Kommentar
08:30 Uhr, 29.07.2019

NETFLIX - Aktie des Streaming-Anbieters könnte sich dritteln!

Mit einem Aktienkurs von immer noch deutlich über 300 US-Dollar hat Netflix durchaus das Potenzial, noch einmal zwei Drittel seines Wertes zu verlieren.

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Die Quartalszahlen von Netflix kamen in der vergangenen Woche nicht gut an. Der Quartalsgewinn lag mit 270 Mio. US-Dollar unter Vorjahresniveau – und zwar gleich 100 Mio. US-Dollar darunter. Das war aber nicht einmal die Katastrophe, die mit einem Kurssturz von mehr als 10 % abgestraft wurde. Am Ende interessiert bei Netflix nämlich nur eine Zahl: Nutzerwachstum. Der Gewinn ist eigentlich unerheblich. Netflix wird an der Börse letztlich nicht nach Gewinn bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei mehr als 100. Selbst bei den kühnsten Annahmen und blindem Optimismus lässt sich diese Bewertung nicht rechtfertigen. Anleger preisen die Aktie nach Wachstum. Da kommt es auf Gewinn nicht wirklich an. Die Nutzerzahlen stiegen zwar, aber weniger als erwartet. Das war ein Problem...

Netflix Inc.
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Das Wachstum der Nutzerzahlen ist sehr vielen Jahren sensationell. Ein Blick auf die Zahlen über die vergangenen 10 Jahre zeigt, weshalb auch die Aktie kometenhaft zulegen konnte (Grafik 1).


Das Problem bestand im US-Geschäft. Hier sank die Zahl zahlender Nutzer zum ersten Mal seit 2011 (Grafik 2). Das Wachstum außerhalb der USA flachte weiter ab und lag mit 2,5 % so tief wie noch nie.

Ein schlechtes Quartal bedeutet nicht, dass es nun permanent bergab gehen muss. Auf Jahressicht liegt das Wachstum in den USA immer noch bei 7,4 % und international bei 30 %. Beide Werte sind allerdings so niedrig wie noch nie. Das Wachstum flacht also massiv ab.

Eigentlich ist das kein Wunder. Mit 60 Mio. Nutzern in den USA erreicht Netflix fast ein Fünftel der Bevölkerung. Viel mehr geht kaum, denn viele Haushalte können sich Netflix überhaupt nicht leisten. Gleichzeitig steigt die Angebotsvielfalt. Konsumenten müssen sich vermehrt entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben: Netflix, Disney, Apple, Spotify, ...?

Das Wachstum kommt aus dem internationalen Markt. Hier hat Netflix 90 Mio. zahlende Nutzer. Dass das Wachstum nun so dramatisch einbricht, lässt Böses erahnen. Das globale Potential ist wohlmöglich geringer als gedacht.


Würde Netflix die Preise senken, wäre das anders, aber es ist international nicht profitabel. Preiserhöhungen sind der einzige Weg, um das Geschäftsmodell nachhaltig zu gestalten, wenn Netflix werbefrei bleiben will. Preiserhöhungen sind aber kaum durchzusetzen. Sie waren der Grund für das negative Wachstum in den USA.

Kurz gesagt: Das Wachstum wird sich weiter abschwächen. Die Profitabilität bleibt massiv eingeschränkt. Wenn die Wachstumsstory jedoch nicht mehr zieht, was bleibt dann noch? Dann bleibt ein überbordender Schuldenberg (Grafik 4), der schon jetzt ein Horror ist. Netflix weist zwar einen Gewinn aus, verbrennt Cash aber schneller als Tesla. Ein Kompliment ist das nicht.

Vorausgesetzt, Netflix bleibt bei seinem Geschäftsmodell (keine Werbung), dann werden die Fakten mehr und mehr bei Anlegern wahrgenommen werden. Fundamentalanalytisch ist Netflix weder heute noch in 5 Jahren mehr als 100 uS-Dollar je Aktie wert. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass die Aktie schnell auf 100 Dollar fällt. Das wird Jahre dauern.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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