Kommentar
12:00 Uhr, 06.07.2010

Nachhaltige Banken werben mit doppeltem Gewinn - finanziell und idell

Erwähnte Instrumente

Die Finanz- und Wirtschaftskrise in den westlichen Industrieländern, ausgelöst von unverhältnismäßig profitgierigen Banken, hat nicht wenige Anleger dazu gebracht, ihr bisheriges Investitionsverhalten zu überdenken. Vor diesem Hintergrund verzeichnen Institute, die sich ethischen, ökologischen oder sozialen Zielen verpflichtet fühlen, einen deutlich verstärkten Kundenzulauf.Drei größere etablierte Exoten bieten sich auf dem deutschen Markt an: Die EthikBank, die Bochumer GLS-Bank und die Umweltbank aus Nürnberg. Die EthikBank wurde 2002 gegründet und verfügt über keine eigenen Filialen, sondern ist nur telefonisch oder per Internet erreichbar. Das Institut ist eine Zweigniederlassung der in Thüringen angesiedelten Volksbank Eisenberg, eine der 1.200 deutschen Volksbanken. Mit 8.000 Kunden – davon 1.500 Firmenkunden – und einer Bilanzsumme von nur 91 Mio Euro ist die EthikBank die kleinste der drei Spezialisten: Die 1974 gegründete GLS-Bank hat 73.000 Kunden, die an der Börse notierte und 1997 gegründete Umweltbank 80.000 Kunden.

Basis aller Geschäfte der EthikBank ist ihre sozialökologische Anlagepolitik – ein Mix aus Tabu- und Positivkriterien. So investiert die EthikBank Kundengeld nicht in Rüstungsgeschäfte, Atomkraft oder in Unternehmen, die Kinderarbeit zulassen. Darüber hinaus müssen die Unternehmen, die Geld von der EthikBank bekommen, sich aktiv für eine nachhaltige Wirtschaftsweise engagieren. Bedeutender Unterschied zu herkömmlichen Banken ist die eigene Bezeichnung „Gläserne Bank“: Die Anlagepolitik wird bis ins Detail offengelegt. EthikBank-Kunden können jederzeit überprüfen, in welche Wertpapiere die Bank investiert und wofür die Ökokredite verwendet werden.

Auch die größere GLS-Bank investiert ausschließlich in wirtschaftlich, ökologisch und ethisch sinnvolle Unternehmen und Projekte. Transparenz ist garantiert: Die Bank berichtet öffentlich, welche Unternehmen und Projekte finanziert werden. Zusätzlich können die Kunden in breitem Rahmen sogar mitbestimmen, in welchen Bereichen ihr Geld investiert werden soll.

Die UmweltBank wiederum ist die einzige Bank Deutschlands, die durch ihre Geschäftstätigkeit in jeder Hinsicht zum Schutz der Umwelt beitragen will. Gefördert werden vor allem Projekte aus den Bereichen Erneuerbare Energien und ökologisches Bauen. Sonne und Ökohäuser liegen derzeit vorn (siehe Grafik). Die börsennotierte Bank ist seit ihrer Gründung rasant gewachsen: Deutschlandweit gefördert wurden bislang 12.276 Umweltpro­jekte, allein im Jahr 2009 kamen über 1.100 neue dazu. Das Geschäftsvolumen stieg 2009 um 30,4 Prozent auf 1,65 Mrd Euro (Vorjahr: 1,27 Mrd Euro), die Bilanzsumme um 29,3 Prozent auf 1,50 Mrd Euro (Vorjahr: 1,16 Mrd Euro).

Saubere Sache: Umweltbank-Kreditgeschäft nach Branchen und Volumen

Erfolg ruft den Wettbewerb auf den Plan

Aufgrund des großen Erfolgs nachhaltiger Banken sind mehrere Institute neu am Markt: So ist seit Dezember 2009 die Triodos-Bank in Deutschland aktiv. Die niederländische Bank finanziert ausschließlich „Unternehmen, Institutionen und Projekte, die zum Wohl der Menschen und der Umwelt beitragen und sozialen oder kulturellen Mehrwert schaffen“, wie es in der Satzung heißt. Mit Niederlassungen in den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Spanien und Deutschland und einem Geschäftsvolumen von rund fünf Mrd Euro ist die Triodos Bank Europas führende Nachhaltigkeitsbank. Die Bank betreut rund 15.000 Geschäftskunden und 230.000 Privatkunden. Von der „Financial Times“ und der IFC, eine Organisation der Weltbank, wurde die Bank zuletzt mit dem Titel „Nachhaltige Bank des Jahres 2009" ausgezeichnet. Begutachtet wurden 165 Institute aus 42 Ländern. Die Triodos Bank ist Mitglied der Global Alliance for Banking on Values. Diese Organisation besteht aus den elf führenden Nachhaltigkeitsbanken in Asien, Lateinamerika, Nordamerika und Europa.

Den genannten Banken ist gemeinsam, dass sie leistungsstarke Finanzprodukte mit ethischer Arbeitsweise kombinieren wollen. Auch ohne im Unterhalt teure Filialen werden Anleger und Kreditnehmer persönlich beraten und individuell betreut. Per Telefon, Fax, E-Mail und Internet sind die Ansprechpartner bequem erreichbar. Und in Zukunft dürften Kunden bei nachhaltigen Banken weiterhin gut beraten sein: Laut einer Ende Juni 2010 erschienenen Umfrage unter Finanzexperten – durchgeführt vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) – sind rund 43 Prozent der Befragten der Meinung, der Kundenzulauf zu nachhaltigen Banken werde auch in den kommenden Jahren anhalten. Nur eine Minderheit von einem Drittel der befragten Experten ist dagegen der Meinung, „Social Banking“ sei nur ein kurzfristiges Phänomen.

Ungeachtet des sichtlichen Erfolgs nachhaltiger Banken sind rund 43 Prozent der Experten jedoch skeptisch, dass konventionelle Banken ihre Strategien und Produkte stärker an ethisch-ökologischen oder sozialen Zielen ausrichten werden: Ethisch und ökologisch motivierte Produkte seien ihrer Meinung nach aufgrund geringerer Rendite unattraktiv für preissensitive Kunden.

Stimmt die Rendite, ist dennoch Vorsicht angesagt. Die Gefahren bei Banken, die neu am Markt sind und mit besonders attraktiven Konditionen werben, sollten nicht aus den Augen gelassen werden. So lockt die im Sommer 2009 aus der Taufe gehobene noa bank (15.000 Kunden) mit 3,5 Prozent für Festgeld und 2,2 Prozent für Tagesgeld . Die Bank versteht sich selbst als Zusammenschluss von Menschen, deren Berufung es sei, die reale Wirtschaft zu finanzieren. „Wir stellen die verloren gegangene Verbindung zwischen den Sparern und den Darlehensnehmern wieder her“, werben die Gründer. Die Bank geht davon aus, dass Anleger aktiv die Tätigkeit oder Region des Darlehennehmers fördern wollen und bietet deshalb vier Themenkonten an: Region (unterstützt die Wirtschaft und Arbeitsplätze in einer vom Kunden gewählten Region), Planet (erneuerbare Energien und Naturschutz), Leben (Gesundheitsmarkt) und Kultur (unterstützt Künstler und kulturelle Aktivitäten).

Derzeit ist die Verbindung zwischen Anlegern und Darlehensnehmern allerdings ins Stocken geraten und die Bank findet sich in den Schlagzeilen wieder: Das Institut mit Sitz in Frankfurt am Main hat die Festgeldvergabe sowie die Annahme von Einzahlungen auf Tagesgeldkonten seit Ende Juni eingestellt. Nach Berichten u.a. im „Manager-Magazin“ über das Vorleben der noa-Geschäftsführer und deren noa-Vorgängerbank Quorum AG, die sich mehrmals vor Gericht wiederfand, heißt es aus der Finanzbranche, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) prüfe seit voriger Woche die noa-Bank.

Für viele konventionelle Banken ist das schnelle Geld mit dem expliziten Moralaspekt ebenfalls nichts weniger als verlockend. Sie nehmen verstärkt grüne und nachhaltige Geldanlagen mit ins Portfolio, um interessierten Kunden entsprechende Finanzprodukte anbieten zu können. Obwohl diese Finanz-Produkte in nachhaltige Projekte investieren, kann keine Rede davon sein, dass die Finanzinstitute als Ganzes nachhaltig agieren. Die Grenze zum aus der Industrie bekannten sogenannten Greenwashing ist fließend. Kunden, die sich für ein breites Spektrum von Nachhaltigkeit engagieren wollen, sollten deshalb genau hinsehen, welchen Banken sie den Vorzug geben wollen.

Mehr zu nachhaltigen Banken lesen Sie in der kommenden Ausgabe unserer Newsletter-Publikation „Klimawandel & Investments“, die am 15. Juli erscheint. Den Newsletter können Sie unter www.godmode-trader.de/service/newsletter/b2ckostenlos abonnieren.

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