Kommentar
07:56 Uhr, 06.12.2016

Ölpreis steigt: Das bedeutet der OPEC-Deal wirklich!

Da zum Schluss kaum noch jemand an eine Einigung der OPEC Mitglieder geglaubt hatte, war die Überraschung umso größer. Wie lange hält das Feuer nun an?

Der OPEC ist fast schon ein Geniestreich gelungen. In den letzten zwei Jahren war die OPEC handlungsunfähiger und zerstrittener als die EU. Das heißt was. Jetzt gibt es die große Einigung, die sogar über die OPEC hinausgeht. Russland beteiligt sich abhängig von „technischen Möglichkeiten“ mit einer Kürzung von 300.000 Barrel pro Tag.

Insgesamt soll die Fördermenge ab Januar 2017 um insgesamt 1,2 Mio. Barrel pro Tag fallen. Möglich wurde diese Einigung durch lange Verhandlungen und viele Kompromisse. Der Iran darf seine Produktion auf 3,8 Mio. Barrel erhöhen. Das ist etwas weniger als vor den Sanktionen, doch immerhin ein bisschen mehr als jetzt.

Saudi-Arabien bestand lange Zeit darauf, dass auch der Iran seine Förderung kürzt. Der Iran lehnte das kategorisch ab. Nun der Kompromiss: der Iran darf etwas mehr fördern, aber nicht ganz so viel wie vor den Sanktionen.

Der Irak beteiligt sich nun ebenfalls, obwohl auch hier jeglicher Handlungsbedarf bestritten wurde. Wie es gelungen ist, den Irak ins Boot zu holen, ist nicht ganz klar. Vermutlich gestand Saudi-Arabien eine größere Kürzung zu, die wiederum zustande gekommen sein dürfte, weil sich Russland beteiligt.

Lesetipp: Öl-Tagesausblick für den 6. Dezember

Man sieht an der Art und Weise, wie die Lösung zustande gekommen ist (viele Abhängigkeiten voneinander), dass es nicht leicht wird, sie auch umzusetzen. Fördert Russland nicht weniger, dann dürfte sich auch Saudi-Arabien nicht mehr gebunden sehen. Das wiederum würde auch den Irak umstimmen und die Quoten vergessen lassen.

Überschreitet der Iran seine Quote von 3,8 Mio. Barrel, wird Saudi-Arabien ebenfalls aussteigen. Der Irak sowieso. Die beiden Länder sind nach wie vor nicht die allerbesten Freunde. Schert hingegen der Irak aus, dann ist der Spaß ohnehin gleich wieder vorbei, nachdem der Irak die bisherige Kompromissfindung kompromittierte.

Gehen wir trotz aller Schwierigkeiten davon aus, dass alles glattgeht und der Deal tatsächlich umgesetzt wird. Was dann? Dann sinkt auf Jahressicht die Fördermenge um 1,2 Mio. Barrel/Tag. Bei den neuen Swing Producern (vor allem USA), sieht das anders aus. Dort steigt die Fördermenge seit einigen Monaten wieder. Die US-Notenbank kann sich sogar vorstellen, dass die USA relativ rasch 11 Mio. Barrel pro Tag fördern könnten.

In einem solchen Szenario kommt es zu einem Verlauf wie in Grafik 1 dargestellt. Die Produktion der OPEC fällt auf das Niveau von 2015 zurück. Andere Produzenten können das wettmachen und bis zu 2,5 Mio. Barrel bis Ende 2018 mehr produzieren. Netto steigt dann die globale Fördermenge um 1,3 Mio. Barrel/Tag.

Der OPEC Deal ist im historischen Vergleich auch recht bescheiden. Man sieht aus Grafik 1, dass die Fördermenge zwischen 1980 und 1985 massiv einbrach (ca. um ein Drittel). Die jetzige Kürzung um nicht einmal 3 % ist dagegen kaum wahrnehmbar.

Der Grund für den starken Rückgang war zunächst keine offizielle Vereinbarung. Der Krieg zwischen dem Iran und dem Irak beeinträchtigte die Produktion erheblich. Ende 1984 kam es zur ersten Vereinbarung zu Förderkürzungen. Die OPEC sah sich dazu gezwungen, weil der Preisverfall einfach nicht stoppen wollte.

