Notenbank-Liquidität wirkt wie eine Droge
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
München (BoerseGo.de) - Die Notenbanken baden die Märkte in Liquidität. Die massiven geldpolitischen Stimuli der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank Fed beflügeln zwar die Aktienbörsen. Damit erreichen jedoch auch die Spannungen im Finanzsystem ein gewaltiges Ausmaß. Denn die Industriestaaten werden vermutlich noch viele Jahre mit ihren Schuldenproblemen kämpfen müssen. An der New Yorker Wall Street, die sich zuletzt überdurchschnittlich entwickelte, könnte bereits 2013 Ernüchterung einkehren.
Nach Einschätzung von Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender der DJE Kapital AG und Portfoliomanager der Gamax Management AG, ruht die aktuelle Hausse auf einem unsicheren Fundament. „Die größten Defizite aller Zeiten gehen einher mit der aggressivsten Notenbankpolitik aller Zeiten“, sagt Ehrhardt. Hohe Defizite würden kurzfristig helfen, langfristig schadeten sie jedoch. In den USA sei das Geldmengenwachstum am höchsten.
Die USA befinden sich Ehrhardt zufolge am Scheideweg. Im November entscheide sich, wer in Washington für die kommenden vier Jahre das Sagen haben wird. Momentan zögen die beiden Präsidentschaftskandidaten mit Versprechungen durchs Land – Wahljahre seien gewöhnlich gute Börsenjahre. 2013 könnte jedoch Ernüchterung einkehren, so der Portfoliomanager. „Die Wirtschaft hat sich längst nicht so stark erholt wie erhofft; demnächst laufen Konjunkturhilfen aus. Der amtierende US-Präsident Obama neigt zu neuen Arbeitsmarktprogrammen; sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney plant Steuersenkungen. Beide Konzepte würden die Verbindlichkeiten des Staates weiter in die Höhe treiben. Die Jahre nach der Wahl sind oft keine guten Börsenjahre, weil man die Probleme anpacken muss und die Wirtschaft leidet“, resümiert Ehrhardt.
Aus markttechnischer Sicht stünden die Ampeln seit Implementierung der umfangreichen geldpolitischen Maßnahmen auf grün. Die Notenbanken hätten die Realzinsen vielfach in negatives Terrain gedrückt. Dieser Umstand dürfte weitere Anleger hin zum Aktienmarkt führen, so Ehrhardt. Konservative Investoren bevorzugten dabei Standardwerte mit hohen Dividendenrenditen. Diese lägen häufig bei einem Mehrfachen des Zinskupons von Staatsanleihen mit erstklassiger Bonität. Ausgewählte Titel aus den Sektoren Pharma und Telekommunikation könnten somit von der Renaissance der Anlageklasse Aktie profitieren, heißt es weiter.
In regionaler Hinsicht lohnt Ehrhardt zufolge zunächst der Blick nach Europa. Seiner Ansicht nach sind europäische Aktien im Vergleich zu ihren US-Pendants derzeit so preiswert wie seit Jahren nicht mehr. Unter den Schwellenländern bevorzugt Ehrhardt wiederum Asien. Unter den asiatischen Wachstumsnationen verhalte sich insbesondere China sehr umsichtig. Im wichtigsten Land der Region schwäche sich das Wachstumstempo derzeit zwar noch ab, weil die Notenbank lange Zeit eine restriktive Geldpolitik verfolgt habe. Im Reich der Mitte sinke nun aber die Inflationsrate wie gewünscht. In monetärer Hinsicht könne China daher jetzt wieder Gas geben. „Die Chancen liegen nun eher in Asien“, so Ehrhardt.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.