Kommentar
09:51 Uhr, 08.04.2020

Konjunkturprogramme: Wie viel ist zu viel?

Noch sind die angekündigten Billionen gar nicht geflossen, da wird schon über neue Konjunkturprogramme nachgedacht. Gibt es dabei so etwas wie zu viel?

Die meisten Regierungen lassen sich nicht lumpen. Klotzen statt kleckern ist angesagt. Ein Land übertrifft das nächste. Selbst Japan, das sich bisher zurückgehalten hat, will sich nun an dem Wettrennen beteiligen. Mit über 500 Mrd. Dollar könnte das bisher größte Konjunkturprogramm der Landesgeschichte aufgelegt werden.

Derzeit müssen sich Staaten auch keine Sorgen über die Finanzierung machen. Die bisher angekündigten Ausgaben befinden sich alle in einem Rahmen, die über die laufenden QE-Programme abgedeckt werden. Grafik 1 zeigt dazu die direkten Staatsausgaben in Prozent des QE Programms. Die QE-Programme der jeweiligen Länder entsprechen immer 100 %. So lassen sich die einzelnen Länder besser vergleichen.


Dazu ein Beispiel: Deutschland hat angekündigt, seine direkten Ausgaben um knapp 160 Mrd. zu erhöhen, um der Wirtschaft zu helfen. Die EZB wird im Rahmen ihres aufgestockten QE-Programms aber knapp 180 Mrd. an deutschen Anleihen kaufen. Die direkten Mehrausgaben sind durch das QE-Programm der EZB also gedeckt.

Anders sieht es bei den indirekten Ausgaben aus. Bei diesen Ausgaben handelt es sich um Kreditgarantien, kurzfristige Steuersenkungen und Stundungen von Steuerschulden. Hier halten die QE-Programme in vielen Ländern nicht mehr mit.

In Japan und den USA werden die Notenbanken so viele Anleihen kaufen wie notwendig. Hier kann man davon ausgehen, dass QE immer ausreichen wird. In der Eurozone ist das anders. Kanada hat sein erstes Programm aufgelegt und es ist nicht bekannt wie lange es laufen wird.

Viele Länder greifen tief in die Tasche. Im Vergleich zu den Programmen 2008/09 sind viele deutlich größer. Im Vergleich zu 2008 gibt Deutschland heute mehr als doppelt so viel aus (Grafik 2). Auch die USA geben mehr aus, allerdings vielleicht weniger als man bei 2 Billionen meinen mag. Nur gut die Hälfte der 2 Billionen sind direkte Ausgaben. Vieles sind Garantien und Stundungen.

Bei allen Programmen wissen wir vermutlich erst in Jahren wie viel wirklich ausgegeben wurde, wenn auch klar ist wie viele der Kredite ausgefallen sind. Ob diese Programme sinnvoll sind, darüber wird kaum debattiert. Widerspruchslos werden neue Gelder von Parlamenten freigegeben. So etwas wie „zu viel“ scheint es nicht zu geben. Man kann die Wirtschaft ja nicht vor die Hunde gehen lassen...

Oder doch? Die beschlossenen Maßnahmen fangen in den meisten Ländern den Abschwung auf, der durch einen sechswöchigen Stillstand anfällt. Die Erholung danach wird holprig und zäh. Es wird noch mehr Geld brauchen. Dauert der Stillstand länger oder kommt eine zweite Welle, braucht es noch mehr Geld. Möglicherweise ist das, was wir bisher gesehen haben, erst ein Drittel der notwendigen Ausgaben.

In diesem Fall übernehmen die Regierungen praktisch die Wirtschaft. Obwohl viele Betriebe nicht arbeiten und immer mehr Menschen keinen Job haben, zahlt die Regierung aus und gaukelt vor, dass alles weitergeht. Mieten können nicht gezahlt werden? Kein Problem, der Staat springt ein. Zinsen auf die Hypothek? Vater Staat zahlt. Das Unternehmen kann keine Löhne mehr überweisen? Der Scheck kommt von der Regierung.

Ich mache mir in den meisten Ländern keine Sorgen über die Finanzierung der Maßnahmen. Die Notenbanken zahlen. Dennoch gibt es auch zu viel des Guten. Einerseits übernimmt der Staat dadurch die Wirtschaft. Andererseits birgt die Finanzierung durch die Notenpresse immer die Gefahr, dass Geld irgendwann seinen Wert verliert. Dann wird es erst recht schlimm, weil Notenbanken selbst mit noch mehr Geld nichts mehr bewirken können.

