Kommentar
10:50 Uhr, 22.08.2017

Neuer Schuldenrekord!

Amerikanische Haushalte greifen wieder richtig zu – bei den Schulden. Der rekordhohe Schuldenberg wird kaum ohne Folgen bleiben.

Jedes Quartal wird die Schuldensituation der amerikanischen Haushalte erhoben. Wie sich jetzt zeigt, wurde im vergangenen Quartal ein neuer Rekord erreicht. Insgesamt drücken 12,84 Billionen Dollar die amerikanischen Privathaushalte (siehe Grafik).

Dieser Wert ist hoch, doch im Vergleich zum bisherigen Rekord im Jahr 2008 fast nicht der Rede wert. Damals lag der Schuldenberg bei 12,68 Billionen. Seither hat sich viel getan. Die Wirtschaftsleistung ist zum Beispiel gestiegen. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung ist der Schuldenberg also keinesfalls auf einem Rekord.

Dass der Schuldenberg langsamer als die Wirtschaft wuchs, ist vor allem der Krise zu verdanken. Privatpersonen verbrannten sich ordentlich die Finger. Bis zu 10 Millionen Immobilien wurden zwangsvollstreckt. Das bedeutete für die Menschen selbst einen großen finanziellen Verlust, aber auch für die Banken. In der Folge nahmen Haushalte weniger Schulden auf bzw. versuchten diese abzuzahlen und Banken wurden vorsichtiger bei der Kreditvergabe.

Die Schulden sanken bis 2013 auf 11,15 Billionen Dollar. Das ist immerhin etwas. Nach einer großangelegten Entschuldung sieht das allerdings nicht aus. Das ist gerade einmal ein Rückgang um 12 %. Relativ zur Wirtschaftsleistung ist der Rückgang größer, ungefähr 20 %. Ein Rückgang der Schulden um magere 20 % ist allerdings nicht genug, um maßlose Überschuldung abzubauen.

Besonders problematisch ist die Zusammensetzung der Schulden. Teurere Kredite (hohe Zinsen) gewinnen an Bedeutung. Für Kreditkartenschulden zahlt man zweistellige Prozentsätze. Für Hypotheken zahlt man gerade einmal 3 %. Bei Hypotheken steht zumindest ein Wert dahinter, eine Immobilie. Wer mit der Kreditkarte Konsum finanziert, hat deshalb nicht unbedingt auch höhere Assets.

Obwohl die Zinsen niedrig sind und der Schuldenberg nicht wesentlich höher als 2008, zahlen Haushalte die gleiche Summe an Zinsen. Unterm Strich hat sich der Zinssatz, der gezahlt wird, nicht verändert. Das liegt eben daran, dass Haushalte mehr Kredite haben, auf die höhere Zinsen anfallen.

Langfristig ist das problematisch, zumal der Schuldenberg wieder wächst. Er wächst langsamer, aber beständig. Das gräbt zukünftigen Spielraum ab. Man darf auch nicht vergessen, dass die Schulden vor allem von den Haushalten aufgebaut werden, die wenig haben. Diese Haushalte finanzieren ihren Konsum auf Kredit. Das kann nur böse enden.

Persönlich sehe ich die Entwicklung skeptisch. Der Schuldenabbau war zu kurz, um den US-Konsumenten langfristig ausreichend zu entlasten. Kehrt sich der Trend auf dem Arbeitsmarkt erst einmal um, sind gleich sehr viele Haushalte unter Wasser. Die US-Wirtschaft lebt allerdings vom Konsum, sodass es der nächste Abschwung ganz schön in sich haben kann.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • thomas84
    thomas84

    Märkte dürfen heute und morgen gerne mal nach unten taumeln

    14:24 Uhr, 22.08. 2017
  • Morningstar
    Morningstar

    Genau, alles soweit im Rahmen. Nein, ist es eben nicht. Die gestiegene Wirtschaftsleistung wird auf Pump finanziert. Staaten und Konsumenten werden bei ansteigendem Zinsniveau extrem belastet. Betrachten wir doch die derzeitige Situation realistisch. Lender of last Resort sind die Zentralbanken, die mit ihrer mittlerweile schier unfassbaren Bilanzsumme versuchen, die durch immer höhere Verschuldung ansteigende Zinslast gegen null zu drücken (was momentan auch gelingt). Bondmärkte sind de facto nicht mehr funktionierend in Japan und eigentlich auch in Europa. Neudeutsch heisst das Aufkaufen von Bonds aller Arten übrigens Geldpolitik oder übersetzt versteckte Staatsfinanzierung mit subventioniertem Zinssatz. Daher ist das Abfeiern von Wirtschaftswachstum bei gleichzeitigem Schuldenwachstum eine absolute verblendete Milchmädchenrechnung. Das die Volkswirtschaften schon lange nicht mehr ohne massivste Interventionen der Zentralbanken funktionieren können ist mehr als nur ein Warnsignal, aber wer will schon aufhören zu tanzen solange die Musik so wohlklingend spielt.

    13:33 Uhr, 22.08. 2017
  • Elchness
    Elchness

    Sieht für mich gar nicht so aus, als hätten die Kreditkartenschulden oder die Überziehungskredite höhere Werte als 2008 angenommen. Lediglich im Vergleich mit den Werten von 99-04 sehen die heutigen Werte höher aus.

    Was ich schlimm finde, ist die Entwicklung der Studienkredite. Die steigen ja massiv!

    Jetzt könnte man meinen, das sei nicht problematisch, weil da ja auch ein Wert, nämlich der zukünftige Verdienst dahinter steht. Aber in den USA wird, genauso wie in jedem anderen Industrieland auch, sehr viel Brotlose Kunst studiert und mit einem Major in "Women's Studies" bekommt man halt keinen Arbeitsplatz.

    11:14 Uhr, 22.08. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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