Kommentar
08:03 Uhr, 31.07.2015

Läuft bei der Fed!

Janet Yellen kann sich richtig freuen. Derzeit läuft fast alles rund. Das erleichtert nicht nur ihr die Arbeit, sondern hilft auch dem Markt Akzeptanz für die Normalisierung der Geldpolitik aufzubauen.

Es gibt immer noch viele Argumente, weshalb die US Notenbank die Zinsen nicht anheben sollte. Diese Argumente wird es auch noch geben, wenn die Inflation bei 2% liegt und die Wirtschaft brummt. Wer wirklich will, der findet immer ein Haar in der Suppe. Wer nicht ganz so kleinlich ist, der muss momentan lange suchen, um Argumente gegen einen Zinsanstieg zu finden, denn es hat sich in den letzten Wochen eine extrem solide Basis für die Zinswende gebildet.

Zum einen sind da die Arbeitsmarktzahlen. Zum anderen ist das Wirtschaftswachstum robust. Ersteres wird von einigen immer noch kritisch beäugt, weil die Partizipationsrate historisch niedrig ist. Das ist eines der Haare in der Suppe, die man finden kann, wenn man will. Allerdings muss man vernünftigerweise zugeben, dass auch weiterhin niedrige Zinsen die Partizipationsrate nicht ansteigen lassen werden. Der US Wirtschaft geht es heute deutlich besser als vor zwei oder vor drei Jahren. Dennoch fällt die Partizipationsrate weiter. Die Korrelation zwischen Zinsen und dem Anteil der Arbeitnehmer an der Gesamtbevölkerung ist ziemlich gering - insbesondere in den letzten Jahren.

Auf der positiven Seite können sich die Notenbanker über die niedrigsten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe seit Jahrzehnten freuen. So schlecht kann es dem Arbeitsmarkt nicht gehen. Grafik 1 zeigt die monatlichen Erstanträge in absoluten und in relativen Zahlen. Die absoluten Zahlen sind in orange abgebildet. Die horizontale Linie zeigt das aktuelle Niveau. Man muss bis in die frühen 70er Jahre zurückgehen, um tiefere Werte zu finden.

Betrachtet man die relativen Zahlen (blau), dann sieht es noch besser aus. Die relativen Zahlen zeigen die Erstanträge als Prozentsatz der Bevölkerung. Das hat m.E. eine höhere Aussagekraft als die absoluten Zahlen, schließlich ist die US Bevölkerung heute über 50% größer als zu Beginn der Datenreihe.
Auf relativer Basis waren die Zahlen seit Erhebung noch nie so gut. Das ist ein Grund zur Freude für Politiker und die Fed und ein Argument nicht mehr ewig mit der ersten Zinserhöhung zu warten.

Ein ganz anderer Faktor, der der Notenbank zuletzt Sorge bereitete, war der starke Dollar. In Erwartung einer Zinsanhebung wertet dieser seit einem Jahr massiv auf. Das führt dazu, dass es die US Exportindustrie schwer hat. Gleichzeitig steigen die Importe, die durch den starken Dollar billiger werden. Das drückt das Wirtschaftswachstum.

Das Wirtschaftswachstum setzt sich aus dem Anstieg der Konsumausgaben, der Investitionen und der Nettoexporte (Exporte minus Importe) zusammen. Die Nettoexporte sind in den USA negativ, weil mehr importiert als exportiert wird. Durch den aufwertenden Dollar wurden die Werte immer negativer und drückten so auf das Wachstum.

Grafik 2 zeigt das Wirtschaftswachstum der USA seit Ende 2011 und die Beiträge einzelner Komponenten zum Wachstum. Im ersten Quartal drückten die Nettoexporte (hellgrüne Balken) das Wachstum um 1,92%. Im vergangenen zweiten Quartal ist diese Komponente nicht mehr zu erkennen. Tatsächlich trugen die Nettoexporte in Q2 2015 sogar 0,13% zum Wachstum bei. Der starke Dollar ist also kein Argument mehr. Der Fairness halber muss man sagen, dass der Dollar in Q2 seinen Aufwärtstrend kurzzeitig pausierte. Nichtsdestotrotz ist in den kommenden Quartalen nicht mit einem negativen Beitrag der Nettoexporte in der Größenordnung des ersten Quartals zu rechnen. Der erste Schock der Dollaraufwertung ist größtenteils verdaut.

Interessant ist der Beitrag von privaten Konsumausgaben zum Wachstum. Zu den Konsumausgaben zählt auch der Kauf von Autos. Diese trugen 0,26% zum Wachstum bei. Das ist mehr als ein Zehntel des Gesamtwachstums des zweiten Quartals 2015. Es ist schon bemerkenswert wie Autoverkäufe einen so hohen Anteil haben können und es geht sogar noch mehr. Ende 2011 lag der Beitrag bei 0,5 Prozentpunkten.

Einen Wermutstropfen findet man auch in diesem Datensatz. Die Investitionen von Unternehmen gehen zurück. Sie schrumpften in Q2 das erste Mal seit Jahren. Aufschrecken sollte dies dennoch nicht. Der Rückgang ist vor allem auf den Rohstoffsektor zurückzuführen. Die hohen Investitionsausgaben der letzten Quartale kamen aus dem Öl- und Gassektor. Hier wird nun dank niedriger Ölpreise bei Investitionen gespart. Für die Fed ist das ein Wermutstropfen müsste konsequenterweise aber als "vorübergehender Faktor" gesehen werden.

Die Daten sind solide genug, um eine Zinsanhebung zu rechtfertigen. Drückt man ein Auge zu, dann muss man sogar sagen: worauf wartet die Notenbank noch!

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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