Letztendlich ist es ein Dilemma zwischen dem Versuch die Ausbreitung des Virus zu verhindern (Lockdown, Staat springt ein) und der absoluten Notwendigkeit einer funktionierenden Wirtschaft (damit Geld seinen Wert nicht verliert). Aktuell entscheiden sich Regierungen mehrheitlich für die erste Option. Ob das richtig ist, wissen wir erst später. Irgendwann ist viel aber zu viel. Der Punkt könnte näher sein als viele denken.

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12 Kommentare

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  • Siegfried75
    Siegfried75

    Der Devisenmarkt sowie der Goldpreis werden es früh genug anzeigen, wenn es zuviel wird. Und heute kann man sein Vermögen blitzschnell innerhalb von Sekunden in jedes Asset umschichten. Wenn also jemand Probleme bekommt, dann wird dieses Problem vor dem PC sitzen und nicht in der Regierung oder in der Zentralbank.

    Gewiss, der Staat hat in der Wirtschaft nichts zu suchen, und das gegenwärtige System ist einfach nur pervers, weil es mit dem Markt im eigentlichem Sinne nichts zu tun hat. Die Schuldner und Prasser werden belohnt und die Sparsamen werden bestraft. Es sollte genau umgekehrt sein, und gerade in Krisen wie jetzt sollten die Prasser verhungern und unter Brücken enden, während die Sparsamen sich als Könige fühlen dürfen. Das wäre nur gerecht. Vielleicht wird das noch so, nach dem Zusammenbruch, der unausweichlich ist.

    20:19 Uhr, 08.04.2020
  • fgirlx
    fgirlx

    meine meinung... wenn die experten ( dr virologen recht haben)

    1. faletning der kurve bedeutet laengeres problem...mind bis ein vaccine vorhanden ist, da das nicht vor januar da ist ,wird eine fast schliessung fuer mind noch 6monate da sein

    2. ausbreitung ohne was zu tun,, nach 3 moanten haben wir es hinter uns , mit einer hohen anzahl v toten, ueberlastung des gesundheitssystem

    3. die moegelichkeit aussetzung der zulasungsverfahren fuer medizin. das werden manche woh mit menschenversuchen gleichsetzen , sehe ich in undseren laendern anders,keiner hungert und wer fuer 50000 e teilnimmt, tut das nicht wegen hunger und ist das risiko bewusst. dann koennten wir hilfreiche vaccine in 3 monaten haben.

    so wie es zur zeit gehandhabt wird, wirds nicht mehr mit normal in den naechsten 6 monaten ( china brauch ja schon 4 monate und ist lange nicht ueber dem berg)

    die Enwicklungslaender koennen sowieso nichts machen, und da wird es einfach laufen, und tote werden da sowieso nicht beachtet

    intr in den corona statistiken ist_

    pro 100.000 einwohner haben die meisten infizierten island norwgen vatikan andorra san marino etc...die ganz reichen

    pro 100.000 haben nigeria indien thai mynmar kongo etc die wenigsten infiziertn, ganz einfach sind die aermsten

    wer dann glaubt , das laege an warm kalt der kann nicht nachdenken

    nach abwaegung : sehe ich doch punkt 2 - aufhben der beschraenkungen und appellieren an die bevoelkerung das man sich ein wenig wenn mgl zurueckhaelt und dem punkt 3 ..als bessere moeglichkeit an , am anfang sah ich das nict s, doch seit ich alles abewoge habe, habe ich meine meinung geaendert

    17:12 Uhr, 08.04.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Kayo8
    Kayo8

    Dabei müsste man diese Grippewelle einfach nur laufen lassen wie jede Grippewelle ...

    10:54 Uhr, 08.04.2020
    3 Antworten anzeigen
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Wie rechnen die denn diese Summen aus?

    Wird das BIP vom letzten Jahr durch 12 geteilt?

    10:39 Uhr, 08.04.2020
  • Pump_Dump
    Pump_Dump

    Einkommen = Konsum (häufig selbstverschuldet durch Kredite für überteuerte Produkte). Dann kommt noch dazu das Arbeit gleich Existenz (ausser in Staaten mit sozialem Netz) bedeutet. Kurzum, man kann dieses Wirtschafts-Geld-Gesellschaftssystem in die Tonne treten. Alternativen gibt es, aber dann müssten herrschsüchtige Pfosten zurückstecken.

    10:35 Uhr, 08.04.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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