Kommentar
11:22 Uhr, 06.12.2006

Mit den Renditen geht es weiter abwärts

Der US-Dollar bleibt gegenüber den meisten Währungen unter Druck. An den internationalen Rentenmärkten geht es mit den Renditen weiter abwärts. EZB wird den Leitzins auf 3,5 Prozent anheben.

Dollar-Talfahrt setzt sich fort

Dominierendes Thema an den Finanzmärkten ist weiterhin der ungebremste Dollar-Verfall. Diese Entwicklung strahlt sowohl auf die Renten- als auch die Aktienmärkte ab. In der letzten Woche verlor der Greenback erneut gegenüber allen wichtigen Währungen spürbar an Wert. Gegenüber dem Euro büßte er dabei gut zwei Cent ein. Zur Erinnerung: Mitte Oktober mussten für einen Euro lediglich 1,25 US-Dollar bezahlt werden.

Die Schwäche des US-Dollar deutet darauf hin, dass die Devisenmarktteilnehmer immer mehr auf eine Lockerung der amerikanischen Zinspolitik setzen. Der am Freitag veröffentlichte ISM-Einkaufsmanagerindex hat sie in ihrer Meinung vermutlich noch einmal bestärkt. Mit 49,5 Punkten lag der wichtigste Konjunkturfrühindikator erstmals seit über drei Jahren unter der Marke von 50 Punkten, welche die Schwelle zwischen einer wachsenden und einer schrumpfenden Wirtschaft repräsentiert. Die Rezessionsangst nimmt zu und damit die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank früher als bislang angenommen die Zinsschraube lockert. Die Attraktivität von USD-Anlagen dürfte damit in nächster Zeit abnehmen. Allerdings herrscht Ungewissheit darüber, inwieweit etwa die chinesische Zentralbank tatenlos dem Wertverfall ihrer USD-Reservebestände zusieht. Gegenmaßnahmen zu Stärkung der amerikanischen Währung können daher nicht ausgeschlossen werden.

Euroland: EZB vor nächster Zinsanhebung

Der starke Euro kommt den Notenbankern in Frankfurt sicherlich zupass, mindert er doch den von der Importseite ausgehenden Inflationsdruck in den Mitgliedsländern der Währungsunion. Dies wird aber nichts daran ändern, dass sie am Donnerstag dieser Woche erneut die Leitzinsen anheben werden. Dieser Schritt wurde schon vor längerem mehr oder minder verklausuliert bekannt gegeben. Ob bei einem Hauptrefinanzierungssatz von 3,5 Prozent dann Schluss mit Zinserhöhungen ist, darüber herrscht derzeit am Geldmarkt Rätselraten.

Wie bereits vorab berichtet wurde, dürften die von der Europäischen Zentralbank erstellten Inflationsprojektionen für die beiden kommenden Jahre zurückgenommen werden. Im Jahr 2008 sollte die Teuerung demnach erstmals seit acht Jahren sogar wieder unter dem Zielwert von zwei Prozent liegen. Da die EZB ihre Geldpolitik explizit an den mittelfristigen Inflationsaussichten ausrichtet, könnte dies ein Signal für ein absehbares Ende des Zinserhöhungszyklus sein. Doch noch ist es nicht soweit, zumal weiterhin Inflationsrisiken bestehen. Neben dem unerwünscht starken Geldmengenwachstum zählen hierzu insbesondere unerwartete Lohnsteigerungen sowie neuerlicher Aufwärtsdruck bei Öl- und Energiepreisen.

Die Rentenmärkte im Euroraum zeigten sich in der Vorwoche erneut von ihrer guten Seite. Die Renditerückgänge am kurzen Ende fielen dabei noch stärker aus als in den längeren Laufzeiten, sodass die Zinskurve nun wieder etwas steiler verläuft.

USA: Renten tendieren weiter freundlich

So niedrig wie derzeit haben die US-Renditen zum letzten Mal im Januar dieses Jahres gelegen. Zehnjährige US-Schatzanleihen rentieren nur noch mit 4,4 Prozent. Zieht man hiervon die Kerninflation von zuletzt 2,7 Prozent ab, verbleibt eine magere Realrendite von 1,7 Prozent. Und der Druck auf die Inflation dürfte mit dem schwächeren US-Dollar eher noch zunehmen. Widersprüchliche Signale von Konjunkturseite sorgen zusätzlich für Unsicherheit unter den Bondmarktteilnehmern. Einerseits schürte der schwache ISM-Index die Rezessionsängste, andererseits sorgte die Aufwärtsrevision der Wachstumszahlen für das dritte Quartal auf 2,2 Prozent zeitweise für etwas Entspannung. Die Skepsis scheint aber zu überwiegen. Aufgrund der Tatsache, dass der Renditerückgang am kurzen Ende noch stärker ausfiel, hat sich die Inversion der US-Zinskurve etwas abgemildert. Erste Zinssenkungen der US-Notenbank rücken nach Meinung vieler Marktteilnehmer langsam in Sichtweite.

Ausblick

Im Euroraum richten sich die Blicke in dieser Woche vor allem auf die EZB. Neben der Zinsentscheidung und dem darauf folgenden Statement steht noch die Veröffentlichung der Inflations- und Konjunkturprojektionen auf der Agenda. Darüber hinaus werden noch der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor und die Einzelhandelsumsätze bekannt gegeben. Aus den USA werden vor allem die Arbeitsmarktdaten mit Spannung erwartet. Nach dem ernüchternden ISM-Index könnte hier der nächste Rückschlag erfolgen. Die Rentenmärkte und der Devisenmarkt werden vor diesem Hintergrund wohl keine beschauliche Adventszeit erleben.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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