Nachschusspflicht für CFDs abgeschafft - Licht und Schatten
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Während dem wüsten Treiben mit Binären Optionen weiterhin zugesehen wird, macht die BaFin mit ihrer Drohung gegen CFDs ernst und verbietet ab August diesen Jahres Konten mit Nachschusspflicht in Deutschland. Zwar wurden praktisch sämtliche Einwände der Branche ignoriert, aber zumindest wurde auf Hebelbeschränkungen und Ähnliches verzichtet. Der unbedarfte Anleger wird damit sicherlich vor Unwägbarkeiten geschützt, aber zu welchem Preis?
Der CFD-Verband hat zu Beginn des Jahres mittels einer deutlichen Stellungnahme gegen die Pläne der BaFin schwere Geschütze aufgefahren gehabt. Die Finanzaufsicht zeigte sich davon unbeeindruckt, und verkündete gestern das Ende der Nachschusspflicht für CFD-Konten in Deutschland.
Die Allgemeinverfügung der BaFin
"Mit der Beschränkung des CFD-Handels machen wir erstmalig von der Möglichkeit zur Produktintervention Gebrauch"
So erklärt Exekutivdirektoren Elisabeth Roegele die Maßnahme der BaFin. Sie beschränkt damit die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference, CFDs). Kontrakte mit einer Nachschusspflicht dürfen Privatkunten ab Ende Juli nicht mehr angeboten werden.
Folgende Aussage finden wir zwar nicht ehrlich, da Gesagtes ja auch auf den viel kapitalintensiveren Futureshandel zutrifft, aber die Entscheidung ist nunmal so gefallen:
"Bei CFDs mit Nachschusspflicht hat die Aufsicht erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz. Sie haben ein für Privatkunden unkalkulierbares Verlustrisiko. Das Verlustrisiko ist nicht auf den Kapitaleinsatz des Kunden beschränkt, sondern kann sein gesamtes Vermögen erfassen und ein Vielfaches seines eingesetzten Kapitals betragen. „Das können wir aus Verbraucherschutzgründen nicht akzeptieren. Die Beschränkung des CFD-Handels ist deshalb ein notwendiger Schritt zum Schutz der Privatanleger."
Eine interessante Frage wird die Machbarkeit der Umsetzung. Wie also Brokern, die weiterhin Konten mit Nachschusspflicht anbieten, konkret die Werbung deutscher Kunden untersagt werden soll, etwa im Wege der persönlichen Weiterempfehlung.
Die Aussage der BaFin dazu:
"Der Verstoß gegen eine vollziehbare Produktintervention stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden kann. Die grenzüberschreitende Vollstreckung solcher Geldbußen ist im Ausland natürlich schwieriger, grundsätzlich aber im Wege der Vollstreckungshilfe möglich."
Reaktionen der Broker
Wir wollten natürlich wissen, was die Broker von dieser Entscheidung halten.
ADMIRAL MARKETS
"Admiral Markets UK und die Zweigniederlassung Berlin begrüßen die finale Entscheidung der BaFin zum höheren Verbraucherschutz", sagt Jens Chrzanowski vom Brokerhaus. "Alle notwendigen Aktualisierungen werden wir rechtzeitig umsetzen und unsere Kunden gesondert informieren. Unsere bisherige 'Negative Balance Protection Policy' umfasst diesen Schutz vor Nachschusspflichten seit Jahren bereits weitgehend, und wenn dies ab Spätsommer auch bei allen Wettbewerbern in diese Richtung geht, ist dies positiv!"
Mittlerweile ist auch eine ausführliche Stellungnahme von Admiral Markets UK online zu finden.
FXFLAT
"Ich finde das ist genau der richtige Ansatz, den die BaFin da wählt", so Rafael Neustadt, Geschäftsführer der FXFlat Wertpapierhandelsbank GmbH. "Kundenschutz Par excellence. Ich begrüße das sehr. Die Kunden müssen geschützt werden. Bisher fehlte sowieso die rechtliche Grundlage für etwaige Nachschussforderungen. Fazit: Gur für Deutschland, gut für die Kunden = gut für die gesamte Branche."
GKFX
„Wir begrüßen die Entscheidung der BaFin, die bereits im Dezember 2016 in Aussicht gestellt wurde. GKFX hat alle Vorkehrungen getroffen und wird in den nächsten Tagen auch offiziell auf die Nachschusspflicht verzichten, was bereits in der Vergangenheit in den meisten Fällen auf Kulanzbasis erfolgt ist oder durch unsere interne Negative Balance Protection abgedeckt war. Somit werden wir unsere Produkte und Services unseren Kunden in Deutschland weiterhin zur Verfügung stellen können. Auch dürfte der Verzicht auf die Nachschusspflicht bei negativen Kontoständen das Produkt CFD noch mehr in den Fokus der spekulativen Anleger rücken, die zwar bereits mit Derivaten wie Optionsscheinen, Zertifikaten oder auch binären Optionen gehandelt haben, aber CFDs, trotz der vielen Vorteile, aufgrund der möglichen Nachschusspflicht bislang gemieden haben.“
JFD BROKERS
Christian Kämmerer, Head of German Speaking Markets:
"Abschaffung der Nachschusspflicht – für JFD Brokers keine Überraschung. Denn bereits Ende Januar führten wir die Nachschusspflicht aus regulatorischer Sicht ab und waren somit als GAME-CHANGER in der Branche wieder einen Schritt voraus.
Aus Kundensicht ist die Entscheidung der Finanzbehörde ohne Zweifel zu begrüßen. Aus Sicht eines Brokers jedoch kaum nachvollziehbar. Nicht mehr als die Einlage verlieren zu können und trotzdem in den Genuss des Hebel-Effekts (Kredit durch den Broker) zu gelangen, ist wahrlich bemerkenswert. Dies wäre an den klassischen Future-/Terminmärkten der Welt nicht auszudenken.
Das Risiko trägt nunmehr klar der Broker. Wir sind jedoch vorbereitet und haben diverse Sicherungs- sowie Stop-Out-Systeme, um überschwängliche Verluste zu verhindern. Zudem stellte JFD Brokers bereits am historischen Tag des Schweizer-Franken-Desasters – 15.01.2015 – hervorragend unter Beweis, wie wir und insbesondere unsere Kunden mit Marktrisiken umgehen können."
Mehr Licht als Schatten
Soweit die offiziellen Reaktionen. Inoffiziell und hinter den Kulissen sind die Meinungen allerdings durchaus gespalten. Einerseits muss man schon schlucken, dass die potentielle Nachschusspflicht bei CFDs eine andere Gefahr sein soll als jene bei Futures, obwohl hier mit deutlich größeren Konten gehandelt wird. Und dass es viel dringender gewesen wäre, dem bunten Treiben mit Binären Optionen einen Riegel vorzuschieben, diese Ansicht teilt auch BrokerDeal.
Anderserseits blieb den Brokern wenigstens eine Hebelbeschränkung erspart. UND eventuell wird diese Maßnahme zur großen Chance, der mächtigen Optionsschein- und Zertifikatelobby tradingaffine Kunden abzuluchsen, da CFDs doch wesentlich kostengünstiger und transparenter sind. Und diese Lobby hat ja bisher wo sie nur konnte versucht CFDs in Misskredit zu bringen, mit Verweis auf die Gefahr mehr verlieren zu können als die Einlage.
Eine potentielle negative Gefahr lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht abschätzen: die Broker werden sehr viel Kapital rückstellen müssen für einen Worst Case wie den Schweizer Franken Schock. Das wird den Markteintritt neuer Anbieter massiv erschweren, bzw. bereits aktive Broker unter Kostendruck setzen. Das sollte langfristig den Großen der Branche helfen, und sollte daraus ein Oligopol entstehen, werden Spreads und Gebühren sicher nicht länger günstiger werden.
Fazit
Dem Privatanleger wird mit dieser Maßnahme mehr geholfen als geschadet, höhere Kosten oder schlechtere Spreads hat bisher noch kein Broker angekündigt. Trotzdem wirkt diese Verfügung der BaFin wie ein Schnellschuss aus der Hüfte, Maßnahmen auf anderen Baustellen wären eigentlich dringlicher gewesen. Die CFD-Branche kann jedenfalls aufatmen und wieder langfristige Planungen anstellen, und wird volle Attacke auf Optionsscheine und Zertifikate reiten.
Viel Erfolg beim Trading, und wenn Sie Hilfe benötigen um Ihren idealen Broker zu finden, nutzen Sie unseren Brokervergleich mit Geld zurück für jeden Trade.
Michael Hinterleitner
3 Kommentare
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