Kommentar
09:33 Uhr, 06.05.2019

Massive Überbewertung: Erinnerungen an 1999

Man kann es drehen und wenden wie man will, gewisse Ähnlichkeiten zu 1999 lassen sich nicht leugnen. Die Bewertung von Unternehmen, die Wachstum versprechen, ist exorbitant. Die jüngsten Börsengänge von Lyft, Pinterest und Zoom haben das verdeutlicht.

Wachstum ist gut und schön, aber am Ende wenig wert, wenn es keinen Gewinn produziert. Anleger störte das damals wie heute nicht. Ein Symbol der Technologieblase war Pets.com. Es war ein online Händler, der Haustierbedarf verkaufte. Von der Idee her war das nicht schlecht, allerdings der Zeit wohl etwas voraus.

Amazon war damals ein Großinvestor. Bevor das Unternehmen an die Börse ging, hielt Amazon einmal mehr als die Hälfte der Anteile. Gebracht hat das wenig. Das Unternehmen war zwei Jahre nach Gründung insolvent. Mit weniger als 10 Mio. Dollar Umsatz wurden mehr als 100 Mio. Dollar Verlust angehäuft.

Heute ist das nicht anders. Es gibt allerdings einen erheblichen Unterschied. Die meisten Wachstumsunternehmen sind heute sehr viel größer als die Firmen den Technologieblase. Wurden Startups damals mit einigen hundert Millionen oder ein bis zwei Milliarden bewertet, sind es heute viele Milliarden bis hin zu fast 100 Milliarden (Uber).

Die Verluste, die dabei angehäuft werden, sind entsprechend groß. Man kann fast sagen: je größer der Verlust, desto besser. Die Bewertungen steigen trotzdem weiter in den Himmel und Aktien von Firmen, die bereits an der Börse notieren, werden trotzdem gekauft.

Das geht inzwischen soweit, dass Wachstumswerte fast wieder dort stehen, wo sie zum Hoch der Technologieblase standen. Als Index betrachtet (Grafik 1) stehen die Kurse höher als damals.

Interessant ist aber vor allem der Vergleich zu Value Aktien. Normiert man die Wertentwicklung auf das Hoch der Technologieblase, dann ist die relative Wertentwicklung fast wieder dort, wo sie vor knapp 20 Jahren war (Grafik 2).

Anleger zahlen heute fast wieder so viel für Wachstum wie damals. Value Aktien sind im Verhältnis also wieder relativ günstig. Wachstumsaktien hingegen sind sehr stattlich bewertet. Anleger stört das nicht. Das Argument: die Zeiten haben sich geändert.

Die Zeiten haben sich tatsächlich geändert. Die Technologie ist reifer und die Präferenzen der Konsumenten haben sich entwickelt. Dafür gibt es andere Probleme. Die Geschäftsmodelle der meisten Wachstumswerte sind durchaus solide. Dafür werden sie von der Konkurrenz erdrückt.

Ridesharing wie es von Uber und Lyft angeboten wird, wird es auch in 30 Jahren noch geben. Ob das dann allerdings Uber oder Autohersteller sind, die den Markt beherrschen, ist vollkommen unklar. Der einzige Weg, um hier Gewinn zu erzielen, ist ein sehr hoher Marktanteil, praktisch monopolähnliche Verhältnisse.

Die Eintrittsbarrieren sind allerdings niedrig. Man braucht eigentlich nur Geld, um ordentlich Werbung machen zu können und Fahrer anzulocken. Dass solche Ideen mit 100 Milliarden bewertet werden, ist eigentlich nur Wahnsinn und steht 1999 in nichts nach.

Das bedeutet nicht, dass die Unternehmen nicht gut sind. Amazon ist auch ein Kind der ersten Interneteuphorie und wo die Aktie heute steht, ist beeindruckend. Das Risiko als Anleger von der ersten Stunde an dabei zu sein, ist enorm. Vor allem, wenn man die Bewertungen sieht. Das stört aktuell niemanden. So mancher Börsengang endet am ersten Handelstag mit einem Aufschlag von 100 % - eben ganz 1999. Wer dabei sein will, löst quasi ein Lottoticket. Dessen sollte man sich bewusst sein.

Clemens Schmale

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1 Kommentar

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  • wizardmw
    wizardmw

    Der Unterschied zu 99 ....die Notenbanken werden alles tun, damit die Kurse weiter steigen, also interessiert das zurecht keine Sau

    15:21 Uhr, 06.05.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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