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17:02 Uhr, 04.07.2018

„Mexiko oder München, Hauptsache Italien“

Populistische Verunsicherung ist BlackRock-Kapitalmarktstratege Martin Lück zufolge schlecht für die Finanzmärkte.

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New York (GodmodeTrader.de) – „Mexiko oder München, Hauptsache Italien“: So könnte, in Abwandlung eines bekannten Fußballer-Bonmots, die nüchterne Erkenntnis der vergangenen Woche lauten, durften wir doch Zeugen weiterer Ausläufer der globalen Populismus-Welle werden. Weniger überraschend war dabei der deutliche Wahlsieg des mexikanischen Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador (AMLO), der für sein von Korruption, Armut und Gewalt gebeuteltes Land eine radikale Abkehr vom bisherigen Establishment angekündigt und damit die Mehrheit der Wähler auf seine Seite gebracht hatte, wie Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie für Deutschland, die Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock, in seinem aktuellen „Blick auf die Märkte“ schreibt.

Obwohl es sich hier nicht exakt um den typischen Fall populistischer Wahlerfolge in reichen Industrieländern, à la Brexit, Trump oder Lega/5Sterne, handle, weise die Wahl in Mexiko dennoch die gleichen Ingredienzen auf. Denn das Ergebnis signalisiere, hier wie dort, dass die Entwicklung, welche das ‚westliche Modell‘ in den letzten Jahrzehnten genommen habe, vor allem was Wohlstandsverteilung und gesellschaftlicher Teilhabe betreffe, auf Sicht immer weniger mit herkömmlicher demokratischer Willensbildung zusammenpasse. Die Frustration abgehängter Mehrheiten suche sich zunehmend Ventile außerhalb des politischen Mainstream, heißt es weiter.

„Dies alles ist aus Marktsicht keine Kleinigkeit, denn Mexiko ist nach den BRIC-Volkswirtschaften das größte Schwellenland, und mit einem BIP von 1,15 Billionen US-Dollar im Jahr 2017 deutlich größer als etwa die Türkei (0,84 Billionen US-Dollar), Argentinien (0,64 Billionen US-Dollar) oder Südafrika (0,35 Billionen US-Dollar). Richtung und Radikalität eventuell anstehender Veränderungen, die „AMLO“ nach seiner Amtsübernahme am 1. Dezember in Angriff nimmt, dürften also Einfluss auf Schwellenlandanlagen haben“, so Lück.

Eher überraschend sei dagegen, dass die gefühlte Notwendigkeit, populistische Trends zu befriedigen, auch im demokratisch gereiften Deutschland zu derart selbstzerstörerischen Akten führen könne wie jüngst am Beispiel der CSU zu bewundern. Die bayerische Version der Union, inzwischen wohl nur noch in dicken Anführungszeichen als „Schwesterpartei“ der CDU zu bezeichnen, habe sich nun mal der Strategie verschrieben, im Hinblick auf die Landtagswahl am 14. Oktober die als Hauptrivalen identifizierte AfD am rechten Rand zu überholen. Das könne man so machen. Fraglich sei nur, ob die offensichtliche Strategie, dies in maximaler Konfrontation mit der Bundeskanzlerin auszutragen und geradezu offen darauf zu wetten, dass Angela Merkel beim Europäischen Rat mit ihren Vorschlägen zur Migrationsdebatte auf Granit beißen würde, nicht eine Spur zu riskant gewesen sei, heißt es weiter.

„Denn diese Wette ist wieder einmal am erstaunlichen Geschick der Kanzlerin gescheitert, Zugeständnisse europäischer Partner zu erreichen, wenn es zu Hause Spitz auf Knopf steht. Nun gibt es für die CSU keinen gesichtswahrenden Exit mehr. Möglicherweise hat die Münchener Zentrale um den neuen starken Mann Markus Söder hier, um im aktuellen Fußballkontext zu bleiben, ein klassisches Eigentor geschossen“, so Lück.

