Kommentar
14:10 Uhr, 03.12.2021

Neue Coronawelle bedeutet nicht automatisch Rezession für die Wirtschaft

Es wirkt wie eine Wiederholung des letzten Winters. Es beginnt mit der Ankündigung zeitlich beschränkter Maßnahmen und ehe man sich versieht, sind drei Monate vergangen und die Wirtschaft steckt in der Rezession.

Eine Rezession muss dieses Mal kein Automatismus sein. Es ist natürlich vollkommen klar, dass gewisse Branchen nicht wachsen können. Dazu zählt etwa der Tourismus. Die am stärksten betroffenen Branchen sind jedoch nicht jene, die das größte Gewicht in der Wirtschaft haben.n Zudem gibt es eine große Hoffnung. Größere Produktionsunterbrechungen sollten ausbleiben. Das ist für das Wachstum von entscheidender Bedeutung. Selbst wenn die Nachfrage in gewissen Bereichen zurückgeht, kann die Produktion diesen Trend bis zu einem gewissen Grad auffangen. Wieso aber sollte weiter unter Volldampf produziert werden, wenn die Nachfrage sinkt? Um das zu verstehen, muss man etwas ausholen.

Als Beispiel dient die US-Wirtschaft. Das Prinzip ist in Deutschland und den meisten anderen Ländern das gleiche. Zu Beginn der Krise stand die Produktion in Teilen der Wirtschaft still. Angesichts des erzwungenen Nachfrageeinbruchs machte das sogar Sinn.

Keiner erwartete, dass die Nachfrage so schnell zurückkommen würde bzw. sogar neue Rekorde aufstellt. Das unterscheidet die aktuelle Krise von anderen. Nach der Finanzkrise wurde weniger produziert. Gleichzeitig war auch die Nachfrage niedriger. In dieser Krise wurde weniger produziert, aber die Nachfrage stieg.

In der Folge sinkt der Lagerbestand. Das war zu Beginn der Krise der Fall und ist es immer noch (Grafik 1). Im Vergleich zum Trend ist die Lücke inzwischen riesig. In den USA beträgt diese Lücke über 500 Mrd. Dollar oder über 2 % der Wirtschaftsleistung.


Der Lagerbestand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist historisch niedrig. Nur 2010 nach der Finanzkrise gab es einen tieferen Wert. Dieser war gerechtfertigt, da auch die Nachfrage lahmte. Dieses Mal ist das nicht der Fall. Es gibt Güterknappheit.

Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sinkt der Lagerbestand seit Jahrzehnten. Lagerbestand ist teuer und effizienter Lieferketten ermöglichten eine Reduktion des Bestands. Jetzt zeigen sich die Probleme dieser Politik.

Unternehmen wären aktuell glücklich, wenn sie einen gewissen Puffer hätten. Die Produktion kommt jedoch kaum nach. Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Das zieht das Wachstum bis zu einem gewissen Grad nach unten. Der Aufbau eines Lagerbestands gilt als Investition. Wächst dieser an, bedeutet das auch Wirtschaftswachstum.


Sinkende Nachfrage im zweiten Coronawinter würde zum Teil den Aufbau eines Lagerbestands ermöglichen. Das stützt das Wachstum. Unternehmen wissen aus den letzten 20 Monaten, dass sie sich um die Abnahme der Güter keine Sorgen machen müssen. Der Anreiz zu produzieren ist hoch.

Der Aufbau eines Lagerbestands kann keinen Nachfrageeinbruch im zweistelligen Bereich ausgleichen. Da ein kompletter Lockdown unwahrscheinlich ist, dürfte der Nachfragerückgang dieses Ausmaß bei weitem nicht annehmen. Wachstum ist im zweiten Coronawinter möglich.

Clemens Schmale


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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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