Kommentar
12:46 Uhr, 30.04.2020

Normalisierung in der Krise: Nicht zu früh freuen!

Es kehrt wieder etwas mehr Normalität ein. Wirtschaftlich sind wir allerdings noch lange nicht über den Berg. Die größte Gefahr steht noch bevor.

Zunächst einmal ist es erfreulich, dass sich die Lage etwas normalisiert. Viele Geschäfte haben wieder geöffnet. Bis es wieder Publikum im Fußballstadion hat, man Konzerte besuchen und ins Restaurant gehen kann, dauert es noch. Es ist aber ein erster Schritt. Für die Wirtschaft ist es ein ganz wichtiger Schritt. Viele Einzelhändler hätten einen längeren Lockdown kaum überlebt. Da helfen auch Notkredite wenig. Geholfen hätten nur noch große Geldgeschenke. Diese sind bei all der Großzügigkeit der Regierungen nicht absehbar. Es sind nicht nur Unternehmen, sondern auch deren Beschäftigte, die aufatmen können. Es besteht eine realistische Chance, dass zumindest in den Branchen, die wieder den Betrieb aufnehmen dürfen, Arbeitsplätze erhalten bleiben. Diese Morgenlust wittert man in vielen europäischen Ländern und den USA. In den USA hat sich sogar das Verbrauchervertrauen wieder minimal aufgehellt. Das Stimmungsbarometer der Universität Michigan sank im April auf 71 Punkte. Der endgültige Wert liegt bei 71,8 Punkten. So manche Schlagzeile sprach da schon von Stabilisierung. Das halte ich für maßlos übertrieben. Von Stabilisierung kann überhaupt keine Rede sein....

Das stellt auch Deutschland unter Beweis. Das Konsumklima ist bereits tief gefallen (Grafik 2) und für Mai werden schon jetzt neue Negativrekorde erwartet. Die Verbraucherstimmung wird sich nicht sprunghaft aufhellen. Das bedeutet auch, dass nicht im gleichen Ausmaß wie noch im Februar wieder konsumiert wird.

Im besten Fall wird das Stimmungstief im Mai erreicht und steigt von dort wieder an. Selbst im besten Fall reicht das aber nicht, um die Wirtschaft auf ihr Vorkrisenniveau zu hieven. Vielmehr ist etwas ganz anderes zu befürchten. So wie sich die Städte aktuell wieder beleben muss man fast schon zwingend von einer zweiten Infektionswelle ausgehen.

Wie das praktisch aussehen könnte, hat die SARS-Epidemie vor gut 15 Jahren gezeigt (Grafik 3). Eine zweite Welle führt zwangsläufig dazu, dass die Wirtschaft wieder herunterfährt. Der Schaden wäre enorm, vor allem für die Arbeitsplätze.


Man sollte sich nicht zu früh über die Normalisierung freuen. Auch ohne eine zweite Welle wird es ein langer und steiniger Weg. Mit einer zweiten Welle werden sich Langfristschäden nicht vermeiden lassen. Anleger sollten sich mental auf diese zweite Welle vorbereiten. Dabei ist es wichtig, vor allem einen Punkt nicht zu vergessen: die Wirtschaft ist nicht die Börse.

Das sehen wir auch aktuell. Bei allem Optimismus sind die Kursniveaus vollkommen von der Realität losgelöst. Eine zweite Infektionswelle muss für Anleger daher nicht gleich bedeuten, dass der Markt wieder um 30 % fällt. Was für die breite Wirtschaft schrecklich wäre, muss für die Börse nicht den Untergang bedeuten.

Clemens Schmale


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3 Kommentare

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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    So wie sich die Dinge im Moment entwickeln, ist noch längst nicht sicher, dass eine zweite Corona-Welle automatisch einen weiteren Lockdown nach sich zieht.

    Man beachte dazu etwa die Kritik unabhängiger Experten an den Zahlen des Robert-Koch-Instituts...

    10:10 Uhr, 01.05. 2020
  • Tüskendör
    Tüskendör

    Ich akzeptiere, dass sich die weitaus größte Katastrophe unterhalb der Börsennotiz abspielt.

    Dennoch sind die großen Indizes Dax, Dow, S&P500, Nasdaq100 derzeit stärker überbewertet als vor Corona und vor dem Crash.

    Im Nasdaq produziert die Bärenmarktrally bald ein neues ATH, darf man die Rally des übersteigerten Wahnsinns dann noch als Bärenmarktrally bezeichnen?

    Die Börsengeschichte wird für diese Rally einen Namen finden müssen - er sollte das Wort "Schwachsinn" und "Anlagenotstand" sowie ein Synonym für Zynismus enthalten.

    13:49 Uhr, 30.04. 2020
  • Soul Food
    Soul Food

    Hallo Herr Schmale,

    Sie schreiben: "Was für die breite Wirtschaft schrecklich wäre, muss für die Börse nicht den Untergang bedeuten."

    Ist es nicht so, dass es ohne Wirtschaft auch keine Börse mehr braucht, etwas überzeichnet gesagt?! :-)

    13:28 Uhr, 30.04. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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