Kommentar
10:04 Uhr, 27.11.2024

Langsame Zinswende: Gut oder schlecht?

Der Zinssenkungszyklus begann dynamisch. Davon kann inzwischen keine Rede mehr sein. Anleger müssen sich auf einen langsamen Zinssenkungszyklus einstellen. Ist das für den Aktienmarkt gut oder schlecht?

Es lohnt sich, in Erinnerung zu rufen, weshalb die US-Zinswende überhaupt dynamisch begonnen hat. Die Fed Funds Rate wurde im September um einen halben Prozentpunkt gesenkt. Dies geschah, nachdem der Arbeitsmarkt im Sommer ungewöhnlich schwach erschien. Im August wurden weniger als 80.000 neue Jobs geschaffen.

wie-tief-faellt-der-oelpreis-wenn-saudi-arabien-marktanteile-gewinnen-will-Kommentar-Clemens-Schmale-stock3.com-1

Die Zinssenkung galt als überfällig. Man musste sogar Angst haben, dass die Fed den optimalen Zeitpunkt verpasst hatte. Trübt sich die Lage schnell ein, hilft nur eines. Das sind große Zinsschritte. Im November sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Von einer rapiden Abkühlung konnte keine Rede mehr sein. Im September wurden über 200.000 Jobs geschaffen. Die Wirtschaft wuchs im dritten Quartal um 2,8 %.
Seither stellen sich Anleger auf eine langsamere Zinswende ein. Die Chancen für eine weitere Zinssenkung im Dezember stehen bei ungefähr 50 %. Als Anleger erkannten, dass die Zinsen wohl zukünftig langsamer fallen werden, wurde reflexartig mit Verkäufen reagiert. Das war ein Fehler.

Anleger reagieren auf Veränderungen des Zinsausblicks so, als ob der Zins das wirtschaftliche Schicksal bestimmen würde. Aktuell ist es umgekehrt. Die Notenbank agiert datenabhängig. Daten sind per Definition rückblickend. Die Fed adjustiert den Zins anhand dessen, was gerade geschieht.

Senkt sie den Zins langsamer, bedeutet dies lediglich, dass die Fed erkennt, wie stark die Wirtschaft wächst. Der Zins sinkt langsamer, weil die Bedingungen gut sind. Das sollte für weiter steigende Kurse sprechen. Weil Anleger allerdings lieber Sicherheit haben wollen und es diese nur gibt, wenn die Zinsen rasch sinken, tendiert der Aktienmarkt in langsamen Zinswenden zwar aufwärts, aber nur gemächlich (Grafik 1).

langsame-zinswende-gut-oder-schlecht-Kommentar-Clemens-Schmale-stock3.com-1

Mit langsamen Zinssenkungen schwingt immer die Gefahr mit, dass die Fed doch zu zaghaft war und plötzlich einer Eintrübung hinterherhinkt. Die Alternative, eine schnelle Zinswende, ist nicht besser. Die Zinsen werden nur schnell gesenkt, wenn die Lage bereits schlecht ist. Der Aktienmarkt korrigiert nach Beginn eines schnellen Zinssenkungszyklus. Ein Tief wird erst sieben bis acht Monate nach der ersten Zinssenkung erreicht (Grafik 2).

langsame-zinswende-gut-oder-schlecht-Kommentar-Clemens-Schmale-stock3.com-2

Die große Überraschung kommt, wenn man langsame und schnelle Zyklen vergleicht. Ein Jahr nach der ersten Zinssenkung ist der Markt in beiden Fällen um ungefähr 5 % gestiegen. Das Endresultat ist das gleiche, unabhängig von der Geschwindigkeit der Zinssenkungen. Der Weg dorthin ist allerdings weniger volatil, wenn die Zinsen langsam fallen. Der bisherige Kursverlauf seit der ersten Zinssenkung im September scheint sich mehr am Fahrplan einer langsamen Zinswende zu orientieren. Anleger kann das mit einem mittelfristigen Zeithorizont von einem Jahr allerdings egal sein.

langsame-zinswende-gut-oder-schlecht-Kommentar-Clemens-Schmale-stock3.com-3

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten