Kommentar
15:21 Uhr, 08.03.2021

Notenbanken können Zinsanstieg nur auf eine Art beenden

Die Zinsen und der Aktienmarkt bleiben volatil. Bis jetzt greifen Notenbanken ohne Erfolg ein – bis auf eine.

US-Notenbanker zeigen sich bisher nur bedingt beunruhigt über den Zinsanstieg. Sie beobachten diesen zwar genau, aber halten an ihrer bisherigen Einstellung fest: Der Zinsanstieg zeigt Optimismus über die wirtschaftlichen Aussichten. Die EZB ist da weniger passiv. Sie ist offensichtlich beunruhigt und versuchte es mit einer Verbalintervention. Steigen die Zinsen weiter, werden mehr Anleihen gekauft. Das Pandemiekaufprogramm hat noch viel Platz. Bisher wurde weniger als die Hälfte des Programms ausgeschöpft. Die EZB kann unter dem Programm noch Anleihen im Volumen von fast einer Billion Euro kaufen. Steigen die Zinsen weiter, würde die EZB die Anleihenkäufe beschleunigen. Eine andere Notenbank hat das bereits getan. Die Australische Notenbank verdoppelte ihre täglichen Käufe auf 4 Mrd. australische Dollar. Die Rendite 10-jähriger Anleihen stieg zuvor von 1 % auf 1,8 %.


Das Problem an der Taktik der australischen und europäischen Zentralbank ist dabei recht offensichtlich. Es wirkt nicht. Zuletzt kaufte die australische Notenbank RBA zu Beginn der Pandemie so viele Anleihen. Der Zinsanstieg wurde dadurch nicht aufgehalten. Ein ähnliches Schicksal droht Europa.

Das benötigte Volumen, um den Zinsanstieg aufzuhalten oder gar umzukehren, ist gigantisch. Theoretisch könnten Notenbanken das Volumen aufbieten. Praktisch müssten sie dann aber den Markt vollkommen leerkaufen. Das hat langfristige Folgen. Gibt es zu wenige Anleihen im freien Markt, ist die Liquidität gering. Geringe Liquidität im Anleihemarkt kann zu Engpässen und hoher Volatilität führen. Das wiederum gefährdet die Stabilität des Finanzmarktes.


Wollen Notenbanken den Zinsanstieg wirklich aufhalten, bleibt ihnen nur ein Instrument. Die Bank of Japan setzt es bereits seit Jahren erfolgreich ein. Sie hat die Zinskurvenkontrolle eingeführt. Die Rendite der 10-jährigen Anleihen soll dabei um 0 % herum schwanken. Anfang des Jahres gab es Gerüchte, dass dieses Band ausgeweitet wird. In der Folge stieg de Rendite von 0 % auf fast 0,2 %.

Nun klärt die BoJ auf: das Band wird nicht ausgeweitet. Prompt fiel die Rendite deutlich. Dabei hat die Notenbank nicht mehr, sondern weniger Anleihen gekauft (Grafik 2). Die Ankündigung im Notfall so viele Anleihen zu kaufen wie nötig ist wirksamer als mehr Anleihen wie in Australien zu kaufen.

Die US-Notenbank, die RBA und EZB schrecken bisher vor dieser Zinskurvenkontrolle zurück. Ist es ihnen mit einer Begrenzung des Zinsanstiegs wirklich ernst, müssen sie dieses Instrument anwenden. Die Anleihenkäufe ohne Zielrendite zu erhöhen, ist einfach nicht wirksam. Noch ist der Druck zu gering, um dieses Instrument anzuwenden. Steigt die Rendite 10-jähriger Anleihen in den USA auf 2 % könnte sich das ändern.

Clemens Schmale


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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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