Bedauerlich sei bei alledem, dass wegen der Konzentration auf Migrationsthemen der dringend notwendige Ausbau der europäischen Architektur beim Gipfel Ende letzter Woche weitgehend auf der Strecke geblieben sei. Lediglich bezüglich einer Nutzung des ESM als Absicherungstopf für abzuwickelnde Banken habe Einigkeit erzielt werden können. Dies sei wichtig gewesen, denn bis dato sei der im Rahmen des einheitlichen Abwicklungsmechanismus‘ vorgesehene Finanzrahmen mit 55 Milliarden Euro als zahnloser Tiger erschienen, heißt es weiter.

„Keine Fortschritte wurden dagegen bei anderen Themen erzielt, vor allem bei der ebenfalls umstrittenen europäischen Einlagensicherung. Unsere Vermutung, dass bezüglich dieses Themas Berlin den Integrationsideen des französischen Präsidenten noch deutlich weiter wird entgegenkommen müssen – nicht zuletzt, um Macron für Jens Weidmann als Draghi-Nachfolger zu gewinnen –, konnte also auf dem jüngsten Gipfel (noch) nicht bestätigt werden“, so Lück.

Populistische Verunsicherung sei schlecht für die Finanzmärkte. Greifbar werde dies etwa mit Blick auf Trumps Handelskriegsrhetorik, die auch letzte Woche die Aktienpreise wieder auf Talfahrt geschickt habe. Da anzunehmen sei, dass Trump seine offensichtlich wachstumsschädlichen Verbalattacken vor allem mit Blick auf die Kongresswahlen am 6. November fahre, sei in nächster Zeit kaum Entspannung zu erwarten. Eher im Gegenteil, heißt es weiter.

„Gut nur, dass in diesem Kontext die Zentralbanken einen berechenbaren Kurs verfolgen. An den vermutlich in der zweiten Jahreshälfte anstehenden zwei Zinsanhebungen seitens der Fed dürfte auch der US-Arbeitsmarktbericht für Juni, der wichtigste Datenpunkt dieser Woche, nichts ändern. Nur eine sehr dramatische Abweichung von den erwarteten 190.000 neu geschaffenen Stellen und einem Lohnwachstum von 2,7 Prozent dürfte die Wahrscheinlichkeit des nächsten 25 Basispunkte-Schrittes schon im September abschwächen“, so Lück.

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8 Kommentare

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  • Frankey
    Frankey

    ich weiß auch nicht, warum der "Populismus" immer für Problemursachen herhalten muss...

    Globalisierung war eine logische Folge des Wachstumszwangs.

    Aber was soll nach der Globalisierung kommen, um das ewige Wirtschaftswachstum am Laufen zu halten? wir haben nur einen Globus....

    Klar, man man den Kontinent Afrika in einem Boom-Markt verwandeln, das gibt es sicherlich noch Wachstumspotential, aber dann?

    Nein, nicht Populismus ist ein Problem für die Wirtschaft, sondern der Wachstumszwang an sich. Das System mit dem Zinseszins und dem damit einhergehenden exponentiellen Wachstumszwang muss hinterfragt werden...

    20:32 Uhr, 04.07. 2018
  • bananenbully
    bananenbully

    Liebe Tompke, ihr Beitrag hier ist reichlich überflüssig. Es spiegelt lediglich, ihre Meinung wieder, sachlich ist er nichts Wert. Wäre super auf solche Beiträge zukünftig bei gt verzichten zu können.

    19:55 Uhr, 04.07. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • wolle271
    wolle271

    Populismus hier, Populismus da0

    man kann es nicht mehr hören, immer die gleiche Leier! Das System mit all seinen Parasiten im Wasserkopf macht es sich einfach, wenn alles, was nicht ins Bild passt in die Populismusecke geschuppst wird. Einfach nur noch peinlich, wenn es keine anderen Erklärungen mehr gibt. Es wird damit genau das Gegenteil erreicht mit dieser ewigen Populismusdebatte. Villeicht sollte der Eine oder Andere mal goooogeln, was Populismus in seiner Gesamtheit bedeutet. Vielleicht geht dann auch dem Einen oder Anderen mal ein Licht auf!

    Schönen Abend allen und auch dem "Populisten".

    19:47 Uhr, 04.07. 2018

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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