Kommentar
06:50 Uhr, 01.03.2018

Öl-Aktien: Kaufen, weil der Ölpreis gestiegen ist?

Der Ölpreis hält sich solide über 60 Dollar. Das lockt Anleger direkt ins Öl und Aktien. Könnte sich dies als Fehler herausstellen?

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Überraschend viele Analysten und Kommentatoren sehen in Öl-Aktien in diesem Jahr eine Chance. Woher diese Schlussfolgerung kommt, bleibt verborgen, denn die Fakten sprechen eigentlich eine andere Sprache. Man muss nur mal den Verlauf des Ölpreises mit dem von Aktien aus der Öl-Branche vergleichen.

Genau das wird in Grafik 1 getan. Zwischen 1998 und 2011 verliefen die Kurse parallel zum Ölpreis. Danach begann eine Abkopplung, die bis heute anhält. Obwohl der Ölpreis zwischenzeitlich 70 % nachgab, hielten sich Aktienkurse relativ gut. Inzwischen stehen sie wieder dort, wo sie sich schon 2012 befanden.

2012 stand der Ölpreis noch bei 100 Dollar. Heute liegt er deutlich darunter. Das Ertragspotenzial der Unternehmen ist deutlich geringer als damals und trotzdem sind die Kurse auf damaligem Niveau. Anleger haben also schon viel Potenzial eingepreist.

Die Erwartung, dass Firmen von weiter steigenden Preisen und damit auch Gewinnen profitieren können, muss sich erst bestätigen. Ob dies geschehen wird ist fraglich. Es gibt einige Argumente, weshalb Anleger von steigenden Ölpreisen ausgehen, doch diese Argumente sind sehr wackelig.

Das für Anleger wichtigste Argument ist die Normalisierung des Ölmarktes. Die OPEC hat ihre Fördermenge begrenzt und hält bisher daran fest. Das hat die Überversorgung abgebaut. Als Beweis dafür gilt unter anderem der Lagerbestand in den USA (Grafik 2). Dieser stieg von 350 Mio. Barrel auf 550 Mio.

Inzwischen haben sich die Lager wieder geleert. Der Bestand ging auf 450 Mio. Barrel zurück. Entsprechend konnte auch der Ölpreis steigen. Lagerbestand und Preis verlaufen parallel, weil der Lagerbestand ein Maß für das Überangebot ist.

Es gibt jedoch ein Problem an der Sache. Durch die Hurrikans im vergangenen Jahr wurde in den USA zeitweise deutlich weniger Öl gefördert. Das hat sich auch auf den Lagerbestand ausgewirkt. Schätzungen zufolge hat dies den Lagerbestand um 50 Mio. Barrel sinken lassen. Die Reduktion des Lagerbestandes ist also möglicherweise nur vorübergehend.

Gleichzeitig beginnen US-Firmen gerade erst damit, ihre Produktion wieder so richtig hochzufahren. Grafik 3 gibt darüber Aufschluss. Es wird mehr gebohrt, die Produktion steigt. Bis Jahresmitte wird die Produktionsausweitung die OPEC Förderkürzung mehr als wettmachen.

Derzeit stört das Anleger nicht. Sie freuen sich eher darüber, dass Unternehmen zu ordentlichen Preisen mehr fördern und dadurch mehr einnehmen. Solange der Ölpreis über 60 Dollar verharrt, ist alles in Ordnung, doch gerade weil die Produktionsmenge wieder steigt, muss man davon ausgehen, dass der Preis auch wieder sinken wird.

Im Frühjahr ist die Nachfrage nach Öl saisonal bedingt hoch. Das kann den Preis weiter stützen. Endet der saisonale Effekt im Frühsommer, dürfte der Ölpreis stark unter Druck kommen.

Öl-Aktien sind aus diesem Grund auf dem jetzigen Kursniveau kein Investment wert. Man kann sie kurzfristig handeln, aber für ein Investment mit mittel- bis langfristigem Zeithorizont wird es in diesem Jahr noch deutlich attraktivere Einstiegskurse geben.

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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Die relative Stärke von Rohstoff-Aktien zeigt sich nicht nur im Ölsektor. Das hat meiner Einschätzung nach nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun, sondern hat systemische Gründe:

    Die Geschichte zeigt, dass Rohstoff-Investments immer dann gut abschneiden, wenn Papiergeld entwertet wird.

    Die finale Blase im aktuellen Kredit- und Schuldenzyklus ist daher im Rohstoff-Sektor zu erwarten. Den Anfang sehen wir gerade...

    08:04 Uhr, 01.03.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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