Kommentar
08:32 Uhr, 13.01.2015

Öl nie wieder über 100 USD ?

Gestern wurde ein Interview mit dem saudischen Prinz Alwaleed bin Talal veröffentlicht, indem er davon spricht, dass wir wohl keinen Ölpreis über 100 USD mehr sehen werden. Grundsätzlich ist das wohl ein guter Kontraindikator.

Der Boden ist bei Öl noch nicht erreicht. Aus fundamentaler Sicht habe ich das im vorherigen Kommentar schon beleuchtet. Trotzdem ist es bezeichnend, dass der Ölpreis jetzt in Grund und Boden geredet wird. Die Horrormeldungen überschlagen sich. Die Kursziele werden immer tiefer. Fehlt noch, dass ein Kursziel von 0 genannt wird...

Wie dem auch sei, die Nachricht über die Aussage von Alwaleed bin Talal verbreitete sich in den US Medien gestern nach Börseneröffnung rasant. Sicherlich hat das nicht zur Stabilisierung des Preises beigetragen. Öl hielt sich im früheren Handel noch ganz gut und drehte dann deutlich nach unten.

Neues beinhaltet das Interview nicht. Es wiederholt vor allem, was alle schon wissen: Saudi Arabien wird Marktanteile halten, koste es, was es wolle. Persönlich bin ich auch der Meinung, dass es die einzig sinnvolle Strategie ist, die Saudi Arabien umsetzen kann. Ganz nebenbei verordnen sie dem Markt eine Rosskur. Einige sehr kleine, vor allem private Unternehmen, die Fracking betreiben, haben bereits Insolvenz angemeldet. Einige börsennotierte Unternehmen dürften demnächst folgen.

Eines von diesen börsennotierten Unternehmen könnte Goodrich Petroleum sein. Goodrich hat eigentlich noch nie einen Gewinn ausweisen können. Das ist nicht verwerflich, solange Geld in den zukünftigen Gewinn fließt. Goodrich hat das versucht. Das zeigt en stark negativer Investing Cash Flow. Gleichzeitig sind aber die Nettovermögenswerte so gut wie nicht gestiegen und könnten 2015 auf unter 100 Mio. sinken. Es wurde hier zwar investiert, aber kein wirklicher Wert geschaffen. Die Investments hatten ungefähr den Wert der Schulden, die dafür aufgenommen wurden.

Für 2015 muss man davon ausgehen, dass Goodrich nicht weiter an billiges Geld herankommt. Dadurch dürfte sich der Cash Flow noch einmal verschlechtern. Werden neue Schulden aufgenommen, dann wirkt sich das zunächst positiv auf den Free Cash Flow aus. Werden Schulden zurückgezahlt, dann ist der Financing Cash Flow negativ.
Unter der niedrigen Ertragskraft des Unternehmens und der geringen Vermögenswerte ist nicht vorstellbar, dass das Unternehmen weiterhin 60 Mio. pro Quartal an neuem Geld erhält. Dem versucht Goodrich bereits vorzugreifen, indem sie über den Verkauf von Vermögenswerten nachdenken. Wie viel sie beim aktuellen Ölpreis noch für die Assets bekommen ist schwer abzuschätzen. Es könnte jedoch deutlich weniger sein als sie dafür bezahlt haben.

Goodrichs finanzielle Situation ist angespannt. Das Management dürfte gerade darum kämpfen das Unternehmen am Leben zu erhalten. Das kann ihnen bis in den Herbst 2015 sogar gelingen. 50% der Ölförderung sind mit einem Preis von 93 USD gehedgt. Die eigentliche Produktion dürfte damit weder Gewinn noch Verlust bringen. Problematisch ist aber der enorme Schuldenberg und die geringen Nettovermögenswerte. Dazu müsste Goodrich weiter investieren, um das Produktionsniveau überhaupt halten zu können. Das ist kaum denkbar, denn ohne neue Schulden geht das Geld Mitte 2015 dafür aus.

Die Lage ist kritisch. Es hilft nur eine drastische Reduktion der Investitionsausgaben. Dann kann das Unternehmen noch viele Monate überstehen. Langfristig hilft das allerdings auch nicht, denn ohne Investitionen geht die Produktion zurück. Da kann nur ein Ölpreis um 60 USD pro Barrel wieder helfen. Sollte das nicht erreicht werden, dann gibt es eigentlich keinen anderen Ausweg als die Insolvenz.

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3 Kommentare

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  • TomCat
    TomCat

    ​Andre Tiedje hat noch ein Kursziel bei 10 $ offen, ... ;)

    20:17 Uhr, 13.01. 2015
  • student
    student

    ​Lieber Herr Clemens Schmale,

    nach meinen Informationen wurde der Nahe Osten 1928 zwischen Standard Oil, BP und Shell aufgeteilt. Saudi Arabien gehört zu Standard Oil. Deren Herrscherhaus handelt nach Anweisung der Ölbarone. Eine US-Militärbasis "unterstützt" sie bei der Umsetzung.

    Ein Zeichen für die gewollte Unterentwicklung ist, dass diese Länder nach Gewohnheitsrecht /Naturrecht von einem Herrscher mit harter Hand regiert werden. Eine gesellschaftliche Weiterentwicklung der breiten Bevölkerung ist nicht erlaubt.

    Es ist einfach Teil der Geopolitik, dass das Öl in der Golfregion als Waffe gegen die sich entwickelnden Staaten wie Rußland, Nigeria und Venezuela benutzt werden. um die Vorherrschaft in der westlichen Welt nicht zu verlieren.

    Demgegenüber bietet China allen unterentwickelten Staaten in Afrika, Asien, Lateinamerika und Mexiko Kooperation und jede notwendige Unterstützung an, damit ein riesiger Block an entwickelten Staaten die Machtverhältnisse neu zur Disposition stellt.

    Das de facto staatenlose anglo-amerikanische Finanzimperium wird darauf mit der Abschottung und Überwachung der EU-Bevölkerung vor Chinas "Silk Road Project" und mit Dauerkrisen in einem Korridor von Rußlands Westgrenze bis zum Persischen Golf antworten.

    Wer schlau ist, investiert in wachstumsstarke BRIC-Aktien, die als Branchenprimus naturgemäß das beste Potential haben.

    Viele Grüße

    15:12 Uhr, 13.01. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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