Kommentar
11:02 Uhr, 19.02.2018

Noch 4 Monate bis zu einer möglichen Umwälzung des Finanzsystems

Es geht um die Vollgeld-Initiative der Schweiz. Am 10. Juni wird abgestimmt. Umfragen zeigen, dass die Schweizer den Grundgedanken des Vorhabens gegenüber nicht abgeneigt sind.

Ich will hier gar nicht ins Detail gehen, denn wir werden für den GodmodeTrader noch einen ausführlichen Artikel bringen.

Stellen Sie sich das Vollgeldsystem einfach so vor:

Es gibt nur Geldscheine, und diese darf nur die Zentralbank drucken.

Sie als Bürger können nun entweder diesen Schein bei sich bunkern (sicher, aber keine Zinsen) oder zum Verleih freigeben (unsicher, aber Zinsen). Und die Bank nimmt Ihre Scheine entgegen und verleiht diese an Kreditnehmer. Die Zentralbank wiederum kann auch Scheine an die Banken verleihen. Das Ganze in elektronisch, und Sie sind in einem modernen Vollgeldsystem.

Aktuell ist es so (wiederum erstmal nicht elektronisch gedacht): Ihr Guthaben bei einer Bank ist kein Geldschein, sondern ein Anspruch auf einen Geldschein. Und wenn jemand einen Kredit bekommt, erhält er wieder einen Anspruch auf einen Geldschein, den die Bank einfach neu "druckt", wobei sie natürlich darauf achten muss, dass ihre ausgereichten Kredite gedeckt sind.

Elektronisch: Die Geschäftsbank erzeugt Guthaben per Knopfdruck. Sie schöpft dabei selber Geld, das so genannte Giralgeld (in Abgrenzung zum Zentralbankgeld). Da ein neu erzeugter Kredit immer wieder irgendwo hin überwiesen wird, sofern er nicht beim gleichen Institut verbleibt, ist auf Systemebene immer eine Deckung der Kredite mit Einlagen gewährleistet. Wenn das gerade nicht so ist, leihen sich Banken untereinander Geld ("Geldmarkt"), und wenn das auch nicht klappt, gibt es noch die Zentralbank...

Ich bin sehr gespannt, wie die Schweizer sich entscheiden. Vollgeld ist ein interessantes Experiment, gerade in Zeiten der Kryptowährungen, die von ihrer Natur her auch Vollgeldsysteme sind!

Hier finden Sie Informationen zur Vollgeld-Initiative

11 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Solid2016
    Solid2016

    Auf der Webseite www.Vollgeld.de heißt es unter anderem, dass sowohl dem Vollreserve Ansatz als auch der Idee vom Vollgeld unter anderem der folgende Gedanke zu Grunde liegt:

    "Durch eine effektive Geldmengenkontrolle sollen Konjunktur- und Börsenzyklen verstetigt und systemische Banken- und Finanzkrisen vermieden werden."

    Börsen und Aktienkurse ohne den unberechnbaren Einfluss der Geldpolitik wären wünschenswert aber ist es realistisch davon auszugehen, dass auch in einem Vollgeldsystem am Ende nicht doch wieder die Notenpresse angeschmissen wird wenn die Konjunktur nicht so läuft wie man es gerne hätte?

    22:57 Uhr, 19.02.2018
  • wolp
    wolp

    Schweizer halt. Aprilscherz

    20:14 Uhr, 19.02.2018
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Der Economist hatte auf seinem Titelblatt vor ziemlich genau 30 Jahren eine Weltwährung für das Jahr 2018 angekündigt - aufsteigend aus dem Papiergeld-Chaos.

    Es würde mich daher gar nicht wundern, wenn man der Schweizer Vollgeld-Initiative mit der Einführung gedeckter staatlicher Kryptowährungen zuvorkommen würde - und zwar noch vor der Abstimmung im Juni. Einfach mal Fakten schaffen, so wie man das auch im Gründungsjahr der US-Notenbank im Jahr 1913 getan hat.

    Denn dass man ausgerechnet die aufmüpfigen Schweizer widerstandslos über einen solchen Meilenstein abstimmen lässt, halte ich für ziemlich unwahrscheinlich. Politik, Banken und Medien sind sich in ihrer Ablehung der Initiative ja auch verdächtig einig...

    16:00 Uhr, 19.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    Interessantes Denkmodel, welches hier aufgezeigt wird. Hintergrundinfo dazu von der Initiative selbst aus der von Hr. Kühn angeführten Seite:

    https://www.vollgeld-initiative.ch/2-minuten-info/

    Wir dürfen gespannt sein. Interessant ist es allemal, wie ich finde.

