Kommentar
14:06 Uhr, 02.12.2014

Mein Feind der Broker?

Broker lassen sich nicht in einen Hut werfen. Jeder hat seine individuellen Ziele und Vorgehensweisen, Augen auf heißt es speziell bei nicht börsengehandelten Produkten wie Derivaten, CFDs und Devisen.

Ein Broker ist notwendig, damit wir Trader über ihn am Handel an der Börse und auch außerbörslich aktiv teilnehmen können. Die Broker wollen natürlich genauso ihren Schnitt machen. Viele empfehlenswerte Anbieter konzentrieren sich dabei auf eine Gebühr für die Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage, oder bemühen sich um ein optimal kundenorientiertes Dealing Desk. Während die sogenannten Pommesbuden tatsächlich auch unsere Gegenspieler sind.

Market Maker

Der Verlust des Kunden ist der Gewinn des Brokers. So werden fälschlicherweise generell Market Maker eingeschätzt, dabei trifft das nicht auf alle zu (Artikel über die unterschiedlichen Broker-Arten). Ein Market Maker (MM) stellt den durchgängigen Handel auch illiquider Märkte sicher, indem er ständig An- und Verkaufskurse dafür stellt. Sehr häufig anzutreffen bei den Forex- und CFD-Brokern, aber auch der Direkthandel von Derivaten mit den Emittenten ist so ein außerbörsliches Geschäft. Das ist per se im Grunde ja etwas Gutes, da man so Anteile selbst dann erwerben kann, wenn an der Börse gerade kein Angebot vorliegt.

Wo liegt hier nun der mögliche Interessenskonflikt?

Ein MM wird im Sinne seiner Profitmaximierung zuerst versuchen, Kundenorders intern zu matchen. Was dann noch ungedeckt bleibt wird gehedgt, oder sogar ins eigene Buch genommen.

Beispiel:
Max will 40 CFDs auf den Dax30 kaufen.
Moritz will 10 Anteile verkaufen und Wilhelm 5.

Der Market Maker stellt für diesen CFD aktuell einen Kurs mit einem Spread von 1 Punkt. 1 CFD bewegt in der Regel 1 € pro Daxpunkt. Während der Dax-Future, an dem sich diese Kursstellungen orientieren, pro Kontrakt satte 25€ pro Punkt bewegt. Der FDax wird mit im Schnitt 0,5 Punkten Spread gehandelt. Die CFD-Broker sichern sich in diesem Fall ihr Einkommen also über den erhöhten Spread, was noch vollkommen in Ordnung geht. Dafür erhält man ja ein weitaus flexibleres Instrument mit minimalem Kapitalaufwand.

Weiter mit unserem Beispiel: 15 Stück wechseln schon mal intern den Besitzer, und der MM streicht 15x 100% vom Spread ein, also jedes Mal den ganzen Punkt.

Bleiben noch 25 Anteile offen. Ein solider MM hedgt diese sofort am Markt, indem er einen Kontrakt des FDax (=25€ pro Punkt) an der Börse kauft und diesen bildlich gesprochen an Max weiter reicht. Damit Max in Summe 40 CFDs bekommt. Der Broker steht dann neutral an der Seitenlinie, und verdient bei diesen 25 gehedgten Anteilen immer noch je 0,5 Punkte durch den höheren Spread.

Das ist alles noch im grünen Bereich, daran gibt es nichts auszusetzen.

Die zweite Möglichkeit aber, und diese Broker sollte man meiden: der MM nimmt diese 25 Anteile, die nach dem internen matchen noch offen sind, auf seine eigene Kappe bzw. in sein eigenes Buch. Damit verdient er wieder 100% vom Spread auf diesmal alle 40 Anteile. Hat aber das Risiko, vom Kunden realisierte Gewinne aus der eigenen Tasche bezahlen zu müssen.

Nur: jeder Broker und Insider weiß ja, dass 70-80% seiner Kunden langfristig Geld verlieren laut Statistiken, also ist das langfristig gesehen ja leider ein gutes Geschäft...

