Nicht alles auf eine Karte
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Viele Anleger legen starken Wert auf Risikovermeidung. Wer sich jedoch auch angemessene Ertragschancen erhalten möchte, sollte der Risikosteuerung den Vorrang geben. Das Schlagwort dafür lautet Diversifizierung
Das Risiko von Investitionen lässt sich durch breite Streuung reduzieren. Das leuchtet ein – schließlich wird Risikostreuung auch in vielen anderen Lebensbereichen praktiziert. Unternehmen diversifizieren über Produkte und Regionen, um nicht von der Entwicklung in nur einer Produktsparte oder Region ausgeliefert zu sein. Beim Thema Energieversorgung ist von der Diversifizierung auf verschiedene Energieträger die Rede, um die Abhängigkeit vom Erdöl zu begrenzen.
Was bedeutet Risiko?
Die Kapitalanlage birgt neben Gewinnchancen auch Verlustrisiken. Das Risiko wird u.a. als Schwankungsbreite der Erträge beschrieben. Diese können vom erwarteten Ergebnis nach oben oder nach unten (unerwünscht) abweichen. Eine gängige Kennzahl ist die Volatilität (Standardabweichung). Je höher die Volatilität, desto schwankungsreicher ein Investment.
Risikosteuerung vor Risikovermeidung
Bei der Risikosteuerung geht es nicht in erster Linie darum, das Risiko eines einzelnen Investments möglichst gering zu halten. Wenig Risiko bedeutet nämlich auch wenig Chancen. Auf die Betrachtung des Gesamtrisikos eines Portfolios (als Kombination unterschiedlicher Investments) kommt es an. Darauf zielt auch die Moderne Portfoliotheorie von Markowitz ab. Sie stellt den Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite in den Mittelpunkt.
Zwischen Risiko und Rendite besteht ein Konflikt. Höhere Gewinnchancen muss sich der Anleger durch das Eingehen eines höheren Risikos erkaufen. Dieser Zusammenhang lässt sich nicht aushebeln, aber optimieren. Anlagen, die für sich gesehen sehr risikobehaftet sind, können im Rahmen eines Portfolios das Gesamtrisiko senken. Für ein gegebenes Risikoniveau können sich Anleger durch Portfoliobildung höhere Ertragschancen erschließen oder aber dieselben Ertragschancen mit geringerem Risiko anpeilen. Bedingung: Die Einzelrisiken müssen sich gegenseitig (zumindest teilweise) kompensieren. Eine Risikosenkung durch Diversifizierung erfolgt daher nur, wenn sich die verschiedenen Bestandteile eines Gesamtportfolios möglichst unabhängig voneinander entwickeln.
Beispiel: Eine zyklische Aktie (z.B. ein Rohstoffunternehmen) wird mit einer defensiven Aktie (z.B. ein Nahrungsmittelhersteller) kombiniert. Während die zyklische Aktie unter einem Konjunkturabschwung tendenziell leiden wird, wird sich der Nahrungsmittelhersteller in einem solchen Umfeld erfahrungsgemäß relativ stabil halten können – Nahrungsmittel werden immer gebraucht.
Kennzahl Korrelation
Die so genannte Korrelation beschreibt das Wechselspiel zwischen zwei Anlagen. Je geringer der Gleichlauf zwischen zwei Anlagen, desto geringer die Korrelation. Eine negative Korrelation bedeutet, dass der Kursverlust einer Anlage mit einem Kursanstieg der anderen Anlage einhergeht. Liegt die Korrelation bei 1, so wird der Kursverlust oder -gewinn eines Investments komplett von dem anderen Investment nachvollzogen. Sobald die Korrelation unter 1 liegt, führt die Kombination der beiden Anlagen zu einer Risikoreduzierung. Eine Korrelation von 0 zwischen zwei Anlageklassen bedeutet, dass diese sich völlig unabhängig voneinander entwickeln – der Idealfall im Sinne der Risikoreduzierung.
Korrelationen sind nicht stabil
Die Korrelationen aus der Vergangenheit lassen sich anhand historischer Kursverläufe berechnen. Sie können als Orientierung bei der Vermögensplanung dienen. Das Problem: Diese Korrelationen waren in der Vergangenheit nicht stabil, insbesondere über kurzfristige Zeiträume. Zum anderen ist von einem allgemeinen Anstieg der Korrelationen die Rede.
So zeigt der Rückblick auf die vergangenen 5 Jahre einen recht starken Gleichlauf innerhalb der einzelnen Aktienmärkte (Europa, USA, Asien, Emerging Markets, Standard- vs. Nebenwerte). Euro-Anleihen waren dagegen negativ mit europäischen Aktien korreliert.
