Kommentar
14:00 Uhr, 26.10.2016

Lasst die Banken in Ruhe!

Die armen Banken! Nicht nur müssen sie mit dem Niedrigzinsumfeld umgehen, sie müssen auch am laufenden Band Strafen zahlen. Das geht so doch nicht weiter!

Nemat Shafik, Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der Bank of England, macht mit einer interessanten Aussage auf sich aufmerksam. Demnach haben Banken seit 2008 ungefähr 275 Mrd. Dollar an Strafen gezahlt. Das wiederum reduziert die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben. Shafik vermutet, dass 5 Billionen Dollar weniger Kredit vergeben werden können, weil Banken so hohe Strafen zahlen mussten.

Nun meinte Shafik wohl nicht das, was die meisten gehört haben: Lasst doch die Banken in Ruhe und verschont sie vor Strafzahlungen! Genau das allerdings haben viele verstanden. Gemeint war wohl etwas anderes. Derzeit ist die Bankenkultur großes Thema überall auf der Welt, besonders in den USA und Europa. Wären alle anständig und würden sich an die Gesetze und die Regulation halten, dann bräuchte es diese Strafen gar nicht.

Banken jammern zudem, dass sie kaum noch Geld verdienen. Bei so mancher Bank liegt das unter anderem an den Strafzahlungen. Sollte die Deutsche Bank in den USA zwischen 5 und 14 Mrd. Dollar Strafe zahlen müssen, dann ist der Gewinn der nächsten Jahre oder vielleicht sogar des nächsten Jahrzehnts gleich weg.

Dieser Umstand kann nun keinesfalls bedeuten, dass Banken verschont werden sollten, um ihre Bilanzen zu schützen. Das wäre ja noch schöner. Vielmehr zeigt der Vergleich der 275 Mrd. an Strafzahlungen mit dem Kreditvolumen von 5 Billionen, dass es sich lohnt, sich an Gesetze zu halten. Sowohl die Gewinn- als auch die Kapitalposition wäre dann besser. Zudem könnten Banken deutlich mehr Geschäft machen.

Für vergangene Vergehen ist es nun zu spät. Banken müssen ihre Bußen zahlen und das ist gut so. Grafik 1 zeigt, dass die Strafzahlungen durchaus eine Motivation sein können, sich zukünftig an Gesetze zu halten. Seit 2008 hat die Bank of America knapp 58 Mrd. an Strafzahlungen geleistet. Wenn das keine Motivation ist, in Zukunft unlautere Praktiken zu unterlassen, dann weiß ich auch nicht.

Die Bank of America ist in zahlreicher Gesellschaft. Keiner hat so viele und hohe Strafen bezahlt wie sie, doch auch die BNP Paribas lässt sich mit 8,9 Mrd. nicht lumpen. Barclays kam bisher mit 3,6 Mrd. davon. Die Citigroup kann mit knapp 15 Mrd. davon nur träumen, ebenso JP Morgan mit 32 Mrd. Die meisten anderen Großbanken wie Credit Suisse, Deutsche Bank und UBS kamen bisher mit Summen von 2-5 Mrd. davon. Wells Fargo könnte sich in den kommenden Jahren noch unter die Spitzenplätze mischen. Bisher zahlte die Bank knapp 10 Mrd. an Strafen. Wegen unlauterer Geschäftspraktiken könnten nun noch Einiges hinzukommen.

Die Vergehen der Banken sind weit gestreut. Am meisten mussten Banken für die Subprime Krise berappen (80 Mrd.). Es folgen unlautere Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungen (36 Mrd.) und Verstöße gegen Sanktionen, Geldwäschegesetze und Steuerhinterziehung (23 Mrd.).

Wie man es dreht und wendet, man kommt nicht umhin, Banken durch hohe Geldstrafen zur Rechenschaft zu ziehen. Gäbe es diese Strafen nicht – Bilanz, Kapital und Gewinn hin oder her – dann wäre unethischem Verhalten jedes Tor geöffnet. Betrachtet man die Historie, dann hat man nicht den Eindruck, dass Moral und Ethik bisher zu den Stärken der Branche gehörten.

Clemens Schmale

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12 Kommentare

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  • amateur
    amateur

    Na ja, wenn die Banken so hohe Strafen zahlen und doch so weiter machen, heißt das nichts anderes, als dass der "Gewinn" vorher größer war als die Strafe...

    19:34 Uhr, 26.10.2016
  • 1 Antwort anzeigen
  • 2 Antworten anzeigen
  • Trading2001
    Trading2001

    Wenn man sich mal vor Augen führt, welches Geschäftsgebahren die Banken an den Tag legen, dann ist jede Strafe egal in welcher Höhe gerechtfertigt.

    Die Banken beschweren sich über jede neue Regularie, da das doch nur Aufwand verursacht und bedenken nicht, dass sie selbst der Auslöser für die Regelungswut sind. Als Beispiel sei hier die Zinsänderungsklausel angeführt. Die Banken haben bei Sparverträgen die Zinsen zwar immer brav nach unten an den Kapitalmarkt angepasst, nach oben aber nur wenn es undbedingt sein musste. Bei Darlehen genau umgekehrt. Dann kamen die Verbraucherschützer und haben durchgesetzt, dass die Banken die Zinsanpassungen transparent darlegen müssen (was sie aber nicht wirklich machen). Das Geschrei war groß, da man ja für jeden Zahlplan usw. nachträglich ausrechnen musste, wie man denn die Zinsen in der Vergangenheit angepasst hatte. Das ist schon witzig, da man ja in der Vergangenheit die Zinsen willkürlich angepasst hatte. Aber wer einen solchen Sparvertrag hatte und bei seiner Bank reklamierte, der bekam dann irgendwelche gleitenden Durchschnitte mit wilden Mischungen von angeblich zugrunde gelegten Zinssätzen präsentiert.

    Ich hoffe die Bankenregulierung geht weiter und Strafen soll das korrupte Klientel auch zahlen, bis endlich freiwillig ein nicht sittenwidriges Verhalten erfolgt.

    14:28 Uhr, 26.10.2016
  • einfach
    einfach

    solange die bestrafungen keinen durchgriff auf die boni und vermögen der entscheider gestattet, wird es weiter gehen wie bisher da die strafen abseits der bonis gezahlt werden.

    14:28 Uhr, 26.10.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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