Kommentar
09:32 Uhr, 08.10.2014

Markt am Limit?

Die Kurse sind hoch. Trotzdem gibt es fast täglich Beruhigungspillen und Entwarnung von Experten. Ein Trendwechsel steht nicht bevor. Oder doch?

Erwähnte Instrumente

Im historischen Vergleich sind die Kurse von Aktien vor allem in den USA sehr hoch. Das KGV des S&P 500 steht bei 19,5. In den letzten 140 Jahren war es lediglich 9 Mal höher – und das auch nur für kurze Zeit. Sieht man von der massiven Übertreibung zur Jahrtausendwende ab, dann begann die Trendwende bei einem KGV von 22 bis 25. Ein bisschen Luft nach oben gibt es also noch. Theoretisch liegt das Aufwärtspotential bis zur Trendwende in den USA bei weiteren 20 bis 40%. Das ist eine Größenordnung, bei der es sich lohnt, noch im Markt zu bleiben. Ob das zyklische Maximum allerdings wirklich erreicht wird, das steht in den Sternen.

Der Markt hat mehrere Schwächen. Die Überbewertung im historischen Vergleich lässt sich sehr gut über die Gewinnentwicklung der Unternehmen darstellen. Die einen sehen im Vergleich von Gewinnentwicklung und Aktienkursen die Bestätigung, dass der Markt noch weit laufen kann und dass alles in Ordnung ist. Die anderen (auch ich) sehen darin eher Hinweise auf eine Überbewertung.

Die Analysten, die noch immer Beruhigungspillen verteilen, zeigen häufig Charts die ähnlich zur ersten Grafik sind. Sie zeigt den S&P 500 Kursverlauf und die Entwicklung der Unternehmensgewinne. Beides läuft grundsätzlich parallel. Das macht Sinn. Steigen die Gewinne, sollten auch die Kurse steigen. Betrachtet man den Verlauf von Gewinnen und S&P kommt man schnell zu dem Schluss, dass alles in bester Ordnung ist. Die Optik täuscht allerdings gehörig.

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Der S&P hat sich seit Beginn der Datenreihe ungefähr verfünfundzwanzigfacht. Die Gewinne sind um einen Faktor von 13 gestiegen. Der S&P ist also tendenziell doppelt so schnell gestiegen wie die Gewinne.

Ähnlich sieht es bei den Dividenden aus. Auch hier sieht das Bild auf den ersten Blick solide aus und weist nicht unbedingt auf eine Überbewertung hin. Die Dividenden sind in den vergangenen 140 Jahre real um den Faktor 6,6 gestiegen. Der S&P hingegen um den Faktor 25. Dazu kommt noch, dass Unternehmen derzeit so viel ausschütten wie selten zuvor.

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Trotz hoher Ausschüttungsquoten ist die Dividendenrendite dramatisch gesunken. Bis in die 50er Jahre lag die Dividendenrendite durchschnittlich bei über 6%. Aktuell steht sie bei 1,9%. Mehr Analyse braucht es gar nicht, um festzustellen, dass sich die Kurse überproportional entwickelt haben.

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Kurs- und Gewinnentwicklung driften gerade immer weiter auseinander. Wenn die Börsenhistorie eines gezeigt hat, dann dass solche Fehlentwicklungen irgendwann wieder korrigiert werden. Ich gehe nicht von einer raschen Trendumkehr aus. Wir bewegen uns allerdings in der finalen Phase der Übertreibung. Anleger sind gerade in den USA derzeit von guten Konjunkturdaten geblendet. Die Daten sind zwar gut, aber im historischen Vergleich ebenfalls eher mittelmäßig. Sie wirken nur besonders toll, weil die letzten Jahre besonders schlecht waren.

Die letzte Phase der Überreibung kann sich eine Weile hinziehen. Im aktuellen Umfeld sind 2 Jahre durchaus noch möglich. In diesen 2 Jahren können die US Indizes durchaus noch einmal 20 bis 40% zulegen – müssen es aber nicht. Als investierter Anleger heißt es investiert zu bleiben, aber wirklich sehr genau auf die Entwicklung zu achten. Einen Trendwechsel bekommen die meisten erst mit, wenn die Verluste schon im Bereich von 10 bis 15% liegen.

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2 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    ​Was mir fehlt ist, wie der Gewinn der S&P Unternehmen durch den Wechselkurs beeinflusst wird. Wenn ich davon ausgehe, daß ca 60% der Umsätze im Ausland erzielt werden und ca 50% der Gewinne, dann bedeutet der stärkere USD von -20% etwa -10% reduzierte Gewinne.

    Gehe ich noch von einer Umorientierung in den Dollarraum, dann sollte der starke USD einen Kursrückgang zwischen -4 und -8% bedingen. Dadurch sollte der S&P 500 dann auf 1800 bis 1850 zurückfallen.

    Deshalb erwarte ich im 4Q Maßnahmen der FED, den USD zu drücken.

    10:30 Uhr, 08.10.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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