Kommentar
16:25 Uhr, 13.08.2018

Macht uns der Regulierungswahn alle arm?

Keiner weiß, wie schädlich Regulierung wirklich ist. Dass Regulierung hemmend wirkt, scheint hingegen unbestritten. Hürden aufzustellen ist die Aufgabe der Regulatoren und nicht jede Hürde ist gleichermaßen schlecht.

Regulation kann positiv sein. Mit guten Regeln hätten die meisten Finanzkrisen vermieden werden können. Gelernt wurde aber immer erst nach der Krise. Das war auch nach der letzten Finanzkrise so. Die USA preschen hier nun vor und wollen die Regeln wieder lockern. Das ist der normale Lauf der Dinge.

Fehlende Regulation führt zu Exzessen. Die Krise kommt und die Regulation schlägt richtig zu. Mit dem Kurzzeitgedächtnis der Politik werden die Regeln einige Jahre nach der Krise wieder gelockert bis es zum nächsten Exzess mit all seinen negativen Folgen kommt.

Der internationale Währungsfonds hat dazu in diesem Jahr interessante Research veröffentlicht. Beispielhalft ist der Verlauf des japanischen Leitindex und die Anzahl an Mitarbeitern im Finanzministerium dargestellt (siehe Grafik). Der Nikkei legte richtig los, als der Aderlass im Ministerium begann. Als die Blase platzte, brauchte es plötzlich wieder viele Mitarbeiter.

Behörden, die den Markt regulieren sollen, verhalten sich auf der ganzen Welt gleich. Die Korrelation aus Budgets für Behörden und Mitarbeitern und Exzessen auf dem Markt ist groß, ausnahmslos. Zufall ist das sicherlich nicht.

Regulation umfasst sehr viel mehr als nur den Finanzmarkt. Man denke nur an die neue EU-Datenschutzverordnung. Generell ist es gut, dass die Daten von Verbrauchern besser geschützt werden und sie über die Verwendung der Daten informiert werden müssen. Ob nun aber der Schneider um die Ecke, der eine Kundenkartei in der Cloud führt, gleich reguliert werden muss wie Google, sei dahingestellt.

Unzweifelhaft leiden kleine Unternehmen unter Regulation am meisten. Sie haben nicht die Ressourcen, um mithalten zu können. Wenn ein Unternehmen von 10 Personen eine zusätzliche Arbeitskraft braucht, um mit der Regulation mithalten zu können, ist das sehr problematisch. Die Kosten sind zu hoch und mit mehr Ressourcen wird am Ende nicht mehr produziert.

Viele Untersuchungen zeigen, dass ein Übermaß an Regulation die Produktivität hemmt. Das erscheint auch logisch, denn man braucht plötzlich mehr Ressourcen, um sich an Regeln zu halten, ohne mehr zu produzieren. Sinkende Produktivität, insbesondere bei kleineren Unternehmen, lassen sie im Wettbewerb zurückfallen.

Im Gegenzug profitieren die Großunternehmen. Sie haben die Ressourcen, um in einer stark regulierten Welt zu bestehen. Am Ende gibt es weniger Wettbewerb, wenn immer weniger, dafür immer größere Unternehmen mehr und mehr des Marktes auf sich konzentrieren können. Mangelnder Wettbewerb und niedrige Produktivität wiederum hemmen das Wachstum.

Das Weiße Haus geht davon aus, dass die USA durch Regulation deutlich langsamer wachsen als möglich. Anstatt 3 % zu wachsen, sind es zuletzt nur noch 2-2,2 % gewesen. Ein Drittel mehr Wachstum erscheint der Regierung möglich. Normalerweise übertreibt die Regierung, um ihre Agenda durchzubringen. Es ist aber absolut vorstellbar, dass Regulation ein Viertel oder ein Fünftel des potentiellen Wachstums kostet.

Weniger Wachstum sind am Ende Kosten, weniger Beschäftigte, langsameres Lohnwachstum und damit am Ende auch ein Lebensstandard, der sich kaum noch vom Fleck bewegt. Wir regulieren uns zwar nicht arm, aber den Wohlstand fördert es ebenfalls nicht uneingeschränkt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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