Fundamentale Nachricht
10:26 Uhr, 05.10.2018

Mehr Geld, mehr Probleme: Die Auswirkungen steigender Löhne auf Unternehmensmargen

Steigende Löhne könnten die Margen der Unternehmen und damit auch die Investitionsrenditen Unigestion-Aktienexperte Eoin Maher zufolge erheblich beeinträchtigen.

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 2.923,43 Pkt (Chicago Mercantile Exchange) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Genf (GodmodeTrader.de) - Nach einem Jahrzehnt niedriger Lohnkosten gibt es in den USA erste Anzeichen für einen Aufwärtsdruck auf Löhne und Gehälter. Dies könnte die Margen der Unternehmen und damit auch die Investitionsrenditen erheblich beeinträchtigen, besonders Unternehmen mit hohen Bewertungen wären von solch einer Entwicklung betroffen. Deshalb ist es wichtig, einen Fokus auf Qualitätsunternehmen zu legen, die entweder ihre Margen halten können oder weniger anfällig für Bewertungskompressionen sind, wie Eoin Maher, Fundamental Analyst Equities bei Unigestion, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

„Viele Anleger sind besorgt über das Risiko einer steigenden Inflation, die zu höheren Zinssätzen führen könnte und sich so negativ auf die Aktienbewertungen auswirken würde. Diese Sorgen sind berechtigt, wenn man das hohe Niveau bedenkt, auf dem US-Aktien derzeit gehandelt werden“, so Maher.

Ein weiteres potenzielles Opfer steigender Inflation seien die Unternehmensmargen. Die Vergütung der Mitarbeiter gehöre für viele Unternehmen zu den größten Kostenblöcken. Die begrenzte Preissetzungsmacht der Arbeitskräfte in den vergangenen Jahren sei deshalb einer der Gründe, warum Unternehmen ihre Gewinne und Margen steigern konnten. Sollte sich die Preissetzungsmacht der Arbeitnehmer verbessern, hätte das erhebliche Auswirkungen auf Gewinnmargen und Erträge. Zwar könne die Arbeitsproduktivität einen gewissen Lohndruck ausgleichen, dafür wäre jedoch eine deutliche Verbesserung gegenüber dem aktuellen Niveau erforderlich, heißt es weiter.

„Die ersten Anzeichen für einen Aufwärtsdruck auf Lohnkosten sind bereits erkennbar: So haben sich die Kündigungsrate und die durchschnittlichen Stundenlöhne in den USA in den letzten Jahren stetig nach oben bewegt. Unsere Erkenntnisse aus dem direkten Kontakt mit Unternehmen bestätigen diesen von den Daten aufgezeigten Trend. So hören wir oft, dass Unternehmen verschiedenster Branchen Schwierigkeiten haben, Fachkräfte zu finden, da es derzeit mehr Arbeitsplätze gibt als Arbeitnehmer, die diese besetzen könnten: Im Jahr 2016 kamen in den USA auf eine offene Stelle jeweils 1,3 Arbeitssuchende, heute sind es gerade einmal 0,9. Viele Unternehmen erhöhen deshalb die Löhne, um Talente anzuziehen. Auch die gesetzlichen Mindestlöhne steigen, beispielsweise in Kalifornien und Washington DC“, so Maher.

Eine steigende Inflation könnte die Löhne noch weiter in die Höhe treiben. Im Juni 2018 habe der US-amerikanische Erzeugerpreisindex beispielsweise mit vier Prozent den höchsten Wert seit November 2011 erreicht. Darüber hinaus habe der US Headline Consumer Price Index (CPI) im Juni 2018 mit 2,9 Prozent den schnellsten Anstieg der Verbraucherpreise seit Januar 2012 erreicht. Unterm Strich werde sich das Gewinnwachstum aller Voraussicht nach verlangsamen, da ein höherer Anteil des Umsatzes für Löhne und Gehälter aufgewendet werden müsse, heißt es weiter.

„Die Aktienbewertungen sind zurzeit nach mehreren Maßstäben hoch. Selbst unter Verwendung des konjunkturbereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnisses notiert der US-Markt auf dem höchsten Niveau seit der Dot-Com-Blase. Ein Großteil des Anlegervertrauens stützt sich auf die Annahme, dass die derzeitigen hohen Unternehmensmargen dauerhaft sind. Eine gegenteilige Entwicklung könnte daher die Neubewertung auf niedrigere Niveaus beschleunigen“, so Maher.

Ebenfalls bemerkenswert: Die Erträge des S&P 500-Index seien seit 1929 jährlich um 4,9 Prozent gestiegen, das BIP allerdings nur um 6,1 Prozent. Seit der Finanzkrise vor zehn Jahren seien die Erträge jedoch jährlich um zehn Prozent gestiegen - doppelt so schnell wie in der Vergangenheit. Das BIP sei seither nur um 2,9 Prozent pro Jahr gewachsen. Es sei unrealistisch, dass das Wachstum des Gewinns pro Aktie das BIP-Wachstum auch weiterhin um sieben Prozentpunkte pro Jahr übertreffe, insbesondere, wenn sich der Lohndruck manifestiere und die Margen sänken, heißt es weiter.

„Mehr Geld für Arbeitnehmer kann also tatsächlich zu mehr Problemen für Investoren führen. Wachsamkeit und Prozessdisziplin sind deshalb unabdingbar und Qualitätsunternehmen gewinnen an Bedeutung. Dazu gehören sowohl Unternehmen, die ihre Margen trotz steigenden Kostendrucks halten können, als auch Firmen, die in der Lage sind, ihre geschwächten Margen durch Selbsthilfe-Mechanismen zu erhöhen. Bei Unigestion steuern wir unser Portfolio-Exposure gegenüber teuren Aktien mit Hilfe einer proprietären Top-Down-Bewertungsbeschränkung und eines Bottom-Up-Fokus auf die Kosten einzelner Unternehmen. Dabei präferieren wir Qualitätsunternehmen und konzentrieren uns bei individuellen Unternehmensanalysen auf die Firmen, die am besten in der Lage sind, ihre Margen zu halten und sich gegen externen Druck abzusichern“, so Maher.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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