Kommentar
09:05 Uhr, 16.04.2015

Noch Potenzial: Die billigsten Aktienmärkte der Welt

US-Aktien gelten als überbewertet. Der Dax ist auch kein Schnäppchen mehr, nachdem er bereits in diesem Jahr 30% gestiegen ist. Es gibt allerdings noch sehr günstig bewertete Märkte. Weit gehen müssen Anleger dafür nicht.

In den USA steht das durchschnittliche KGV bei 20. In Deutschland bewegen wir uns darauf zu. Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 ist im historischen Vergleich wirklich hoch. Auch wenn die EZB Geld druckt bis der Arzt kommt, ändert das nichts daran, dass viele Märkte aktuell sportlich bewertet sind. An der Börse zählen natürlich die Erwartung und die Zukunft. Die Erwartung ist, dass das Anleihenkaufprogramm der EZB die Wirtschaft in neue Sphären katapultiert. Das nehmen die Börsenkurse bereits jetzt vorweg.

Neue Wachstumssphären werden wir in den kommenden Jahren in Europa nicht sehen. Das ist eine Erwartung, die einfach zu hoch ist. Realistischer Weise dürften die meisten Länder wieder nachhaltig in die Wachstumszone kommen. Die Wirtschaft wird dann aber nicht jedes Jahr um 3 oder 5 % wachsen, sondern sich vielmehr im Bereich von 1,5 bis 2,5 % stabilisieren. Im Vergleich zu den Krisenjahren wirkt das natürlich großartig. Im Vergleich zu den Vorkrisenjahren ist es allerdings noch immer mager.

Insbesondere die Länder, die gut durch die Krise gekommen sind, haben Vorschusslorbeeren bekommen. Gerechtfertigt ist das in den seltensten Fällen. Auch in den USA stiegen die Kurse in der Erwartung auf immer höheres Wachstum. Die Erwartungen wurden bisher nicht erfüllt. Eine große Korrektur gab es deshalb immer noch nicht. Die Erwartung hält sich hartnäckig. Anleger verweigern sich einfach der Realität. Sie hängen immer noch am Tropf der Notenbank. Ein böses Erwachen ist da fast vorprogrammiert.

Man muss nun aber nicht einmal mit der Notenbankpolitik argumentieren. Diese hat sicherlich geholfen, die Bewertungen in Bereiche zu treiben, die ungesund sind. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass es an den Märkten zu einer Überbewertung kommt. Die Technologieblase vor 15 Jahren lässt grüßen. Derzeit bewegen wir uns in Märkten wie den USA wieder auf dem Pfad zu einer ebensolchen Überbewertung wie vor 15 Jahren. In der Folge stiegen Aktien dann kaum. Es brauchte 13 Jahre, bis neue Hochs erreicht wurden. Auch nach der enormen Rallye der letzten Jahre liegt die Jahresperformance des S&P 500 bei lediglich etwas mehr 2 %. Märkte tendieren einfach dazu, nach dem Platzen von Blasen lange Zeit schlecht zu performen.

Wer rechtzeitig aus sehr hoch bewerteten Märkten in günstig bewertete Märkte wechselt, der sieht einen gegenteiligen Effekt. Auf Sicht von 10 Jahren bringen diese Märkte 10 % und mehr – pro Jahr. Überbewertete Märkte tendieren über 10 Jahre gesehen dazu zu stagnieren (mit großen Schwankungen). Jetzt ist so langsam der Zeitpunkt gekommen, da man sich von den sehr gut performenden Märkten lösen und in günstigere Märkte wechseln sollte.
Woher weiß man aber, ob ein Markt günstig ist? Je nachdem, wen man fragt, bekommt man eine andere Antwort. Ein Patentrezept gibt es nicht. Es gibt aber einige gute Indikatoren, die sich über die Jahre als sehr zuverlässig erwiesen haben. Dazu gehört das Shiller KGV. Das Shiller KGV, welches auch CAPE (Cyclically Adjusted Price Earnings) Ratio genannt wird, ist ein mehrjähriges Mittel des realen KGV. Es ist inflationsbereinigt. Der Vorteil einer längeren Betrachtung des KGV ist, dass man besser beurteilen kann, ob ein Markt hoch oder niedrig bewertet ist. Das ist ein ganz zentraler Punkt, denn betrachtet man nur das normale KGV, dann zieht man schnell die falschen Schlussfolgerungen. Im Jahr 2009 war das normale KGV in den USA bei über 100. Das ist der Theorie nach exorbitant hoch und deutet eine Überbewertung an. Tatsächlich aber war 2009 das beste in vielen Jahren, um Aktien zu kaufen.