[caption id="" align="alignnone" width="600"]Mein-Feind-der-Broker-Kommentar-Michael-Hinterleitner-GodmodeTrader.de-1 Market Maker lassen sich in zwei Lager einteilen[/caption]

STP versus Dealing Desk

Das ist eine beliebte Praxis sogar bei einem sehr bekannten Marktführer. Angenehmerweise erkennen aber laufend mehr Broker, dass die Kunden sich nicht länger an der Nase herumführen lassen, und wechseln von der sogenannten Dealing Desk-Ausführung zur STP- oder ECN-Ausführung. Dabei ist der Broker dann tatsächlich nur noch der Vermittler zwischen den Kundenwünschen und dem Angebot der an den Broker angeschlossenen Liquiditätsprovider und Börsen. Ohne selber Positionen ins eigene Buch zu nehmen.

Aber noch einmal zur Klarstellung: es gibt sehr wohl vertrauenswürdige Market Maker! Nur wie erkennt man nun die schwarzen Schafe?

Schwarze Schafe erkennen

BrokerDeal hat lange versucht, eine klare schriftliche Aussage von den Brokern dazu zu erhalten, ob sämtliche Kundenpositionen zu 100% gehedgt werden oder eben ins eigene Buch genommen werden. Das Ergebnis war selten ganz eindeutig, und die Kontrollmöglichkeit unsererseits nicht gegeben. Wir lassen uns da aber noch etwas einfallen.

Bis dahin kann ich Ihnen folgende Tipps mit auf den Weg geben:

  • Skepsis bei hohen Einzahlungsboni und ständigen teuren Werbeaktionen!
    Der Broker muss diese ja wieder irgendwie verdienen, und die Gewinnmargen sind bei ehrlichen Brokern nicht mehr sehr hoch heutzutage. Gerade bei binären Optionen sind Einzahlungsboni von 100-300% keine Seltenheit, da muss man nur den gesunden Verstand einschalten und die Gier außen vor lassen.
  • Merkwürdige Ausführungen
    Relativ häufig erhalte ich Anfragen von Tradern, ob es denn normal sei, wenn diese in den ersten Wochen schöne Gewinne erzielen, und dies plötzlich sehr viel schwerer fällt.Nun, daran kann natürlich der Markt oder der Trader selbst ganz alleine schuld sein. Allerdings gibt es eben auch diese Pommesbuden, die erfolgreiche Trader, und das bedeutet ja Verluste für solche Broker, auf langsamere Orderausführungen umstellen etwa. Oder grundsätzlich 1-3 Pip/Punkte Slippage aufschlagen. Dann heißt es sofort die Zelte abbrechen, und andere Trader vor diesem Anbieter warnen.
  • Stop-Fishing
    Zu solchen merkwürdigen Ausführungen zählt auch das berühmte und lästige Abfischen von gesetzten Stopps. Der Vergleich des CFD-Charts mit jenem der Originalbörse macht hier zu Recht viele Kunden bei solchen Brokern misstrauisch. Wenn der Support hier keine zufriedenstellende Antwort geben kann, sollte auch in diesem Fall das Konto sofort aufgelöst werden. Ausnahmen toleriere ich bei sogenannten Mis-Ticks in den Charts. Wenn fehlerhafte Kursdaten zu einem Sprung im Chart führen, der dann manchmal automatisiert Stopps auslöst. Ein guter Kundenservice wird solche Ausführungen aber sofort rückgängig machen bzw. ersetzen.
  • Kundenbewertungen durchstöbern
    Die Beurteilungen echter Trader sind eine wahre Goldgrube für solche Recherchen. BrokerDeal legt denn auch viel Wert auf das Sammeln solcher Erfahrungen. An dieser Stelle auch gerne wieder einmal so ein Aufruf an alle Trader, die ihre Broker noch nicht bewertet haben!

Ich hoffe ich kann mit diesen Tipps so manchen Trader vor Schaden bewahren. Diesbezüglich wird BrokerDeal in naher Zukunft auch neue Qualitätssiegel einführen im Brokervergleich. Welche wiederum auf unseren anonymen Echtgeldtests basieren, die wir jährlich wiederholen.

Viel Erfolg beim Trading!
Michael Hinterleitner
www.brokerdeal.de

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Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

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