KONJUNKTUR IM BLICK/Schlimmer geht immer
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Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Deutschland ist vielleicht nicht der kranke Mann Europas - aber die Rolle der Wachstumsbremse des Euroraums haben wir inzwischen sicher: Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums im zweiten Quartal um 0,3 Prozent stieg, gab das deutsche um 0,1 Prozent nach. Allerdings gibt es Zweifel an diesem BIP-Rückgang, die vielleicht am Dienstag ausgeräumt, vielleicht aber auch bestätigt werden können: Es fehlten Daten zu den Umsätzen im Einzelhandel und im Dienstleistungssektor.
Das Ifo-Geschäftsklima wird mit ziemlicher Sicherheit erneut zur Spaßbremse. Volkswirte rechnen mit dem vierten Rückgang in Folge, nachdem bereits Einkaufsmanagerindex, Sentix- und ZEW-Index gesunken sind. Schlimmer geht immer. Immerhin hat nicht nur Deutschland Probleme: In den USA scheint die Inflation wieder anzuziehen und in Japan ist eine weitere Zinsanhebung nicht ausgeschlossen.
Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt im August
Das Geschäftsklima in den deutschen Großunternehmen dürfte sich im August erneut eingetrübt haben: Von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten einen Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex auf 86,0 (Juli: 87,0) Punkte. Gegenwärtig gibt es keinen Hoffnungsschimmer für die Industrie. Die Unternehmen sind verunsichert von der heimischen Wirtschaftspolitik und den Geschehnissen auf internationaler Ebene. Der Dienstleistungssektor läuft zwar besser, aber es fehlen amtliche zahlen, die das belegen könnten. Ein beredtes Zeugnis von dieser Gemengelage legen die jüngsten Ergebnisse von Sentix- und ZEW-Umfrage ab. Analysten hoffen nurmehr, dass es im dritten Quartal noch für eine Stagnation der Wirtschaftsleistung reichen wird. Die Ifo-Daten werden am Montag (10.00 Uhr) veröffentlicht.
Destatis bestätigt BIP-Rückgang im 2. Quartal - oder doch nicht?
Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im zweiten Quartal laut einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts (Destatis) um 0,1 Prozent geschrumpft. Das kam überraschend, Volkswirte hatten ein Plus von 0,1 Prozent prognostiziert. Obwohl den Statistikern 30 Tage nach dem Ende des Berichtszeitraums bei weitem nicht alle notwendigen Daten vorliegen, liegen sie mit ihre ersten BIP-Schätzung meistens richtig.
Aber dieses Mal war der Daten-Mangel ungewöhnlich groß. Aufgrund methodischer Umstellungen lagen am 30. Juli noch fast gar keine Zahlen zum Konsum und zum Output des Dienstleistungssektors vor. Deshalb hat kürzlich sogar die Bundesbank leise Zweifel am Ergebnis der ersten Veröffentlichung angemeldet. Gleichwohl prognostizieren Volkswirte eine Bestätigung der minus 0,1 Prozent. Die Daten kommen am Dienstag (8.00 Uhr).
Destatis wird erst am Freitag die schmerzlich vermissten Einzelhandels- und Dienstleistungsdaten veröffentlichen - jedenfalls einige von ihnen. Zunächst kommen die für den Groß- und Einzelhandel für Mai und zum Dienstleistungssektor für April. Die Zahlen können dann auf der Destatis-Website (Genesis Online) abgerufen werden.
Euroraum-Inflation geht im August etwas zurück
Der Inflationsdruck im Euroraum dürfte im August spürbar zurückgegangen sein. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte rechnen damit, dass die Verbraucherpreise nur noch mit einer Jahresrate von 2,2 (Juli: 2,6) Prozent gestiegen sind. Damit lägen sie ziemlich dich am Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent. Aber: Der Rückgang beruhte wohl vor allem auf dem rückläufigen Ölpreis, der sehr schwankungsanfällig ist. Die Kernteuerungsrate lag zuletzt bei 2,9 Prozent und dürfte im August nur leicht sinken. Veröffentlicht werden die Zahlen am Freitag (11.00 Uhr).
Die Erwartungen für den Euroraum werden sicher noch von den vorher zu veröffentlichenden Zahlen aus Spanien, Deutschland und Frankreich beeinflusst. Für Deutschland (Donnerstag, 14.00 Uhr) erwarten Analysten, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) nur noch mit einer Jahresrate von 2,3 (Juli: 2,6) Prozent gestiegen ist. Das wäre dann eine Gegenbewegung zum unerwarteten Anstieg im Juli (von 2,5 Prozent), als eigentlich ein Rückgang auf 2,4 Prozent erwartet worden war.
Verbraucherpreise des Großraums Tokio im Fokus
Die Bank of Japan (BoJ) hat nach jahrzehntelangem Stillhalten gezeigt, dass mit ihr nicht zu spaßen ist: Kürzlich erhöhte sich für viele überraschend ihre Zinsen zum zweiten Mal in diesem Jahr und BoJ-Gouverneur Kazuo Ueda bekräftigte, dass er zu weiteren Zinsanhebungen falls nötig bereit sei. Am Freitag (1.30 Uhr) werden die August-Inflationsdaten für den Großraum Tokio veröffentlicht.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/mgo
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