Kommentar
14:18 Uhr, 17.02.2016

Öl: Jetzt wird es ernst

Bei den aktuellen Ölpreisen verlieren nordamerikanische Ölproduzenten Schätzungen nach an die 350 Mio. Dollar – pro Tag. Da muss man nicht lange rechnen, um zu erkennen, dass das nicht mehr lange durchzuhalten ist.

Erwähnte Instrumente

  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 33,18 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 31,93 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Seit einem Jahr wartet die Welt schon darauf, dass die Hochpreisproduzenten in Nordamerika ihre Fördermengen endlich eindämmen. Davon ist weit und breit nichts zu sehen. Die Produktionsrückgänge sind derzeit noch bescheiden. Die Resistenz der Schieferöl- und Ölsandproduzenten ist absolut bemerkenswert.

Viele Unternehmen verdienen schon lange kein Geld mehr. Die Produktionskosten für die größten US Schieferölfelder sind in Grafik 1 dargestellt. Jedes Unternehmen hat unterschiedliche Kosten, daher handelt es sich bei den angegebenen Werten um Bandbreiten. Selbst die effizientesten Produzenten brauchen Preise von 35 Dollar je Barrel. Diese Preise werden derzeit nicht erreicht.

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Die effizientesten Produzenten können auch im derzeitigen Umfeld noch durchhalten. Das können sie, weil die in Grafik 1 dargestellten Produktionskosten auch jene Kosten beinhaltet, die für die Aufrechterhaltung der Produktion anfallen. Streichen Unternehmen z.B. sämtliche Investitionen, dann macht es unter Umständen auch Sinn, unterhalb der Produktionskosten zu fördern.

Die Produktionskosten sind die Break-Even Kosten, die benötigt werden, um die Produktion langfristig aufrecht zu erhalten. Die Cash-Kosten sind deutlich niedriger. Solange die Preise über den Cash-Kosten liegen (in diesem Fall verliert das Unternehmen kein Geld durch die Förderung eines Barrels), wird gefördert. Unternehmen tun dies, weil sie ihre Schulden bedienen müssen, wenn sie nicht in die Insolvenz gehen wollen. Dafür brauchen sie Cash.

Vielen Produzenten wird derzeit auch durch ihre Absicherungsgeschäfte geholfen. Der Ölpreis mag aktuell zwar sehr niedrig sein, doch die Einnahmen vieler Produzenten liegen deutlich über diesen Preisen, weil sie in der Vergangenheit ihre zukünftige Produktion zu höheren Preisen bereits verkauft haben.

Im Laufe des Jahres werden viele dieser Hedges auslaufen. Spätestens dann werden viele Firmen Insolvenz anmelden müssen. Das Loch zwischen Einnahmen und Ausgaben ist nämlich trotz aller Sparbemühungen und Absicherungen groß. Schätzungen zufolge geben nordamerikanische Produzenten noch immer zwischen 50 und 100 Mrd. pro Jahr mehr aus als sie einnehmen.

Um mittelfristig überleben zu können, muss mehr eingenommen als ausgegeben werden. Bisher konnte die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben geschlossen werden, indem Firmen Schulden aufnahmen. Der Kreditmarkt für Ölproduzenten ist inzwischen jedoch ausgetrocknet. Anleihenemissionen sind auf dem tiefsten Stand seit Jahren und die Kreditlinien bei Banken sind ausgeschöpft. Was unter diesen Umständen bleibt, das sind radikale Sparmaßnahmen.

Die Möglichkeit zu sparen besteht nach wie vor. 2015 wurde trotz der prekären Lage noch immer viel investiert. Grafik 2 zeigt die Investitionen nach Bereich. Im Upstream Bereich (Förderung) wurden im vergangenen Jahr ungefähr 540 Mrd. investiert. Darin enthalten sind die Investitionen aller nicht-staatlichen Unternehmen weltweit. Große Produzenten wie Saudi Aramco sind darin also nicht enthalten.

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Für 2016 wird ein großer Rückgang der Investitionen erwartet. Das betrifft nicht nur die Explorationskosten, die von 540 Mrd. auf unter 400 Mrd. sinken werden, sondern auch Investitionen im Midstream (Transport) und Downstream (Verarbeitung) Bereich. Wieso die hohen Einsparungen notwendig sind liegt auf der Hand. Wenn man sich die Dramatik allerdings noch einmal verdeutlichen möchte, kann man die Investitionen ins Verhältnis zu den Einkünften setzen.

Die Punkte in Grafik 2 zeigen, wie viel Prozent des Umsatzes investiert wird. In der Vergangenheit lag dieser Satz zwischen 40 % und 50 %. 2015 erreichte der Wert knapp 80 %. Die Investitionen sind nur ein Posten der Bilanz. Unternehmen müssen ihre ganze Infrastruktur erhalten und Mitarbeiter bezahlen.

Ein systematischer und nachhaltiger Anstieg der Ölpreise ist trotz der Investitionskürzungen nicht zu erwarten. Es müssen jährlich an die 500 Mrd. investiert werden, um die Fördermenge konstant zu halten. Dieser Wert von 500 Mrd. wird erst in diesem Jahr unterschritten. Bis sich daraus geringere Förderkapazitäten ergeben, vergeht noch eine Weile.

Signifikante Produktionskürzungen sind über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu erwarten und stehen nicht unmittelbar bevor. Geht die Produktion in Nordamerika zurück, dann unterstützt das den Ölpreis kurzfristig. Mittelfristig sind jedoch keine Preise von mehr als 60 Dollar je Barrel zu erwarten. Das liegt zum einen daran, dass die OPEC Länder noch ungefähr 2 Mio. Barrel pro Tag freie Förderkapazität haben und die weltweiten Öllager randvoll sind.

Ölpreise, die näher bei 100 Dollar als bei 0 Dollar liegen sind nur längerfristig möglich, wenn sich der Ölvorrat in den Lagern abbaut. Aktuell hat die Welt Ölvorräte für 40 Tage. Das Öl würde also für 40 Tage nicht ausgehen, selbst wenn kein einziger Tropfen Öl gefördert würde. Vor der Ölschwemme lagen die Vorräte auf einem Niveau von 15 bis 20 Tagen.

Die Preise werden noch einige Zeit lang niedrig bleiben. Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte des Ölpreises. Grafik 3 zeigt den Ölpreis auf Jahresbasis seit 1861. Es gab immer wieder Phasen, in denen sich der Ölpreis für ein ganzes Jahrzehnt auf niedrigem Niveau hielt. Ob Öl wirklich bis 2025 zwischen 30 und 60 Dollar schwanken wird bleibt abzuwarten. Möglich ist es. Das sollte Anlegern bewusst sein.

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Wer als Anleger auf einen Rebound bei Öl setzen möchte, sollte Unternehmen mit einer starken Bilanz (geringe Verschuldung) bevorzugen. Da der Ölpreis immer wieder stark fallen wird, werden viele Unternehmen mit schwachen Bilanzen die nächsten Jahre nicht überleben. Anleger erleiden dann Totalverluste. Mittelgroße bis große Unternehmen sind kleineren zu bevorzugen. Zudem sind Unternehmen mit gesunder Bilanz (z.B. Exxon) daran interessiert, mittelgroße Unternehmen zu übernehmen. Für Ölriesen macht es keinen Sinn, Kleinunternehmen aufzukaufen, weil sie im Vergleich so klein sind, dass sie in der Bilanz kaum auffallen.

Lars Gottwik

Partner & COO JFD Brokers
JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT
www.jfdbrokers.com

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.

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