Der Preisverfall war zum größten Teil selbst verschuldet. Die OPEC traf in dieser Zeit Preisabsprachen. Das Problem dabei war: in den 80er Jahren hielt sich niemand mehr daran. Saudi-Arabien verkaufte sein Öl zu 32 Dollar je Fass, andere zu 36 Dollar. Das Preiskartell brach zusammen.

Obwohl die Fördermengen bereits vor der ersten Vereinbarung 1984 fielen, erreichte die tatsächliche Fördermenge erst 1985 die eigentlich vorgeschriebene Quote. Die OPEC Länder förderten fast 10 Mio. Barrel mehr Öl pro Tag als vorgesehen. Diese Überproduktion sank erst 1985 auf null.

Der Ölpreisverfall ging trotzdem weiter. 1986 rutschte der Preis Richtung 10 Dollar, sodass sich die Staaten Ende 1986 zusammenrauften und eine weitere Kürzung um 7 % beschlossen. Praktisch wurde die Kürzung nie umgesetzt. Mit Beschluss der Kürzung stieg die Fördermenge wieder konstant an.

Derzeit kann die OPEC ihre Fördermenge kaum noch ausweiten. Die freie Kapazität wird auf 1 Mio. Barrel/Tag geschätzt. Das ist kein Vergleich zu den 80er Jahren. Trotzdem ist ein nachhaltiger Effekt der Vereinbarung und der geringeren freien Kapazitäten auf den Preis fraglich. Wie in den 80er Jahren können andere Produzenten die sinkenden Fördermengen der OPEC schnell ausgleichen.

Allein Großbritannien erhöhte seine Fördermenge um 1 Mio. Barrel zwischen 1980 und 1985. Heute ist es wohl nicht Großbritannien, die expandieren werden, sondern die USA. Noch vor drei Jahren kostete die Förderung eines Barrels Schieferöl im Permian Midland Basin knapp 100 Dollar. Heute sind es nur noch 40 . Es gibt kaum noch eine Schieferölregion, in der die Kosten nicht unter 40 Dollar gesunken sind. In einigen kann sogar zu 30 Dollar je Fass produziert werden.

Dort, wo der Ölpreis jetzt ist (über 50 Dollar) wird die Produktion wieder ausgeweitet. Steigt der Ölpreis Richtung 60 Dollar, dann dürfte Goldgräberstimmung aufkommen. Die OPEC hätte davon wenig. Vermutlich würde sie, wenn sie sieht, dass die USA Marktanteile gewinnen, ihren Deal ohnehin über Board schmeißen.

Gewisse Parallelen zu den 80er Jahren lassen sich nicht leugnen. Was geschah damals mit dem Preis? Nachdem er auf 10 Dollar fiel konnte er sich wieder auf 20 Dollar verdoppeln und stagnierte dort dann über 10 Jahre lang. Auf heute umgelegt dürfte der Ölpreis viele Jahre lang um die Marke von 55 Dollar pendeln.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

5 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Ganz meine Meinung, um 55$ ist Schluss. Mutige shorten bereits!!

    03:33 Uhr, 07.12.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Jo1807
    Jo1807

    Herr Schmale, ich zweifle ihre Thesen an: Einerseits sind die Fracking Firmen bis über beide Ohren hoch verschuldet, und die Zinsen für dieses Schulden sind gerade stark am steigen. Wo soll da die Finanzkraft für Neuerschließungen herkommen ? Andererseits wurde die Exploration von neuen Ölfeldern in den vergangenen Jahren enorm zurückgefahren, so dass sich daraus in den kommenden Jahren ein Rückgang der Fördermenge entwickeln sollte.

    20:33 Uhr, 06.12.2016
  • DerHerrDaDrüben
    DerHerrDaDrüben

    Besten Dank für den Gesamtüberblick.

    Ich denke, man sollte auch nicht vergessen, dass einige US-Fracking-Buden noch deutlich geringere Produktionskosten als 40USD haben. Bei Pioneer Resources sollen es mit die niedrigsten sein ... siehe

    http://www.reuters.com/article/us-pioneer-natl-rsc...

    08:33 Uhr, 06.12.2016

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten