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10:34 Uhr, 25.10.2012

Nachhaltigkeitsanleger gewinnen im Rentenbereich an Gewicht

Stuttgart (BoerseGo.de) - Die Finanzkrise hat unter vielen Anlegern mit Blick auf nachhaltige Geldanlage zu einem Umdenken geführt: Mittlerweile wird auch im Bereich der Anleiheinvestments kontroverses Verhalten als wertvernichtend wahrgenommen. Der Druck zur Verhaltensänderung steigt – vor allem auch im Finanzsektor.

Aus Sicht von Nachhaltigkeitsinvestoren herrscht gerade im Finanzsektor bei vielen Emittenten noch Nachholbedarf. „Traditionell gilt der Finanzsektor unter Nachhaltigkeitsaspekten als ‚schwach‘“, erklärt Christoph Groß, Fondsmanager des LBBW Nachhaltigkeit Renten. Nur wenigen Instituten gelinge es, in den Nachhaltigkeits-Ratings gute Plätze zu belegen, die LBBW beispielsweise zähle unter Nachhaltigkeitskriterien zu den Top-drei-Instituten in Deutschland.

Häufig scheiterten Banken daran, dass sie vor allem bei der Kreditvergabepolitik intransparent seien. Selbst wenn viele Banken auf der Einlagenseite unkritisch arbeiteten, seien sie gerade in der Projektfinanzierung oder im Kreditgeschäft in kontroverse Themen verstrickt, etwa im Bereich Rüstung oder Kinderarbeit. „Wenn ein Institut, das nachhaltige Geschäftspolitik für sich reklamiert, aber im Rüstungsgeschäft engagiert ist, ist dies für Nachhaltigkeitsinvestoren ein Hinweis auf Mängel in der Prozesskette“, betont Groß. Nur mit einem Ausstieg aus solchen Geschäftszweigen sei es deshalb nicht getan, um Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen. „In der Regel muss sich der Kreditvergabeprozess und damit auch die Philosophie in der Organisation grundlegend ändern.“

Auch Anleiheinvestoren können über ihr Handeln Einfluss üben, allerdings nur indirekt: Denn anders als Aktionäre können Anleiheinvestoren als Fremdkapitalgeber nicht über aktives Engagement auf den Hauptversammlungen versuchen, das Verhalten von Unternehmen unter Nachhaltigkeitsaspekten positiv zu verändern. „Doch auch Anleiheinvestoren haben Möglichkeiten, Druck auf Emittenten auszuüben“, betont Christoph Groß. Große Investoren können hier Signalgeber sein, wenn sie etwa ankündigen, Anleihen bestimmter Emittenten nicht zu erwerben. „Wenn etwa der Norwegische Pensionsfonds ankündigt, einige Emittenten zu meiden, zeigt das Wirkung“, sagt Groß. „Aber auch kleinere Akteure können Einfluss nehmen, indem sie etwa bei Investorengesprächen gezielt entsprechende Schwachpunkte ansprechen und mit den Emittenten diskutieren.“ Hier sind nach Ansicht von Groß durchaus Verhaltensänderungen bei Emittenten zu bemerken.

Dennoch gebe es immer noch Unternehmen, die versuchten, über geschönte Nachhaltigkeitsberichte so genanntes Greenwashing zu betreiben. „Viele Unternehmen hoffen, dass sie hinter der grünen Fassade dann ihre Strukturen nicht ändern müssen“, sagt Groß. Doch auch hier wachse die Sensibilität. Die Ratingagentur oekom research, mit der Groß zusammenarbeitet, untersucht sehr genau solche Sachverhalte. „Ein Nachhaltigkeitsbericht reicht als Investmentgrundlage nicht aus“, betont Groß. Vielmehr müsse das Gesamtbild des Emittenten stimmen.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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