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12:26 Uhr, 15.07.2019

Luxussektor im Wandel: Wachsender Trend zu individuellen Erlebnissen

Durch den globalen Wandel im Konsumverhalten geraten nach Einschätzung von Swetha Ramachandran, Spezialistin für Luxusmarken bei GAM Investments, auch Luxusanbieter zunehmend unter Druck, ihre Geschäftsmodelle anzupassen.

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Zürich (GodmodeTrader.de) - Der Luxussektor erfährt derzeit einen tiefgreifenden Wandel. Statt lediglich Produkte einer Luxusmarke zu besitzen, erwartet die Millennials-Generation zunehmend eine Kombination von Marke und einhergehendem Konsumerlebnis. Dieser Trend ist Folge der digitalen Revolution im Einzelhandel und dürfte anhalten, wodurch traditionelle Luxusgüter langfristig unter Druck geraten, wie Swetha Ramachandran, Spezialistin für Luxusmarken bei GAM Investments, in einem Marktkommentar schreibt.

Hersteller von Luxusgütern würden traditionell als produktorientierte Unternehmen gelten, die auf hohe Preisniveaus angewiesen seien und ihre Preisdurchsetzungsmacht durch gezielte Marketingmaßnahmen stärkten. Dies erhöhe die Markteintrittsbarrieren, die den Markeninhabern Schutz vor Konkurrenz böten. Im Kern sei diese Vorgehensweise unverändert richtig, wie die anhaltende Outperformance weltweit führender Marken wie Louis Vuitton (LVMH), Gucci und Cartier zeige, die in ihren jeweiligen Kategorien hohe und weiterwachsende Margen erzielten, heißt es weiter.

„Wir leben jedoch in einer Zeit, in der klassische Luxusgüter über mobile Apps praktisch überall und für jeden verfügbar sind. Da sich Kleidung und Accessoires dank neuer Geschäftsmodelle zunehmend leichter leihen und wieder verkaufen lassen, hat der reine Besitz solcher Produkte etwas an Prestige verloren. Dies hat dazu geführt, dass Konsumenten unterschiedlicher Einkommensklassen ihre Ausgaben zunehmend vom Erwerb von Luxusgütern auf ein breites Spektrum einzigartiger «Erlebnisse» verlagern. Statussymbole wie Reisen, edle Weine und Spirituosen und der Besuch erstklassiger Restaurants verzeichneten daher in den vergangenen zehn Jahren ein stärkeres Wachstum als der Erwerb persönlicher Luxusgüter“, so Ramachandran.

„Wir erwarten eine Fortsetzung dieses Trends, da die mit digitalen Medien aufgewachsenen Konsumenten aus den Reihen der Millennials und der Generation Z zunehmend eigene Markenbeziehungen aufbauen“, so die GAM-Expertin. Dies geschehe unabhängig vom traditionellen analogen Marketing durch den direkten Kontakt über soziale Medien, Influencer oder exklusive Marken-Events. Diese Konsumenten, die eine Gemeinschaft bildeten, zählten zu den treuesten Kunden. Wie verschiedene Marketingstudien gezeigt hätten, steige die Wahrscheinlichkeit um das zehnfache, dass Konsumenten, die personalisierte Erlebnisse schätzten, zu den wertvollsten Kunden einer Marke würden. In gewisser Weise entwickelten sie sich zu inoffiziellen Markenbotschaftern, indem sie ihre ‚Luxuserlebnisse‘ in sozialen Netzwerken präsentierten, heißt es weiter.

„Dadurch bilden sie die begehrteste Konsumentengruppe für gesundheits- und wellnessorientierte Firmen wie das Sportbekleidungsunternehmen Lululemon, Fitbit oder den Botox-Hersteller Allergan. Gleiches gilt für die Branchen Luxusreisen und -reiseartikel (z. B. Vail Resorts, Samsonite), Kunst/Kunsthandwerk (z. B. die E-Commerce-Website Etsy oder das Auktionshaus Sotheby’s), edle Weine und Spirituosen (Moët Hennessy, Remy Cointreau) sowie High-End-Elektronik (Sonos, Apple)“, so Ramachandran.

Dieser Ansatz, eine Marke auf Erlebnissen aufzubauen, habe vor einigen Jahren frischen Auftrieb erhalten, als Premium-Sportmodemarken wie Lululemon und Sweaty Betty damit begonnen hätten, Yoga- und Sportkurse in ihren Geschäften anzubieten. Mit dem Zusatznutzen aus derartigen individuellen Erlebnissen lasse sich die Kundenloyalität gezielt aufbauen. Diageo habe vor Kurzem erläutert, wie sein ‚erlebnisorientierter Flagship-Store‘ – das Johnnie Walker House in Madrid – dazu beigetragen habe, schottischen Whisky jüngeren Konsumenten näherzubringen. Auch Bestandskunden seien von dieser Idee begeistert, die es ihnen ermögliche, unmittelbar mit der Marke in Kontakt zu treten. LVMH sei in dieser Hinsicht besonders zukunftsorientiert. Mit der Übernahme des Luxushotelbetreibers Belmond habe der Konzern seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass sich erlebnisorientierter Luxuskonsum zukünftig zu einer wichtigen Kategorie entwickeln werde. Die Zusammenarbeit mit Designern bei der Gestaltung von limitierten Auflagen könne sich als ein äußerst effektives Mittel erweisen, um Kunden für ein Produkt zu begeistern. Der Kauf dieser Kleinserien biete den Konsumenten ein exklusives Erlebnis – einen Eindruck davon hätten kürzlich die Schlangen vor den Selfridges-Kaufhäusern bei der Einführung der Travis Scott Air Jordans Sportschuhe von Nike vermittelt, heißt es weiter.

„Insbesondere die traditionellen Einzelhändler, die ihr Geschäftsmodell angesichts des digitalen Wandels grundlegend erneuern wollen, konzentrieren sich auf den Trend zu Luxuserlebnissen. Beispielsweise hat Harrods mit seinem ‚Salon de Parfums‘ einen Service für persönlich kreierte Parfüms ins Leben gerufen, der ein Jahr nach der Markteinführung bereits einen Anteil von 25 % am Geschäft mit Duftstoffen erobert hat. Das Unternehmen entwirft unter anderem maßgeschneiderte Aromen für Hochzeiten und bietet den Kunden dadurch eine besondere Erinnerung, die sich nach Einschätzung von Michael Ward, Managing Director von Harrods, viele Menschen schaffen wollen. Der australische Winzer Penfolds, der zur Treasury Wine Estates Gruppe gehört, hat dagegen ein florierendes Geschäftsmodell für chinesische Touristen entwickelt, die sein denkmalgeschütztes Weingut besuchen. Sein Angebot an Weinverkostungen und -seminaren entwickelte sich so erfolgreich, dass Penfolds inzwischen auch Führungen auf Mandarin anbietet“, so Ramachandran.

Durch den globalen Wandel im Konsumverhalten gerieten auch Luxusanbieter zunehmend unter Druck, ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Luxuserlebnisse böten ihnen dabei die Möglichkeit, näher bei ihren Kunden zu sein und so am Puls der Zeit zu bleiben, heißt es weiter.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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