Kräftige Erholung nach massivem Einbruch
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Auch wenn die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus nach wie vor erschreckend hoch ist, blickt die DWS mit viel Optimismus auf das Jahr 2021. Das gilt sowohl für die Entwicklung der Realwirtschaft, als auch für die Chancen an den Kapitalmärkten. Die Voraussetzungen für diesen positiven Ausblick fasste Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege der DWS, bei dem Jahresausblick des Vermögensverwalters am Mittwoch so zusammen: „Entscheidend wird sein, dass sich die Erwartungen erfüllen, die an die Wirksamkeit der Covid-19-Impfung und deren schnelle Einführung gerichtet sind.“ Für die Impfung bedeute dies, dass sie weitgehend flächendeckend bis spätestens Ende des dritten Quartals 2021 erfolgreich durchgeführt sein müsse. „Die Märkte haben dieses optimistische Szenario eingepreist, eine große Fehlertoleranz gibt es dabei nicht“, so Kreuzkamp.
Verwirklichten sich diese Annahmen, sei mit einer extrem raschen Erholung der Wirtschaft zu rechnen. „Wir haben schon in diesem Jahr gesehen, wie schnell die Wirtschaft nach dem sehr starken Einbruch im zweiten Quartal wieder zugelegt hat, nachdem die Einschränkungen gelockert wurden“, sagte Kreuzkamp. „Wir erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Eurozone bereits Ende des Jahres 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird.“ Das sei verglichen mit der Entwicklung nach der großen Finanzkrise extrem schnell, als die Rückkehr knapp sieben Jahre gedauert habe.
Das globale Wirtschaftswachstum sehe die DWS 2021 bei 5,2 Prozent, im Euroraum bei 5,5 Prozent. Besonders stark werde der Aufschwung in China ausfallen. Dort erwartet Kreuzkamp im kommenden Jahr ein Wachstum von 8,2 Prozent.
Insgesamt positiv beurteilte Kreuzkamp die Situation in den USA nach der Präsidentschaftswahl. Weil die Machtverhältnisse wahrscheinlich ausbalancierter sein würden als vor der Wahl von vielen Beobachtern vermutet – der demokratische Erdrutschsieg ist ausgeblieben –, dürften radikale Änderungen in der Wirtschaftspolitik nicht sehr wahrscheinlich sein. Gerade der globale Handel dürfte von mehr Berechenbarkeit der künftigen US-Politik profitieren, so Kreuzkamp. Massive Steuererhöhungen, die die Profitabilität von Unternehmen belasten würden, seien mit dem Wahlausgang unwahrscheinlicher geworden. Eine höhere Priorität von Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz und der Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen sollten sich positiv auswirken. Dennoch bleibe die Unsicherheit hoch, da es bis Januar dauern werde, bis die Mehrheitsverhältnisse im US-Senat geklärt seien.
Was die Geldpolitik der Notenbanken angeht, sieht Kreuzkamp im kommenden Jahr keine fundamentale Änderung. „Die Zinsen werden weiter auf dem extrem niedrigen Niveau bleiben. Weitere Zinssenkungen sehen wir aber nicht.“ Die Nullzinspolitik werde sich bis ins Jahr 2023 fortsetzen, ebenso wie die Anleihe-Kaufprogramme der Zentralbanken. Das gelte sowohl für die USA als auch für Europa.
Ein deutlicher Anstieg der Inflation ist laut Kreuzkamp im kommenden Jahr nicht in Sicht. Etwas Bewegung könne aber in den darauffolgenden Jahren in die Verbraucherpreise kommen. Dann könnte eine erhöhte Nachfrage auf ein nach wie vor etwas eingeschränktes Angebot treffen und die Preise steigen. Das werde von den Zentralbanken aber durchaus in Kauf genommen angesichts der stark gestiegenen Staatsverschuldung, so Kreuzkamp. Bis diese beispielsweise in Italien auf das Vorkrisenniveau zurückgeführt werden könne, dürfte es zwischen elf und vierzehn Jahren dauern, erwartet der Kapitalmarktstratege. Ausdrücklich betonte Kreuzkamp jedoch, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass das Land dieselbe Entwicklung wie Griechenland nehmen werde.
Für Zinsanlagen haben sich die Aussichten in den vergangenen Monaten nicht grundsätzlich verändert, so Kreuzkamp. Wer Rendite wolle, müsse sich jenseits von Staatsanleihen umsehen. Mit Unternehmensanleihen seien je nach Ausprägung und Region Renditen zwischen zwei und vier Prozent erzielbar. Besonders aussichtsreich erscheinen Kreuzkamp Unternehmensanleihen aus den asiatischen Schwellenländern, deren Emittenten deutlich besser durch die Krise gekommen seien als etwa viele ihrer lateinamerikanischen Pendants. Die Renditeaussichten für Staatsanleihen blieben dagegen rund um den Globus gedrückt. Hier lägen realistische Erwartungen für die Wertentwicklung bei lediglich 0,5 Prozent. Das heiße allerdings nicht, dass Staatsanleihen überflüssig seien. Sie seien nach wie vor als Mittel zur Diversifikation in einem Portfolio äußerst wichtig, als ausgleichender Faktor in Zeiten hoher Volatilität.
Ähnliches gelte für den Dollar. Dessen Wechselkursentwicklung spiegele seit April dieses Jahres hauptsächlich die Risikowahrnehmung wider und weniger Zinsdifferenzen, die derzeit sowieso wenig ausgeprägt seien. In Zeiten hoher Unsicherheit werde der Dollar als Diversifikationsinstrument wahrgenommen, dessen Kurs bei höherer Unsicherheit steige. Damit sei die US-Währung neben Staatsanleihen ein wichtiger Baustein, um Stressphasen an den Börsen besser bewältigen zu können. Ende des Jahres 2021 sieht die DWS den Euro-Dollar-Wechselkurs bei 1,15, erwartet also einen leicht stärkeren Dollar.
Für die Aktienmärkte blickte Kreuzkamp optimistisch auf das Jahr 2021, auch wenn diese zuletzt schon außergewöhnlich gut gelaufen seien. Eine Wertentwicklung im mittleren bis hohen einstelligen Bereich sei möglich. Aktienanleger würden einerseits niedrigere Risikoprämien angesichts fehlender Alternativen zur Aktienanlage akzeptieren, was höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse rechtfertige. Da die Unternehmensgewinne deutlich anziehen dürften, würden die Bewertungen andererseits auch etwas zurückgehen, erwartet Kreuzkamp, aber immer noch deutlich über ihrem langjährigen Durchschnitt liegen.
Einen grundsätzlichen Favoritenwechsel bei Aktien erwartet Kreuzkamp nicht. Technologieaktien blieben weiter aussichtsreich. Eine Rotation von Wachstums- zu Substanzwerten sei nicht zu erwarten, auch wenn kurzfristig bei Substanz-Titeln Kursrallys möglich seien. Als klaren Krisen-Gewinner identifizierte Kreuzkamp Aktien aus dem Bereich Klima-Technologie. Die verschärften Regulierungen auf dem Weg hin zu CO2-Neutralität würden die Wirtschaft nachhaltig verändern und riesige Investment-Chancen eröffnen. So stünden allein von institutionellen Investoren 17 Billionen Dollar Anlagegelder bereit, die bevorzugt in klimaneutrale Investments angelegt werden müssten.
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