2009 schrieben Unternehmen kaum Gewinne. Viele waren in der Verlustzone. Insgesamt führte das zu einem hohen KGV. Kurzfristige Schwankungen werden beim Shiller KGV geglättet. Während das normale KGV dazu geraten hätte, Aktien zu verkaufen zeigte das Shiller KGV eine Kaufgelegenheit an.

Kauft man ein Unternehmen oder einen ganzen Markt mit niedrigem Shiller KGV, dann bedeutet es nicht, dass man sofort eine großartige Performance sieht. Das Shiller KGV ist ein Indikator, der langfristige Unter- oder Überbewertungen anzeigt. Es kann gut sein, dass ein bereits unterbewerteter Markt noch einige Zeit lang weiter fällt. So geschehen ist das in Griechenland. Bereits 2012 lag das Shiller KGV unter 3. Heute steht der Markt nicht viel höher als damals. Griechenland hat 2013 als Markt erst einmal 145 % gewonnen. Die Gewinne sind in diesem Jahr allerdings wieder abgegeben worden.

Timing ist und bleibt wichtig. Ein niedriges Shiller KGV zeigt an, wo sich ein Einstieg lohnt. Damit kann man mittel- bis langfristig eine hohe Outperformance erzielen. Grafik 1 zeigt wie die Performance in den Folgejahren im Durchschnitt aussieht. Die x-Achse zeigt Bandbreiten des Shiller KGV. Die y-Achse zeigt die zu erwartende jährliche Performance über einen Zeitraum von 10 Jahren. Würde man z.B. den US Markt bei einem Shiller KGV von unter 5 kaufen, dann kann man über die folgenden 10 Jahre im Durchschnitt eine Jahresperformance von knapp 16 % erwarten. Das ist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 6 bis 8 %.

Je höher das Shiller KGV steht, desto niedriger wird die jährlich zu erwartende Rendite. Ab KGVs von 30 ist die zu erwartende jährliche Rendite negativ. Das passt auch sehr gut zum Bild der letzten 15 Jahre. Als die Internetblase platzte brauchte es 13 Jahre für die US Märkte, um wieder ihre Hochs aus dem Jahr 2000 zu erreichen. Würde man das noch um die Inflation bereinigen, dann wäre die jährliche Performance über diese 13 Jahre tatsächlich negativ gewesen.
Wo liegen nun die Schätze begraben? In den USA und in Japan sind sie nicht. Diese zwei Märkte bewegen sich auf eine CAPE Ratio von 30 zu. Damit werden die Aussichten für die kommenden Jahre immer trüber. In Europa sieht die Sache in vielen Märkten anders aus. Die Krisenländer sind noch immer attraktiv bewertet, obwohl Italien, Spanien und Portugal schon wieder einiges an Boden gut gemacht haben. Österreich ist ebenfalls sehr günstig bewertet. Das haben viele Medien in den letzten Tagen aufgegriffen. Hier könnte sich eine langfristige Outperformance zum Rest Europas ergeben.

Norwegen ist als Investment ebenfalls eine Überlegung wert. Der Markt hat unter dem Ölpreiseinbruch stark gelitten. Das Land hat eine starke Wirtschaft, hat Rohstoffe und ist äußerst stabil. Das ist neben Österreich sicherlich auch ein interessanter Kandidat.

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6 Kommentare

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  • Julor70
    Julor70

    netter Artikel, aber bei Daten ohne Angaben zur Berechnungsmethodik oder Quelle bleiben viele Fragen offen. Ein altes Sprichwort sagt "Garbage In, Garbage Out". Wenn die Methodik im Dunkeln bleibt, hat das leider oft einen Grund und Geschmäckle. @Herr Schmale: können Sie dazu noch etwas sagen?

    08:27 Uhr, 18.04. 2015
  • Tommy_85
    Tommy_85

    Moin,

    erstmal, ein sehr schöner und informativer Artikel... Gibt es denn eine Möglichkeit sich das Shiller-KGV anzeigen zu lassen?

    09:32 Uhr, 16.04. 2015
    3 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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