Kommentar
09:00 Uhr, 22.11.2017

Ölpreis: Bald wieder dreistellig?

Der Markt ignoriert derzeit ziemlich gekonnte eines der größten Risiken für die Weltwirtschaft: den Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran. Eine Eskalation würde den Ölpreis in die Höhe katapultieren.

Als der Konflikt zwischen den USA und Nordkorea um August verbal eskalierte, wurden Anleger nervös. Aktien wurden verkauft, Gold konnte profitieren. Jetzt schaukelt sich ein Konflikt auf, der wesentlich gravierender ist, doch niemand reagiert. Das ist ungewöhnlich.

Der Iran und Saudi-Arabien führen schon lange einen Stellvertreterkrieg im Jemen. Die angespannte Situation ist also nicht ganz neu. Der Markt reagiert im Normalfall ein oder zwei Mal auf solche Spannungen und gewöhnt sich dann daran. Das Thema ist verarbeitet und abgehakt.

Die Lage spitzt sich allerdings zu. Die Situation ist nicht mehr vergleichbar mit der Lage vor noch wenigen Wochen. Saudi-Arabien wurde aus dem Jemen heraus angegriffen. Das war, wie auch der Kronprinz verlauten ließ, ein Kriegsakt. Zuletzt wurde der Stellvertreterkrieg aus dem Jemen auch in den Libanon übertragen.

Der Premierminister des Libanons, Hariri, verschwand in Saudi-Arabien und trat zurück. Die Gespräche in Paris deckten nicht auf, was dahintersteckte. Es ist jedoch schon jetzt klar, dass die Geschehnisse auf die Spannungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zurückzuführen sind. Ein Funke genügt, um die Lage endgültig eskalieren zu lassen. Nun will sicherlich niemand einen Krieg in der Region, doch wer kann sich sicher sein, dass nicht ein Unfall zu einem direkten Krieg zwischen den beiden Kontrahenten führt?

Wie im Fall Nordkorea darf es einen Krieg einfach nicht geben. Die ganze Region wäre destabilisiert und würde in Chaos versinken. Leisten kann sich den Krieg auch niemand. Der niedrige Ölpreis sorgt dafür. Marode Staatsfinanzen werden im Ernstfall aber niemanden von einem Krieg abhalten.

Die Region ist der wichtigste Öllieferant für die Welt. Etwa 20 % des globalen Angebots kommt aus der Region. Fällt ein nennenswerter Teil dieses Angebots weg, kommt es zu einem massiven Preisanstieg bei Öl. Das sorgt nicht nur für einen Inflationsschub, sondern wohlmöglich auch zu einer globalen Rezession. Frühere Ölschocks haben gezeigt, dass das möglich ist.

Ölpreise im dreistelligen Bereich sind absolut denkbar. Geht man nun jedoch davon aus, dass sich die Lage wieder beruhigt, dann stehen die Zeichen für höhere Ölpreise schlecht. In den USA ist die Ölproduktion gerade auf ein neues Hoch gestiegen (Grafik 1). Im Normalfall würde das den Preis drücken, doch dieser Herbst ist nicht ganz normal.

Normalerweise fällt die Ölnachfrage von Raffinerien im Frühherbst und über den Jahreswechsel. Da in diesem Jahr die Hurrikansaison Raffinerien lahmlegte, wird die Nachfrage vorerst hoch bleiben. Das stützt den Ölpreis. Mittelfristig wird dieser Effekt abebben. Dann schlägt das Überangebot aus der US-Produktion wieder voll durch und wird Druck auf den Preis ausüben.

Geht man davon aus, dass es nicht zu einem katastrophalen Ereignis im Persischen Golf kommt, dürfte der Ölpreis demnächst wieder unter Druck geraten. Dazu fällt einem eine immer gültige Börsenweisheit ein: An Gewinnmitnahmen ist noch niemand verarmt.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • Merl
    Merl

    Im Libanon gehts los.

    16:33 Uhr, 22.11. 2017
  • new-agens
    new-agens

    Ein bisschen zündeln: Ja, da hält sich der Ölpreis wackerer. Schießen: nein. Man stelle sich vor, Iran und Saudi-Arabien würden sich gegenseitig in Schutt und Asche legen. Dann wäre auch der US-Dollar platt oder zumindest gefährdet, daran können die USA kein Interesse haben. Wohl aber an einem höheren Ölpreis (ebenso wie die Saudis wg. Börsengang Aramco - die sind froh, wenn sie da endlich Cash machen können - glaube eh, dass die Ölunternehmen beizeiten einen Untergang erleben werden wie einst die Eisenbahngesellschaften). Tippe nach wie vor auf eine Explosion in Venezuela. Liegt schön weit weg von den USA, der Untergang wäre ´politisch korrekt´ und erfüllt den gleichen Zweck: höherer Ölpreis, mehr Inflation etc. Meine Prognose: Noch vor 2018 knallt es da. Bin allerdings gespannt, wie dann die Leichenfledderei zwischen USA, RUS und China abläuft.

    15:29 Uhr, 22.11. 2017
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Interessanter Artikel - glaube zwar auch nicht an einen Krieg. Aber wer weiss das schon....

    15:23 Uhr, 22.11. 2017
  • Market Impact
    Market Impact

    Umgedreht ist es so das die Saudis viel zu schwach sind um einen Krieg gegen den Iran gewinnen zu können. Darum führen Sie ja diese verdeckten Stellvertreter Kriege. Beide Länder sind nicht in der Lage den anderen allein anzugreifen.

    10:57 Uhr, 22.11. 2017
  • Market Impact
    Market Impact

    Keine Angst Herr Schmale die Saudis sind Verbündete Amerikas also wird der Iran keinen Krieg mit den Hinterwäldlern anfangen.

    10:48 Uhr, 22.11. 2017
  • Harald Weygand
    10:36 Uhr, 22.11. 2017
  • Veronica persica
    Veronica persica

    Hallo Herr Schmale,

    wie immer ein interessanter Artikel für ein paar Denkanstöße. Leider wie immer ohne Quellenangaben wo Sie ihre Zahlen her nehmen.

    10:21 Uhr, 22.11. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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