    Ob die Banken sich die heutige Macht der Geldschöpfung bis zum 9-fachen der realen Guthaben, also 9 x soviel Geld verleihen und Zinsgewinne erhalten, aber auch Risiken für geplatze /faule Kredite tragen, einfach so nehmen lassen, wird sich zeigen. Schließlich basiert ein Großteil des Bankengewinns genau auf dieser Methode (nicht erst seit heute, das wird seit Jahrhunderten so gemacht) .

    Dass diese Methode zu Exzessen geführt hat, wissen wir spätestens seit der Finanzkrise. Die neuen Bankenverordnungen für Finanzstabilität haben immerhin dazu geführt, dass mindestens ca.10% des verliehenen/geschaffenen Geldes bei einer Bank durch Eigenkapital, feststehende Werte wie Immobilien und Kundeneinlagen etc. vorhanden sein müssen. Stichwort Basel 1-3. Dies zu erfüllen und von ich glaube ursprünglich 4,5% auf 10% zu kommen, hat den Banken schon genug Probleme bereitet.

    Interessant dazu wäre auch eine Betrachtung der weiteren Folgen. Was passiert mit dem bisherigen Geld?

    Wenn das Modell oben also tatsächlich geschaffen werden soll, müsste meiner Meinung nach (ich kann mich irren) die im Moment vorhandenen 90% elektronisch geschaffenen Geldmengen irgendwie wegrationalisiert werden. Wie das geschehen soll, steht leider nicht in den Antworten.

    Weg"zypern" also einfach 90% des Geldes wegscheiden wäre z.B auch eine Methode...Damit wären sowohl die faulen und wertlosen Kredite weg, die Banken wären "resetet", aber auch das Einlagegeld? Oder darf das vorher in Zentralbankgeld umgewandelt werden? Das wäre ja mal ganz was Neues.

    Spannend.... oder liege ich falsch?

    Wenn ich richtig läge:

    Bevor das große Jubeln über endlich wieder werthaltiges Geld beginnt:

    Für die Börse allerdings würde das nominal zunächst nichts Gutes bedeuten. Aktienpreise sind Spiegelbild von realen Werten zu monitären Werten in Form von bislang excessiv in Umlauf gebrachten Geld"scheinen". Aktienpreise steigen im Groben soviel wie die Inflation. Am Ende bekommt man für einen Dax /Dow Anteil , wenn man ihn Jahre später verkauft, 1 Mittelklasseauto, x000 Hamburger usw. Ob sie bei Dow Jones Stand von 200 Punkten für einen Dow damals 200$ für einen Ford und 2ct für einen Hamburger bezahlt haben und später bei Dow Stand 20000 20000$ für einen Ford oder 2$ für einen Hamburger bezahlen, weil das Geld seitdem entsprechend inflationiert wurde, die Relation blieb etwa gleich.

    Wenn also 90% des Geldes verschwinden würden, passiert das wohl auch mit den Aktienpreisen... trotzdem bekommt man dafür wohl wieder ein Auto und x000 Hamburger. Hoffentlich:-)

    15:34 Uhr, 19.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Röve
    Röve

    Sind wir doch ehrlich, bis vor wenigen Jahren hätten 90% der Bürger bei einer Umfrage gesagt, dass die Nationalbanken das Geld erschaffen. Ja sie hätten sogar angenommen, dass die Banken bei der Nationalbank das Geld gegen einen Zins "kaufen" müssen. Dieser Irrglaube wurde geschickt, auch von den Medien, aufrechterhalten. Das vorgegaukelte System entspricht eigentlich mehr oder weniger der Vollgeldinitiative der Schweizer. Das reale Geldsystem wie sie es im Bericht darlegen, kann man eigentlich nur als ständige Subventionierung der Banken durch den Staat bezeichnen. Und genau so verhalten sich die Staaten auch in der letzten Bankenkrise. Mit der Vollgeldinitiative würden auch die Banken etwas weniger staatlich. Ich drücke die Daumen, dass die Initiative angenommen wird.

    15:19 Uhr, 19.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Gregor Dietrich
    Gregor Dietrich

    Wer Kredite vergibt, darf nicht gleichzeitig das Geld dafür herstellen.
    Vollgeld bedeutet: Öffentliche Geldherstellung und private Kreditvergabe.
    Betreffend Experiment: Führende Finanzexperten sind sich einig! Die heutige Situation wird zwar von der Bevölkerung nicht als bedrohlich wahrgenommen - aber sie ist es sehr wohl!
    Die Vollgeld-Initiative leistet einen wertvollen Beitrag das Finanzsystem sicherer zu machen.

    13:34 Uhr, 19.02.2018

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

Mehr über Daniel Kühn
  • Anlagestrategien
  • Fundamentalanlyse
  • Value Investing und Momentum-Ansatz
Mehr Experten