Womit wird der Anstieg der Korrelationen begründet?
Die Globalisierung und die damit einhergehende Verflechtung der internationalen Volkswirtschaften machen sich auch an den Finanzmärkten bemerkbar. Die europäische Währungsunion, die zu einer einheitlichen Währung, einer gemeinsamen Geldpolitik und einem gemeinsamen Zinsniveau geführt hat, wird dabei als einer der wichtigsten Treiber für eine zunehmende Integration der europäischen Finanzmärkte angeführt.
Beobachtung zeigen aber auch, dass insbesondere in turbulenten Marktphasen die Korrelationen zwischen den Teilmärkten zunehmen, wobei dies im Falle sinkender Aktienmärkte stärker der Fall zu sein scheint als während eines starken Kursanstiegs. Dies wurde beispielsweise während der Marktkorrektur im Februar deutlich. Als eine Erklärung gilt die so genannte Liquiditätsschwemme. Die Argumentation: Durch eine lockere Geldpolitik werden die globalen Finanzmärkte mit Liquidität geflutet, was die Preise vieler Anlageklassen nach oben treibt. Investoren haben zu günstigen Zinsen Geld aufgenommen und es auf der Suche nach überdurchschnittlichen Renditen in risikoreiche Anlagen investiert. Diese Renditejagd hat die Korrelationen nach oben getrieben – bei einem Anstieg der Risikoscheu werden dann alle risikoreicheren Investments gemeinsam abgestraft.
Kurz- und mittelfristig sind die Korrelationen also Schwankungen unterworfen. Entsprechend variiert auch das Potential zur Risikoreduzierung durch Diversifizierung. Was wiederum nicht bedeutet, dass es völlig verschwindet. Denn auch im Februar gab es Anlageklassen, die sich gegensätzlich verhielten, insbesondere Euro-Anleihen. Nicht alles auf eine Karte – dies bleibt weiterhin eine der wichtigsten Grundregeln der Kapitalanlage. Diversifizierung beinhaltet aber auch die Notwendigkeit, sein Portfolio im Auge zu behalten und an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Der alleinige Rückgriff auf die Vergangenheit reicht nicht aus.
Was kann Diversifizierung nicht leisten?
Diversifizierung heißt nicht, dass man nie Geld verlieren wird. Diversifikation bedeutet auch keinen vollständigen Schutz vor kurzfristigen Kursverlusten. Sie garantiert nicht, dass der Kursrückgang eines Investments durch den Kursanstieg eines anderen völlig ausgeglichen wird. Es gibt Zeitpunkte, in denen durch die Bank weg (fast) alle Anlageklassen fallen. Daher sollten Anleger immer ausreichend Liquidität vorhalten (Geldmarktanlagen wie Festgeld), um solche Phasen überbrücken zu können.
Wie diversifizieren?
Die Fondsanlage ist ein Paradebeispiel für die Diversifizierung. Die Anlage in einer Vielzahl von Wertpapieren aus verschiedenen Branchen und Regionen bietet eine bessere Risikostreuung als das Direktinvestment in einzelne Wertpapiere.
Daneben ist es wichtig, in Abhängigkeit von der persönlichen Risikoneigung und dem Zeithorizont über Anlageklassen zu diversifizieren. Zu den wichtigsten zählen Aktien, Anleihen und Kasse. Daneben gibt es Immobilien, Rohstoffe und alternative Investments (wozu Hedgefonds und Private Equity gezählt werden).
Auch innerhalb der Anlageklassen ist eine weitere Streuung möglich – bei Aktien u.a. auf Basis von Regionen, Branchen, Anlagestilen und Marktkapitalisierung und bei Anleihen anhand von Kreditqualität, Laufzeiten und Währungen. Die Möglichkeiten der feineren Unterteilung sind endlos. Um nicht den Überblick zu investieren, sollten Anleger sich vor allem auf die Diversifizierung über Anlageklassen konzentrieren. Mit Hilfe von Fonds kann dies relativ einfach bewerkstelligt werden. Innerhalb der Anlageklassen bieten sich für die meisten Anleger breit gestreute Fonds an. Es gibt unzählige Spezialitätenfonds – nicht jeder aber benötigt den neuesten Klimawandelfonds oder das Produkt für asiatische Lokalwährungsanleihen. Weniger ist in diesem Fall dann doch oft mehr.
Autor: Natalia Wolfstetter, Fondsanalystin bei Morningstar Deutschland
Der Fachartikel wurde auf Fonds-Reporter veröffentlicht : http://www.fonds-reporter.de
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