Kommentar
14:10 Uhr, 19.02.2016

Öl: Zu früh gefreut?

Der Ölpreis legte in den vergangenen 2 Wochen um ein Fünftel zu. Die nun fehlende Dynamik kommt einem da fast wie eine Niederlage vor. Das sollte es nicht.

Der Ölpreis konnte gestern zu Tagesbeginn noch ordentlich zulegen, drehte im Laufe des Tages dann jedoch wieder deutlich nach unten. Gründe für dieses Reversal gibt es genug. Die OPEC hadert noch mit ihrem Vorhaben, die Produktion nicht weiter zu steigern. Möglichen Produktionskürzungen wurde aus Saudi-Arabien erst einmal eine Absage erteilt.

Saudi-Arabien, zusammen mit Russland, Venezuela und Qatar, sind bereit, die Fördermenge einzufrieren und nicht weiter zu steigern. Das unterstrich der saudische Außenminister gestern. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, denn es zeigt, dass das Land zumindest eine Linie gefunden hat. Das war in den vergangenen anderthalb Jahren nicht immer so. Der Außenminister erzählte das eine, der Ölminister das andere... Jetzt scheinen alle auf einer Linie zu sein.

Dem Markt schmeckt das dennoch nicht so richtig, denn der saudische Außenminister machte im gleichen Atemzug klar, dass Saudi-Arabien keine Produktionskürzungen akzeptieren wird. Sinngemäß sagte der Politiker: Saudi-Arabien ist bereit, die Förderung nicht weiter zu steigern, wenn sich andere Länder ebenfalls dazu bereit erklären, aber wir sind nicht bereit, die Produktionsmenge zu drosseln.

So viel also erst einmal zu den Aussichten auf eine rasche Trendwende. An anderer Stelle waren die Daten sehr viel ermunternder. Der Öllagerbestand ist in den USA in der letzten Woche um 2,15 Mio. Barrel gestiegen. Das lag über den Erwartungen. Trotzdem ist der Wert eine gute Nachricht. Die Grafik zeigt, wieso das so ist.

Die Grafik zeigt wie sich der Öllagerbestand in den USA in einem Jahr durchschnittlich entwickelt. Der Lagerbestand steigt im ersten Quartal für gewöhnlich immer an. Das hat vor allem einen Grund: die Nachfrage nach Ölprodukten wie Benzin ist in den ersten Monaten des Jahres geringer als sonst. Raffinerien kaufen den Produzenten aus diesem Grund weniger Rohöl ab, um es zu verarbeiten. Das Öl muss gelagert werden.

Raffinerien führen bis April ihre Wartungen durch, sodass die Verarbeitungskapazität geringer ist. Sie wird ja auch nicht gebraucht. Ab April stehen die Kapazitäten wieder zur Verfügung und die Verarbeitung beginnt auf Hochtouren zu laufen, um die steigende Nachfrage über die Sommermonate bedienen zu können. Im Herbst fällt die Nachfrage nach Ölprodukten wieder und steigt lediglich über die Feiertagssaison zwischen Thanksgiving und Weihnachten wieder an.

Dass sich die Lager derzeit füllen ist ganz normal. Der durchschnittliche Jahresverlauf zeigt jedoch, dass sich die Lager schneller füllen als üblich. Das begann bereits 2014, dem ersten Jahr des Ölpreisrückgangs. 2015 war die weltweite Überproduktion so hoch, dass in den USA anscheinend niemand mehr wusste wohin mit dem ganzen Öl. Der Lagerbestand stieg um fast 30 % an. In der Datenhistorie von immerhin 34 Jahren ist das ein Rekord.

2016 beginnt wieder mit einem überdurchschnittlichen Anstieg des Lagerbestandes. Die gute Nachricht: der Anstieg ist bei weitem nicht mehr so schnell und stark wie im vergangenen Jahr. Was bedeutet das? - Das Überangebot besteht nach wie vor, doch das Ausmaß des Überangebots verringert sich. Hält der Trend der Verlangsamung an, dann werden sich die Lager ab dem dritten Quartal vermutlich nicht weiter füllen, sondern leeren. Aus einem Überangebot wird wieder ein Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage. Das ist angesichts der aktuellen Lage eine gute Nachricht.

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1 Kommentar

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  • Marc1
    Marc1

    Ich habe mal eine ganz blöde Frage. Wenn über so einen langen Zeitraum mehr produziert als nachgefragt wird, wo bleibt das ÖL? Irgendwann müssten auch die größten Lager voll sein

    14:18 Uhr, 21.02. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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