Mythos Sparen: So entsteht Kredit wirklich
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In ihrem Paper „Money Creation in the Modern Economy“ geht die Bank of England (BoE) gleich einmal mit all jenem hart ins Gericht, was heutzutage an Schulen und Universitäten verbreitet wird. Dort lernt man, dass Kredite eine Funktion der vorhandenen Guthaben bei Banken sind. Banken werden als Intermediäre beschrieben. Sparer haben ihr Geld bei einer Bank liegen. Diese wiederum vergibt dieses Geld als Kredit an andere Personen und Unternehmen.
Banken, so der Irrglaube, bringen Sparer und Kreditnehmer zusammen.
In Wirklichkeit ist das nicht so.
Mit gewissen Limitierungen ist Kreditvergabe vollkommen losgelöst von Guthaben von Sparern bei Banken. Die BoE geht sogar soweit und sagt, dass Guthaben durch Kredit kreiert wird. Damit hat sie in gewissem Maße natürlich Recht. Vergibt eine Bank Kredit, dann landet dieser ja als Guthaben auf dem Konto des Schuldners.
Kreditvergabe ist keine Funktion des Sparens. Die BoE interpretiert Sparen als einen Prozess, der der Wirtschaft Geld entzieht. Liegt Geld auf dem Konto, dann wird es nicht ausgegeben und kann die Wirtschaft nicht ankurbeln.
Zentralbanken wird die Fähigkeit zugesprochen, einen gewissen Multiplikatoreffekt herbeiführen zu können. In der Theorie funktioniert das so, dass Zentralbanken einen Reservesatz festlegen. Dieser liegt z.B. bei einem Prozent. Für 100 Euro Kredit müsst eine Bank dann einen Euro an Reserven vorhalten. Die Theorie stimmt grundsätzlich. In der heutigen Zeit steuern Zentralbanken diesen Effekt jedoch nicht so sehr durch die Veränderung der Reservesätze, sondern vielmehr durch den Preis der Reserven. Der Preis sind die Zinsen.
Die Kreditvergabe wird nicht über den Reservesatz gesteuert. Vielmehr entscheiden Banken zuerst darüber. wie viel Kredit sie vergeben wollen. Das hängt davon ab, wie profitabel sie das Geschäft einschätzen. Entscheidet eine Bank wie viel Kredit sie vergeben möchte, kreiert sie dadurch Guthaben. Für diese Guthaben müssen Reserven vorgehalten werden, um regulatorische Bestimmungen einzuhalten. Diese benötigten Reserven erhalten Banken heutzutage auf Nachfrage bei der Zentralbank. Kredit ist damit keine Funktion von Reserven, sondern Reserven eine Funktion von Kredit.
Obwohl sich die Bilanz der Banken verändert, muss sich die Bilanz der Zentralbank nicht unbedingt verändern. Ob sie sich verändert, das hängt von den Geschäftsbanken ab. Müssen sie mehr Reserven halten und haben sie diese nicht ohnehin schon in ihrer Bilanz, dann müssen sie im Tausch für Assets aus ihrer Bilanz die Reserven erhöhen. Dann würde sich auch die Bilanz der Zentralbank verändern. Ist das nicht der Fall, dann sieht die Bilanz der Zentralbank nach Kreditvergabe von Geschäftsbanken genauso aus wie vor der zusätzlichen Kreditvergabe (Abbildung 2).
Die BoE macht deutlich, dass Bankguthaben für Banken keine Assets sind, die sie per se verleihen können. Sie sind Verbindlichkeiten (Liabilities) gegenüber ihren Kunden. Ebenso können Banken ihre Reserven nicht verleihen – zumindest nicht an ihre Privat- oder Geschäftskunden. Das geht nur über den Interbankenmarkt. Sie können ihre Reserven anderen Banken leihen. Konsumenten haben schließlich keinen Zugang zu den Reservekonten der Zentralbank. Konten bestehen bei Banken und nicht der Zentralbank. Banken hingegen haben einen Zugang zur Zentralbank.
Einlagen werden geschaffen, indem neuer Kredit vergeben wird. Einlagen werden zerstört, wenn Kredit zurückgezahlt wird. Konsumenten und Unternehmen sind vor allem derzeit nicht die einzigen Akteure, die für Bewegung auf der Einlagenseite sorgen können. Kaufen Banken oder Zentralbanken Assets, z.B. Staatsanleihen, dann kaufen sie diese von Personen oder Unternehmen. Dadurch kreieren (Zentral)Banken Einlagen zugunsten der Verkäufer von Assets. Kauft die EZB für eine Billionen Euro Staatsanleihen, dann wird das Geld für den Kauf den Verkäufern gutgeschrieben. Das Geld wird dann höchstwahrscheinlich in andere Assets fließen.
