Market-Timing oder Zeit im Markt?
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Wenn man eine Münze wirft, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass man richtig rät, auf welcher Seite sie landen wird, bei 50 Prozent. Wenn man jedoch eine Münze zweimal wirft, reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, dass man mit der eigenen Annahme richtig liegt, von 50 auf gerade einmal 25 Prozent. Dies ist die ideale Analogie für Market-Timing, eine Anlagestrategie, bei der der Anleger versucht, die perfekten Zeitpunkte für den Ein- und Ausstieg in und aus dem Markt zu finden.
Hierbei muss der Anleger nicht nur abschätzen, wann der Markt oder eine bestimmte Aktie schwach genug ist, um den perfekten Einstieg zu ermöglichen, sondern muss ebenfalls voraussagen, wann der optimale Zeitpunkt für einen Verkauf gekommen ist. Dies ist ein immens schwieriges Unterfangen, das nur wenigen Personen gelingt.
Daher besteht das optimale Anlageverhalten darin, langfristig investiert zu bleiben, so wie die schwerfällige Schildkröte in Äsops Fabel Die Schildkröte und der Hase, deren Selbstdisziplin trotz des munteren Hasen, der hin und her springt und die Schildkröte dadurch überlisten will, mit Erfolg gekrönt wird.
Market-Timing basiert letztlich darauf, dass ein Anleger, der bessere Informationen über den Markt besitzt als andere, seine Portfoliozusammenstellung adjustiert, wenn er ein Signal für zukünftige Kursbewegungen erkennt. Befürworter dieser Taktik sind davon überzeugt, dass sie die Hoch- und Tiefphasen des Marktes richtig vorhersagen können, um somit eine höhere Rendite als der allgemeine Markt zu erzielen.
Falls sich Bären- und Bullenmärkte einfach identifizieren ließen, wäre dies kein Problem, doch leider ist dies nicht der Fall. Nur wenn ein Anleger im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern Zugang zu besseren Informationen hat, kann er anderen voraus sein und Marktentwicklungen richtig vorhersagen. Insbesondere Privatanleger haben keinen Zugang zu dieser Art von Informationen, aber auch institutionelle Anleger scheitern regelmäßig dabei, der Informationseffizienz auf den Kapitalmärkten einen Schritt voraus zu sein.
Dies führt dazu, dass Anleger bei einer negativen Marktentwicklung ihre generelle Portfolioallokation in Frage stellen, obwohl auf negative Marktschwankungen früher oder später eine deutliche Erholung folgt. Doch Anleger werden zu schnell nervös und nach anfänglichem Zögern, Verluste zu realisieren, verkaufen sie dann am oder Nahe dem Tiefpunkt einer Flaute doch noch. In der Regel steigen sie erst dann wieder ein, wenn sich der Markt bereits wieder erholt hat.
Das damit einhergehende kurzfristige Taktieren und die Käufe und Verkäufe, um von Höchst- und Tiefstständen des Marktes zu profitieren, können dazu führen, dass der Anleger Profitchancen verpasst, wenn Aktienmärkte sich erholen.
Der Nobelpreisträger William Sharpe vertrat in seiner vielzitierten Studie aus dem Jahre 1975 mit dem Titel Likely Gains from Market Timing die Meinung, dass ein Anleger, wenn er ein gutes Jahr von einem schlechten nicht mit einer 70-prozentigen Wahrscheinlichkeit unterscheiden kann, nicht versuchen sollte, den optimalen Zeitpunkt für Ein- oder Ausstieg aus dem Markt abzupassen. Denn mit einer hohen Wahrscheinlichkeit verpasst er genau diese optimalen Zeitpunkte, was wiederum zu hohen Opportunitätskosten im Sinne von verpassten Renditechancen führt.
Die Grafik veranschaulicht den Effekt, wenn ein Anleger lediglich eine geringe Anzahl der renditestärksten Tage des amerikanischen Aktienindex S&P 500 über einen Zeitraum von 1985 bis 2015 verpasst hat.
Falls ein Anleger sein Investment in den S&P 500 nicht angerührt hätte, hätte er eine annualisierte Rendite von 8,4 Prozent erzielt. Wenn er jedoch erfolglos versucht hätte, Market-Timing zu betreiben und während dieses Zeitraums die 25 profitabelsten Tage verpasst hätte, dann wäre seine annualisierte Rendite um mehr als 50 Prozent auf 3,06 Prozent gesunken. Der daraus auf Dauer resultierende Verlust ist sogar noch wesentlich größer, da die entgangenen Gewinne während der restlichen Haltedauer der Anlagen nicht reinvestiert werden konnten, der Zinseszins also nicht positiv auf das Vermögenswachstum wirken konnte.
