Kommentar
14:01 Uhr, 28.02.2007

Kurskorrekturen an weltweiten Aktienmärkten

1. Die am 27. Februar an den weltweiten Aktienmärkten einsetzenden Kursrückgänge sind Korrekturen, die in fortgeschrittenen Haussephasen nicht ungewöhnlich sind, wenngleich Ausmaß und Zeitpunkt solcher Bewegungen nicht vorhergesehen werden können. Es handelt sich aus unserer Sicht um eine Korrektur „heißgelaufener“ Aktienmärkte und nicht um den Beginn einer Trendwende.

2. Zu den Auslösern aus unserer Sicht: Die Weltwirtschaft ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen (Hintergrund: die seit Mitte der Neunziger Jahren eingesetzte dritte große Globalisierungswelle). Die Unternehmen haben enorme Produktivitätssteigerungen realisiert (Hintergrund: eine deutliche internationalen Wettbewerbsverschärfung): Diese Faktoren bildeten den Grundstein für einen berechtigten Anstieg der weltweiten Aktienkursniveaus und bleiben weiter bestehen. Hieraus leitet sich der deutliche Anstieg der weltweiten Aktienindizes der jüngeren Vergangenheit ab. Dass dies im Gegensatz zum Jahr 2000 keine Luftbuchungen waren, haben die börsennotierten Unternehmen Quartal für Quartal mit Rekordgewinnen belegt. Aufgrund dieser bereits real vorhandenen Gewinnniveaus der Unternehmen und selbst bei bereits geringeren Gewinnerwartungen für die absehbare Zukunft sind die erreichten Kursniveaus nachhaltig. Gleichzeitig haben Sondereffekte die haussierenden Aktienmärkte in den vergangenen zwei Quartalen zusätzlich beflügelt: So blieben etwa negative Schocks, die sonst im Wochentakt auf die Märkte treffen, eine ganze Weile lang aus: die Welt blieb von außergewöhnlichen neuen politischen, militärischen Konflikten sowie Naturkatastrophen oder steigenden Rohölpreisen verschont. Im Schatten dieser ruhigen Umfeldbedingungen sowie positiver Konjunkturüberraschungen von der US-Wirtschaft haben die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten nochmals kräftig an Fahrt aufgenommen. Hierzu beigetragen hat auch ein ungewöhnlich warmer Winter, der den saisonalen Rückgang der ökonomischen Aktivität in dieser Jahreszeit diesmal ausfallen ließ. Vor diesem Hintergrund ist die Risikowahrnehmung der Finanzmärkte gesunken, die Volatilitätsindizes sanken auf sehr niedrige Niveaus, gleichzeitig sind die Aktienmärkte in Europa, den Vereinigten Staaten sowie den Emerging Markets, insbesondere den großen Ländern in Asien stetig angestiegen. In einem solchen Umfeld sind vorübergehende Korrekturen starker Aufwärtsbewegungen nicht ungewöhnlich, die umso heftiger ausfallen, je länger die Bewegung nach oben war. Dementsprechend gab es auch keinen ungewöhnlichen Anlass für die Korrektur. Am bemerkenswertesten ist noch, dass sie in Schanghai ihren Ausgangspunkt nahm, was die gestiegene Bedeutung der noch jungen chinesischen Aktienmärkte symbolisch unterstreicht. Alle anderen am gestrigen Tage herumgereichten Erklärungen (Bankenabschreibungen auf Hypothekenkredite, Greenspan-Einschätzung der US-Konjunktur) waren nichts neues.

3. Ausblick: Das realwirtschaftliche Bild hat sich in den Tagen vor der Aktienmarktkorrektur nicht verändert. Die Industriestaaten befinden sich jeweils in verschiedenen Phasen eines soliden Aufschwungs: die USA in einer Spätphase, die Europäer etwa in der Mitte, eine weitere Erholung erwarten wir für Japan. Es sind im Vorfeld der Korrektur keine makroökonomischen Daten bekannt geworden, die eine veränderte Wahrnehmung des Konjunkturbildes gestatten. Die gestern nachmittag mit -7,8 % mom gemeldeten USAuftragseingänge, die die Markterwartungen (-3,0 %) enttäuschten, sind ein sehr schwankender Indikator, der aufgrund einer guten Vormonatszahl sowie fehlender Großaufträge einen Rückpralleffekt verzeichnete. Vor dem Hintergrund der Kursbewegungen wurde die ebenfalls gestern bekannt gegebene positive Überraschung beim US-Verbrauchervertrauen nicht wahrgenommen. Die Korrektur des Immobiliensektors in den USA ist „planmäßig“ unterwegs, hier wird das erste Quartal 2007 wohl den Tiefpunkt darstellen. In Euroland mussten die Prognosen bis in den Februar hinein aufgrund verbesserter Daten sogar nach oben genommen werden. Vor diesem Hintergrund erachten wir die Marktbewegungen als eine Korrektur der Aktienmärkte aus sich heraus nach außerordentlich starker Kursentwicklung in den Vorquartalen und damit als Abbremsung einer drohenden Über-Beschleunigung.

4. Natürlich müssen Risiken im Auge behalten werden: Kursverluste müssen von den Finanzmarktteilnehmern verdaut werden; es dürfen sich keine Schieflagen ergeben. Die Konjunkturdaten dürften in den kommenden Wochen recht gemischt ausfallen, allein schon, weil viele Aufträge, die normalerweise im Winter liegen bleiben, in diesem Jahr schon abgearbeitet sind. Gleichzeitig muss darauf hingewiesen werden, dass die Notenbanken die Liquiditätsversorgung deutlich gedrosselt haben: Liquiditätsgetriebene Übertreibungen und Vernachlässigungen von Risiken werden allmählich an den Märkten korrigiert. Die Finanzmärkte bewegen sich wieder mehr zum fundamental gerechtfertigten Tempo zu. An den Aktienmärkten sind aber Fundamentalfaktoren und Kurse nicht weit auseinander. Da das Konjunktur- und Wachstumsbild intakt bleibt, bilden die starken Kursrückgänge wahrscheinlich eine vorübergehende Episode.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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