Begeben Banken Anleihen, um sich fremd zu finanzieren, dann kaufen Anleger die Schuldtitel. Gezahlt wird dafür mit Einlagen. Diese sind dadurch im Tausch zu den Anleihen zerstört. Sie können zwar meist gehandelt werden, aber das ändert nichts daran, dass irgendjemand für sie zahlen muss. Banken haben dadurch den Vorteil von einer Verbindlichkeit, die ungleich zu Einlagen, nicht einfach abgehoben werden kann. Das stärkt die Position der Bank, weil das Geld nicht einfach abgezogen werden kann.
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*die Reserven waren nicht da..
Toller Artikel, spannende Kommentare. Allgemein habe ich jedoch meine Bauchschmerzen wenn nun ausgerechnet die BoE der Welt die Geldwirtschaft erklären möchte. Das aber ist meine ganz private Verschwörungstheorie und hat mit dem britischen (Teflon-)Pfund zu tun...
Ich wage mich dann mal auf dünnes Eis indem ich behaupte, hier stimmt etwas nicht. Dünnes Eis weil ich eigentlich eher Fragen habe:
Die Schemata des Hr. Schmale sind vollständig und rund solange jeder Kredit zur Einlage wird. Im Text heisst es dann aber auch, "...Geld wird in ... andere Assets fliessen". Gut, diese Assets können nun aber sehr unterschiedlich ausgestaltet sein.
Daniel Kühn schreibt im Kommentar auch, dass Anleihen zu Bargeld führen welches vorher nicht da war. Somit kommt dem Sachwert eines Assets eine Rolle zu.
Zum Einen sehe ich hier die Bewertung der Anleihenbesicherung nach Kühn als übersehen an. Dieser Wert dort kann in einem Bilanzwert bestehen und somit bereits Teil des obigen Geldsystems gewesen sein. Oder aber aus Wertschöpfung geschaffen sein. In beiden Fällen doch aber nicht "aus dem Nichts" ? Diese Werte sind oder waren bereits Bestandteil des Geldsystems, wurden "nur" in anderen Zuständen gegenwärtig. Oder ?
Zum Anderen verstehe ich dann gerade den klassischen Konsumentenkredit nicht mehr: Über Kredit wird ein Luxus-Auto gekauft, der Kredit wandert über den Händler wieder zur Bank und schliesst diesen Kreis, gut. Nun muss aber der Eigentümer des Wagens den Kredit zurückzahlen und liefert so Liquidität der Bank gegen Reduzierun des Kredits. Gleichzeitig wird sein Auto schnell wertloser. (Bei guter Wahl sehr schnell)
Also wurde ein unterstellter erster Kredit zum Neuwagen. Die Bezahlung durch den Käufer erfolgte über einen zweiten Kredit. Dieser zahlt damit den ersten Kredit (über den Händler) ab und bekommt Ware. Den zweiten Kredit zahlt er dann aber auch noch ab, der Wert seiner Ware aber verdunstet zu einem Grossteil. Somit müßten doch JETZT Einlagenguthaben gemehrt worden sein ? Niemand wird in gleicher Höhe Geld benötigen, um nun den geminderten Warenwert zu übernehmen.
Habe ich jetzt zuviel oder zuwenig abstrahiert ?
Ich finde also gerade keinen Platz für die Sachwerte in dem Spiel ? Mithin das Debakel der Immobilienkrise in den USA 2007 ff. Wären die Sachwerte jedoch preisstabil, erkenne ich neben einem Tausch (Wert gegen Liquidität) keine Geldvermehrung ??
Vielleicht kann mir jemand diese Knoten entwirren...
QE ist sehr wohl mit Gelddrucken gleichzusetzen
Es entspricht 1:1 dem Vorgang, dem Verkäufer der Anleihen Bargeld auszuhändigen, und dieses Bargeld hat vorher nicht existiert. Es ist also "elektronisch gedruckt" worden.
Dass dieses neue Geld dann in der Realwirtschaft nicht oder nur sehr spärlich ankommt, ist wieder ein anderes Thema. Es gibt eben 2 große, weitgehend in sich geschlossene Geldkreisläufe, und der eine wird immer größer...das ist auch der Hauptgrund dafür, dass die Geldumlaufgeschwindkeit im Trend fällt. Dazu muss man sich nur mal die Berechnungsmethode ansehen
Weil Kredit keine Funktion von Reserven ist, ist QE auch kein "Money Printing". Überschussreserven verhindern sogar die Kreditvergabe, weil Banken entweder Eigenkapital erhöhen, oder hohe Einlagen (Versicherungskosten) akzeptieren müssen.
Woraus man schlussfolgern kann: Die besten Finanzierungsinstrumente für Banken sind Kreationen, welche fast ständig im Minus notieren. Also Anleihen bei steigenden Zinsen oder Derivate, die sich im Laufe der Zeit allmählich in Luft auflösen.
Aber das wussten sie selber hoffentlich schon vorher....?!