Kommentar
10:45 Uhr, 30.07.2008

Mit dem Expander wie Phönix aus der Asche

Als Zertifikate-Anleger sollte man immer auf die Fitness seines Depots achten. So war es nach diversen Sprint- oder Triathlon-Produkten wohl auch nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Expander-Papiere das Licht der Zertifikatewelt erblickten, zuerst als sogenannte Zinsdifferenz-Produkte aufgelegt, hat die Deutsche Bank nun ganz aktuell eine neuartige Struktur unter dieser Bezeichnung lanciert. Von der Ausrichtung her ähnlich wie bei den wenigen bisher emittierten Revival-Bonus- oder Outperformance-Plus-Zertifikaten, die erst nach einem Kursrücksetzer auf eine bestimmte vorher festgelegte Barriere mit einer gehebelten Performance-Chance ab diesem niedrigeren Niveau zurückkommen, setzen auch die neuen Expander-Zertifikate auf ein in der Folgezeit vorhandenes Rückschlagspotential beim Basiswert, nur in einer etwas anderen Form.

So partizipiert der Anleger auch hier überproportional von einer Jojo-Bewegung des zugrundeliegenden Underlyings dergestalt, dass für jedes Zertifikat von vornherein zunächst bestimmte unter dem Auflageniveau liegende Aktivierungsschwellen festgelegt werden, die beispielsweise für das Allianz-Papier ausgehend von einem Anfangslevel bei 102,56 Euro bei 92,30 (90%), 82,05 (80%) und 71,79 Euro (70%) fixiert sind. Sollte der Versicherer während der immerhin vierjährigen Laufzeit die eine oder andere Marke berühren oder unterschreiten beginnt die wundersame Geldvermehrung mittels zusätzlicher Knock-In-Optionen, sofern der Basiswert bei Fälligkeit wieder darüber ins Ziel kommt.

Geht man beispielsweise davon aus, dass die Allianzaktie am Ende bei 150 Euro steht und während der Laufzeit im Zuge der Finanzmarktkrise noch ihre 90er- und 80er-Schwelle berührt hat, dann sähe die Endabrechnung folgendermaßen aus, wobei zusätzlich ein sogenannter Expanderfaktor von hier 0,35 berücksichtigt werden muss: 150 Euro für die normale Aktienkursentwicklung, zuzüglich der Summe der Differenzen zwischen diesem Endstand und den beiden erreichten Aktivierungsschwellen jeweils multipliziert mit 0,35, also 150 + (150-92,30) x 0,35 + (150-82,05) x 0,35. Das führt im Ergebnis zu einer Rückzahlung von 193,98 Euro, was immerhin um fast 30 Prozent über der Kursentwicklung des Direktinvestments liegt. Geht die Sache nicht ganz so glatt aus und entstünde bei Fälligkeit sogar ein Verlust in der Aktie, dann würde solange zumindest noch eine höhere Tilgungssumme erstattet, wie der Schlusskurs über der tiefsten Aktivierungsschwelle steht. Im anderen Fall hätte der Expander versagt und der Zertifikate-Inhaber wäre dem Aktionär gleichgestellt, vernachlässigt man dabei einmal die in den vier Jahren gezahlten Dividenden, die vom Emittenten für die Finanzierung der Struktur beim Zertifikat von vornherein vereinnahmt werden.

Der Anleger kann sich unter den fünf anfänglich angebotenen Basiswerten selbst denjenigen aussuchen, dem er einen besonders starken Rückschlag in Verbindung mit einer hoffentlich noch größeren Erholung zutraut. Ingesamt stehen neben der Allianz auch noch Lufthansa und die Deutsche Telekom, sowie die besonders heftig verprügelten Aktien von Daimler und der Deutschen Bank zur Auswahl, wobei bei den beiden Letzteren die drei Aktivierungsschwellen mit 85, 70 und 55 Prozent schon einmal vorsorglich etwas weiter zurückgenommen wurden, was wiederum bedeutet, dass die erwünschten Kursverluste hier noch einmal etwas deutlicher ausfallen müssen, um überhaupt die Aufhol-Chance nutzen zu können.

Der BörseGo Tipp:

Die Deutsche Bank scheint bei ihren neuen Expander-Zertifikaten genau den Geschmack der Zeit getroffen zu haben. Denn bei diesem Produkttyp kann die Finanzmarktkrise eigentlich gar nicht lange genug dauern, bevor die Märkte wieder nach oben drehen. Vielleicht hätte man das Quintett etwas mutiger sogar als Crash-Zertifikate bezeichnen können, was die Anleger aber möglicherweise zu sehr verschreckt hätte. Allerdings stellt sich dabei dennoch die entscheidende Frage: Ist der Emissionszeitpunkt auf dem aktuell extrem niedrigem Niveau wirklich der richtige, oder hätte man die Papiere nicht schon viel früher auflegen sollen. Denn eines ist ganz klar: Befinden sich die Aktien bereits in einer Bodenbildungsphase und kommen nicht entsprechend zurück, hat der Expander sogar gegenüber dem einfachen Direktinvestment ausgespielt.

Allianz Expander-Zertifikat

Emittent/WKN:

Deutsche Bank / DB3PKA

Laufzeit:

19.07.2011

Preis: (30.07.2008)

Geld / Brief: 108,56 € / 108,71 €

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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