Kommentar
07:22 Uhr, 08.06.2016

Öl im Aufwärtstrend: OPEC gewinnt an Macht

Als sich die OPEC vergangene Woche traf, um die Förderpolitik zu diskutieren, geschah noch etwas. Die OPEC nahm ein weiteres Mitglied auf und umfasst nun 14 Länder.

Die OPEC wächst. Bis Ende Mai waren noch 13 Länder Mitglied in der Organisation erdölexportierender Länder. Nun sind es 14. Das vierzehnte Land ist Gabon, welches bereits bis 1995 Teil der Organisation war, aber dann austrat. Nach über 20 Jahren kehrt Gabon nun wieder zurück zur OPEC.

Einen großen medialen Wirbel gab es um die neue Mitgliedschaft nicht. Gabon ist nun bestimmt nicht unter den größten Ölförderern der Welt, doch immerhin produziert es knapp 250.000 Barrel Öl am Tag. Mit dieser Fördermenge könnte es den Bedarf von Ecuador (selbst Teil der OPEC), Peru, Österreich, Finnland, Griechenland, Portugal, Schweiz oder Israel decken. Alle genannten Länder haben einen Verbrauch von ungefähr 250.000 Barrel pro Tag.

Obwohl Gabon ganze Länder mit Öl versorgen kann, ist die Fördermenge nicht weltbewegend. Wichtig ist der Beitritt Gabons zur OPEC vor allem, weil man nach den vergangenen zwei Jahren nicht damit rechnen konnte, dass überhaupt noch jemand Interesse an der OPEC hat. Die OPEC glänzte seit Beginn der Ölpreiskrise durch Unentschlossenheit und Streit. Tiefe politische Gräben wurden sichtbar. Kompromissbereitschaft gab es nicht einmal ansatzweise.

Man fragt sich, wofür es die OPEC überhaupt noch braucht und ob sie zeitgemäß ist. Als Außenstehender erschließt sich der Grund für die Existenz der OPEC jedenfalls nicht mehr. Die OPEC ist schließlich ein Kartell und ein Kartell hat die Aufgabe Preisabsprachen zu treffen. Wenn es nicht einmal einen kleinsten gemeinsamen Nenner gibt, sondern gar keinen, dann kommen einem schon Zweifel.

Als sich die OPEC vergangene Woche traf gab es wie zu erwarten keine nennenswerten Entscheidungen. Die Fördermengen bleiben wie sie sind und werden nicht angerührt. Der Ölpreis liegt somit nach wie vor in den Händen der Swing-Producer, also Förderländer, die ihre Produktion relativ schnell nach oben fahren können.

Der größte Swing-Producer sind die USA. Dort gingen viele Schieferölproduzenten vor den niedrigen Preisen in die Knie. Inzwischen sind viele Unternehmen insolvent. Die Fördermenge sank in den vergangenen Monaten merklich. Investitionen wurden drastisch gekürzt.

Nun steht der Ölpreis wieder bei 50 Dollar je Fass. Für viele Produzenten ist das vermutlich die Lebensrettung. Durch Kostensenkungen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen dürften inzwischen viele Unternehmen mit einem Ölpreis von 50 Dollar Profite schreiben können.

Unternehmen, die bei 50 Dollar je Barrel einen Gewinn schreiben können, werden in den kommenden Wochen ihre Produktion wieder hochfahren. Über den Terminmarkt können sie ihre Produktion zudem bei 50 Dollar "einloggen". Die Öl-Futures stehen auf Jahressicht bei gut 50 Dollar.

Einige Analysten gehen davon aus, dass in den USA die Produktion innerhalb von Wochen um 400.000 Barrel je Tag steigen kann. Damit dies wirklich gelingt müssen Unternehmen wieder nach Öl bohren bzw. angefangene Bohrungen zu Ende führen. Genau an diesem Punkt scheinen wir uns zu befinden.

Die Grafik zeigt die Anzahl aktiver Bohrtürme in den USA. Nachdem die Zahl Monatelang fiel, stieg sie in der vergangenen Woche wieder. Einen solchen Ausreißer gab es schon Ende 2015 und muss noch bestätigt werden. Die Chancen stehen allerdings gut, dass nun wieder mehr produziert wird.

Für den Ölpreis bedeutet der Turnaround der US Produktion nichts Gutes. Auch für die OPEC sind es schlechte Nachrichten. Der Druck, die Fördermengen zu begrenzen, war zuletzt nicht mehr gegeben. Wenn der Ölpreis von ganz alleine wieder steigt, wieso sollte man dann die Produktion auch kürzen?

Mit der Ruhe ist es nun höchstwahrscheinlich vorbei. Fällt der Ölpreis wieder Richtung 40 Dollar oder sogar darunter, dann hat die OPEC noch einmal die Chance, ihre Relevanz zu beweisen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering. Die OPEC bleibt zerstritten und hat nur noch eine theoretische Macht. Der Titel des Artikels ist also mit etwas schwarzem Humor zu verstehen.

Persönlich erwarte ich nun schon seit einigen Wochen, dass sich der Ölpreis noch einmal nach unten bewegt. Bisher ist das nicht geschehen. Der Ölpreis scheint unkaputtbar. Ich bleibe dennoch bei meiner Einschätzung, dass der Aufwärtstrend nicht ohne größere Korrektur vonstatten geht. Es wäre der erste Aufwärtstrend, der nicht auch einmal eine Korrektur ausweist.

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2 Kommentare

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  • Eulen_spiegel
    Eulen_spiegel

    Ein weiterer Absturz auf 30-40 für ein Jahr würde Tiefseeöl endgültig den Garaus machen - danach sehen wir dann 200$-Öl, da die 20MB/Tag Tiefseeproduktion weder durch Fracker noch durch die Saudis zu substituieren ist.

    14:21 Uhr, 08.06.2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Man muss ja nicht nur produzieren, sondern auch Abnehmer haben. Wenn nun die Produktion wieder massiv hochgefahren wird , sinken doch automatisch die preise. Zudem sind die lLager randvoll. Ich fand das auch eher seltsam, das genau dann die pPreise massiv anzogen, als die "Maerkte " in Oel regelrecht ertranken. Wie kann das sein?

    08:31 Uhr, 08.06.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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