Maßnahmen der Zentralbanken – ein Problem für gebeutelte Finanzmärkte
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Für die Anleger begann das Jahr 2022 sehr bitter, da die meisten Anlageklassen im Minus lagen. Aktien verzeichneten ein Minus von 10 % bei den europäischen Indizes. Die einzigen Sektoren, die sich behaupten konnten, sind Grundstoffe und Energie – beide profitierten von dem drastischen Anstieg der Rohstoffpreise.
Größter Verlierer ist jedoch der Fixed-Income-Markt. Er kämpft weiterhin mit den steigenden Renditen von Kernanleihen (10-jährige deutsche Bundesanleihen +76 Basispunkte, 10-jährige US-Staatsanleihen +96 Basispunkte) und der Ausweitung der Spreads (Euro Investment Grade +42 Basispunkte, Euro High Yield +92 Basispunkte, italienische BTPS +17 Basispunkte, Schwellenländeranleihen +9 Basispunkte usw.). Folglich liegt der Euro Aggregate Index im Jahresvergleich bei -5,42 %. Für Aktienanleger, die an zweistellige Kursverluste gewöhnt sind, mag dies überschaubar erscheinen. Für Anleger in festverzinslichen Wertpapieren ist 2022 jedoch das schlimmste Jahr aller Zeiten. (Quelle: Bloomberg, Stand: 25.03.2022)
Die beiden Hauptverantwortlichen für die schwache Performance der Anleihemärkte sind Wladimir Putin, dessen Krieg in der Ukraine die Anlegerstimmung gedrückt hat, und die Zentralbanken, v.a. die Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB), die in ihrem Kampf gegen die Inflation einen hawkishen Kurs eingeschlagen haben. Bedenken im Zusammenhang mit dem Russland/Ukraine-Krieg haben die Stimmung der Anleger belastet, da die Märkte mit einer Abwärtskorrektur des Wachstums rechnen und Investitionsprojekte auf Eis legen. Die negativen Auswirkungen auf die Nachfrage nach Verbraucherkrediten und den Erwerb von Wohneigentum in Frankreich sind bereits spürbar.
Das vorrangige Ziel der Zentralbankpolitik ist und bleibt Preisstabilität. Allerdings bildet die Fed bis zu einem gewissen Grad eine Ausnahme, da sie ein implizites Doppelmandat hat, das auch eine niedrige Arbeitslosenquote umfasst. Dennoch ist dieses zweite Ziel im Vergleich zur Preisstabilität eindeutig zweitrangig. Obwohl die EZB und die Fed gegenüber dem Preisdruck nicht die gleiche Toleranz haben, ergreifen beide Maßnahmen, wenn sie dies für notwendig erachten, sogar rigorose Maßnahmen, z. B. Fed-Präsident Paul Volcker in den frühen 1980er Jahren oder EZB-Chef Jean-Claude Trichet in den 2000er Jahren.
In den letzten zehn Jahren war die Inflation jedoch sehr niedrig und die Zentralbanken hatten keinen Grund, restriktive Maßnahmen zu ergreifen. Ganz im Gegenteil! Der politische Druck, die Geldpolitik zu lockern, war groß. Erinnern Sie sich an die Forderungen des ehemaligen Präsidenten Trump nach Zinssenkungen im Jahr 2019.
Doch jetzt, da die Inflation auf ein 40-Jahres-Hoch gestiegen ist, hat sich der politische Druck drastisch erhöht. Regierungen haben die Inflation zum schlimmsten aller Übel erklärt, und die Zentralbanken befürchten die Geldpolitik nicht genug zu straffen. Daher beeilen sich die Zentralbanken, die Programme zur quantitativen Lockerung zu beenden und einen Zinserhöhungszyklus einzuleiten, der schon früher hätte beginnen müssen. Die Taylor-Regel nennt als Richtwert einen aktuellen Leitzinssatz von rund 10 %, den höchsten seit den 1980er Jahren und weit entfernt vom heutigen Wert! Dabei ist zu beachten, dass die Taylor-Regel wirtschaftliche Fundamentaldaten wie die Arbeitslosenquote und die Kerninflation berücksichtigt, die derzeit historische Höchstwerte aufweisen. Dasselbe Instrument (Taylor-Regel) kann auch für die Eurozone verwendet werden, wo der prognostizierte Zinssatz bei 7 % liegt. Alles in allem ist der Weg des geringsten Widerstands nach wie vor eine Zinserhöhung.
Leider hat der Krieg in der Ukraine den makroökonomischen Trend einer höheren Inflation beschleunigt. Russland ist ein wichtiger Ölexporteur (10 % der Weltproduktion, Reuters), und der Krieg hat die Preise in die Höhe getrieben. Das Gleiche gilt für viele andere Rohstoffe wie z. B. Weizen, bei dem sowohl die Ukraine als auch Russland wichtige Produzenten sind (8 % bzw. 18 % der weltweiten Exporte, Quelle: UN Comtrade). Prognosen zufolge wird der Krieg das Wachstum in Europa um 1,4 % und in den OECD-Ländern um 1 % verlangsamen, was nicht ausreicht, um eine politische Kehrtwende zu rechtfertigen.
Vor diesem Hintergrund sind die Maßnahmen der Zentralbanken für die angeschlagenen Finanzmärkte eher ein Hindernis als eine Unterstützung.
Für Anleger ist der bekannte „Fed Put“, der sich auf die Lockerungspolitik der Federal Reserve bezieht, wenn Rezessionsängste die Aktienmärkte auf Talfahrt schicken, nicht länger realistisch. Zumindest nicht, bis die Märkte einen starken Nachfragerückgang mit einer Rezession einpreisen, in welchem Fall der Ausübungspreis des „Fed Put“ viel niedriger wäre.
Wie wirkt sich dieser Umstand auf die Finanzmärkte aus? Was bedeutet dies für die Performance von Vermögenswerten in den kommenden Monaten? Wir glauben, dass die Märkte in den nächsten zwölf Monaten weiterhin eine erhebliche Anzahl von Zinserhöhungen einpreisen werden. Dennoch erwarten wir keinen deutlichen Anstieg am langen Ende der Renditekurve, da die langfristigen Trends weiterhin vorherrschen: hohe Verschuldung, geringes Bevölkerungswachstum und Digitalisierung wirken sich negativ auf das langfristige nominale Wachstum und damit auf die langfristigen Renditen aus. Deshalb dürften sich die Renditekurven in den Industrieländern weiter abflachen. Was die Regionen betrifft, so halten wir die Anleiherenditen in der Eurozone bei steigenden Zinssätzen für anfälliger als die Renditen von US-Anleihen. Aufgrund ihrer Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen reagiert die Inflation in der Eurozone tatsächlich stärker auf Russland. Daher sind überraschende Inflationssteigerungen wahrscheinlicher als in den USA. Wenn wie erwartet die Renditen in der Eurozone stärker steigen als in den USA, dürfte der Euro gegenüber dem Dollar zulegen. Außerdem ist die Stimmung der Anleger gegenüber dem Euro sehr pessimistisch, so dass die Auflösung von Short-Positionen ebenfalls zu einem Anstieg der Parität beitragen dürfte.
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