Ein weiterer Nobelpreisträger, der Ökonom Robert Merton, bezeichnete Market-Timing als „närrisches Unterfangen”. Wenn man die Branche der traditionellen Fondsmanager betrachtet, zwingt sich der Schluss auf, dass es dort einige Narren gibt. Denn eine Vielzahl von Fondsmanagern behaupten, sie könnten erfolgreich Market-Timing betreiben. Die Realität sieht allerdings anders aus: nur vereinzelten Managern gelingt es, den Markt zu schlagen, und den wenigsten davon gelingt dies über mehrere Jahre hinweg. Alle anderen lassen sich ihr Scheitern von den Kunden teuer bezahlen.
Empirische Ergebnisse deuten darauf hin, dass nur etwa 15 % der Fondsmanager über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg die Marktperformance schlagen können.1 Aufgrund dessen empfiehlt Investment-Guru Warren Buffett, Market-Timing zu vermeiden. Buffett rät seinen Erben, ihr Geld in Indexfonds zu investieren.
Die Grafik zeigt, dass eine Investition in globale Aktien über einen Zeitraum von vierzehn oder mehr Jahren innerhalb der Periode von 1980 bis 2015 zu keinem einzigen Zeitpunkt zu einer negativen Rendite geführt hat. Grund hierfür ist, dass es umso wahrscheinlicher ist, dass die langfristige durchschnittliche Jahresrendite für eine Anlageklasse mögliche kurzfristige Verluste kompensiert hat, je länger der Anleger im Markt investiert bleibt.
Es gibt eine Vielzahl weiterer Vorteile langfristig orientierter Geldanlage, die berücksichtigt werden sollten.
Der wohl offensichtlichste Vorteil einer langfristigen Anlage ist, dass der Anleger die Kosten für zu häufiges Handeln und teures aktives Management nicht tragen muss, wodurch Geld eingespart und Rendite verbessert werden kann.
Der Anleger profitiert von der Reinvestition der aus dem ursprünglichen Anlagebetrag erzielten Renditen, die wiederum selbst zu zusätzlichen Renditen führen. Im Laufe der Zeit erzielen die kumulativen reinvestierten Renditen über den Zinseszinseffekt mehr Gewinn, als die ursprüngliche einfache Anlage es jemals getan hätte.
Ein Anleger, der Market-Timing einsetzt, hat potenziell höhere steuerliche Belastungen, da er bei jedem Verkauf von bspw. Aktien Kapitalertragssteuer zahlen muss (sofern nicht noch ein Steuerfreibetrag genutzt werden kann) und dadurch während der Laufzeit der Anlage insgesamt mehr Steuern entrichten muss.
Das Vermeiden von Panik
Langfristiges Anlegen basiert auf der berühmten keynesianischen Sichtweise, dass es vorteilhafter ist, „ungefähr richtig als genau falsch zu liegen“. Rentabilität lässt sich nämlich besser durch die Reduzierung von Risiken und das Eingehen langfristiger Investments erreichen als durch das Akzeptieren unkalkulierbarer Risiken in der Hoffnung, hohe Renditen zu erzielen.
Scalable Capital ist ein digitaler Vermögensverwalter für langfristig orientierte Anleger, doch wir verstehen, wie schwierig es sein kann, in Phasen hoher Volatilität und vor allem bei starken Kursrückgängen, Ruhe zu bewahren in der Hoffnung, dass sich die Märkte in naher Zukunft erholen werden.
Eine sorgfältige Diversifikation ist ein gutes Instrument, um sich gegen Abwärtstrends am Markt zumindest teilweise zu schützen. Der wesentlichste Faktor ist allerdings, das Risiko eines Portfolios genau zu verstehen, es stetig zu überwachen und sicherzustellen, dass der Anleger fortwährend an der Marktrendite partizipieren kann, ohne dabei überflüssige Risiken einzugehen.
Scalable Capitals Methodik ist auf die individuelle Risikobereitschaft des Anlegers ausgerichtet. Hierzu wird das jeweilige Portfolio dynamisch an die Risikovorgabe des Anlegers angepasst. So wird in Perioden mit höherem Marktrisiko eine risikomindernde Umschichtung vorgenommen, in Phasen niedrigeren Risikos eine risikosteigernde, z.B. durch die Beimischung eines höheren Aktienanteils. Gleichzeitig wird dafür gesorgt, dass der Anleger durch ein Maximum an Transparenz und Information langfristig im Markt investiert bleibt und somit auch eine entsprechende Rendite erzielt.
Risikohinweis
Die Vermögensanlage in Kapitalmärkte ist mit Risiken verbunden. Der Wert Ihrer Vermögensanlage kann fallen oder steigen. Es kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens kommen. Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen haben eine verlässliche Aussagekraft über zukünftige Wertentwicklungen. Bitte beachten Sie hierzu auch unsere Risikohinweise.
1: https://www.institutional.vanguard.co.uk/documents/case-for-index-fund-investing-uk.pdf
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