mit 2500 Filialen und rund 40 000 Mitarbeiter."

    11:54 Uhr, 17.04.2015
  • henbo
    henbo

    Ich halte es für inhuman, für Volkswirtschaft betriebswirtschaftliche Maßstäbe anzusetzen.

    Erinnert mich an die US-Republikaner, die bei einer Debatte die Ausführungen eines Redners zur Krankenversicherung mit "... let them die ..." bejohlt haben.

    Überhaupt, wie es sich anfühlt, wenn in der Politik, beispielsweise bei der Gesundheitsversorgung, betriebswirtschaftliche Prinzipien den Ton angeben, können gesetzlich Versicherte an Wartezeiten und Leistungsumfang und privat Versicherte anhand der Rechnung nachempfinden.

    Andererseits wäre es wirklich zu überlegen, diese Polizeigroßeinsätze an vielen Wochenenden einzusparen.

    11:36 Uhr, 17.04.2015
  • TheKingOfUm
    TheKingOfUm

    Der Unterschied ist, dass Politiker nicht nur in Euro rechnen. Wenn ich als Politiker z.B. eine Brücke baue, die nur von 3 Menschen pro Tag benutzt wird, und dafür 50 Millionen an Steuergeldern ausgebe, könnte man das als Fehlinvestition sehen. Wenn ich aber dafür einen schönen Pressebericht mit Fotos von der Eröffnung bekomme, vielleicht noch den Bundesverkehrsminister dazu einladen kann, und vielleicht noch ein einflussreicher Unternehmer über diese Brücke bequemer zu seinem Wochenendhäuschen kommt, sieht die Rechnung schon anders aus und die Sache hat sich für mich gelohnt.

    Der Stop-Loss für Politiker ist dann auch nicht, wenn die finanziellen Verluste zu groß werden, sondern wenn er in der Öffentlichkeit zu schlecht dasteht (siehe z.B. Wowereit in Berlin).

    10:32 Uhr, 17.04.2015
  • fehu001
    fehu001

    Die Regeln des Tradings sind einfach. Man muss sie nur auch befolgen können.

    Herzlichen Glückwunsch, dass sie ihre 10 Millionen bereits verdient haben. Super guter Artikel von einem Fachmann, der anderen nur das beibringt, was er selbst erfolgreich umgesetzt hat.

    10:19 Uhr, 17.04.2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten