Kommentar
11:43 Uhr, 20.08.2010

„Kleinkleckersdorf“ oder doch die große weite Welt?

Zertifikateanleger, die sich nicht von vornherein auf einen ganz bestimmten Basiswert fokussieren möchten, sind es seit Jahren gewohnt, vom Emittenten eine riesige Anzahl an Produkten auf den sehr einfach und attraktiv abbildbaren Standardindex Euro STOXX 50 „vorgesetzt" zu bekommen. Ohne Murren wurde diese Praxis auch meist akzeptiert, wenn bei dem jeweiligen Papier nur eine interessante, renditeträchtige Struktur dahintersteckte. Insofern war es auch relativ egal ob sich ein Produkt auf den allerdings mit den Dividenden bestückten DAX-Performance- oder den Euro STOXX 50 Preis-Index bezog, war der Nachteil der Europa-Variante auf das ganze Jahr betrachtet doch nicht so gravierend und wusste man schließlich, dass die Ausschüttungen in der Struktur gut angelegt waren. Daran änderte auch die Finanzkrise wenig, was sich am ziemlich ähnlichen Auf und Ab der beiden Benchmarks 2008 und 2009 ablesen lässt. Erst in diesem von der Euro- und damit auch Bankenschwäche ganz besonders geprägten Jahr ging die Schere bei beiden Barometern nicht zuletzt auch wegen der sehr unterschiedlichen Gewichtung dieses Sektors signifikant auseinander, so dass aus den auf 12-Monatssicht sonst üblichen zwei bis vier Prozent Renditeunterschied bereits nach etwas mehr als einem halben Jahr fast zwölf Prozent geworden sind. Dabei gefährdet die noch immer deutlich negative Wertentwicklung des europäischen Vertreters natürlich auch das Funktionieren vieler Ausstattungen, wegen denen man sich als Anleger ja überhaupt erst auf den Standardindex eingelassen hatte.

Anleger, die wegen der noch immer unsicheren Lage im vereinten Europa nicht mit einer entsprechenden Aufholbewegung rechnen, könnten deshalb zukünftig verstärkt auf das setzen was sie kennen und was im Vergleich wohl auch noch das Sicherste darstellt, der „hauseigene" DAX mit seinen einzelnen Vertretern, auch wenn diverse Depot-Theoretiker in irgendwelchen Börsensendern dabei immer noch vom Kardinalfehler der Geldanlage, der „Verliebtheit in heimische Werte" bzw. dem sogenannten „Home-Bias" reden. Vielleicht ist aber eine Portion an gesundem Menschenverstand, der Anlegern häufig abgesprochen wird, manchmal doch besser als „graue Theorie", die sich vor Jahren sogar in zwei völlig abstrusen bunt zusammengewürfelten Aktien-Körben Bann brach, deren einziger Sinn darin bestand, ein zu regional bzw. zu sehr technologisch aufgestelltes Depot zu diversifizieren. Den „umwerfenden" Erfolg der Produkte kann sich jeder selbst ausmalen.

Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich auch gleich den Blick über den europäischen Tellerrand hinaus auf die globalen Titanen der Wirtschaft zu werfen, die wie auch bereits die meisten DAX-Unternehmen sowieso keine Ländergrenzen kennen. Barclays Capital hat dazu gerade ein noch bis 8. Oktober zeichenbares Papier im Angebot, das zum Laufzeitende in fünf Jahren eine Kapitalgarantie von 90 Prozent des Nennwerts verbrieft, die bereits dann in Anspruch genommen wird, wenn der Endwert des Produkts nur einen Cent unterhalb des Startlevels notiert. Der Anleger partizipiert dabei an der durchschnittlichen Wertentwicklung des DJ Global Titans 50 Index in seiner Euro-Variante. Die seit 1999 von Dow Jones Indexes berechnete weltweite Benchmark enthält die 50 größten und umsatzstärksten multinationalen Unternehmen, die anhand ihrer Marktkapitalisierung maximal mit zehn Prozent gewichtet werden, wobei eine Überprüfung einmal jährlich im Juni stattfindet. Das regionale Schwergewicht bildet aktuell die USA mit fast 63 Prozent vor Großbritannien mit über 10,5 Prozent und der Schweiz mit immer noch rund 6,6 Prozent. Erst dahinter folgen mit bescheidenen drei bis vier Prozent Frankreich, Deutschland, Spanien und Japan. Die stärksten Sektoren setzen sich zusammen aus Technologie mit mehr als 21 Prozent, Öl und Gas mit fast 20 Prozent, sowie Finanzen, Gesundheit und Konsum mit 13 bis 14,5 Prozent. Angeführt wird das Feld dabei von Exxon Mobil (5,29 Prozent) vor Apple (4,05 Prozent) und Microsoft (3,49 Prozent). Dahinter folgen Procter & Gamble, HSBC Holdings, GE, Nestlé und IBM.

Dass aber auch Größe allein nicht für den Erfolg an der Börse garantieren kann, zeigt die mit einem Minus von über sieben Prozent für das laufende Jahr Ende Juli festgestellte Performance der Total-Return-Variante des Index, wohl gemerkt auf US-Dollar-Basis. Nach der Euro-Berechnungsmethode, die auch dem Papier zugrundeliegt, würde der Global Titans 50 in diesem Jahr dagegen mit rund zwei Prozent im Plus liegen. In dem Zertifikat vertreten ist allerdings nur der Preis-Index. Bei der Feststellung des Endwertes im Oktober 2015 bedient sich der Emittent ferner einer Durchschnittsbildung, die sich allerdings nur über die monatlichen Stichtage während des letzten Laufzeitjahres zieht. Die Glättung wird dadurch zeitlich deutlich eingeschränkt und könnte die bereits angesammelte Performance beispielsweise bei einem Crash-Ereignis kurz vor Fälligkeit entscheidend schützen. Aber auch das „Asianing" in Verbindung mit einem auf 90 Prozent begrenzten Kapitalschutz reicht hier nicht aus, um ganz auf einen Cap zu verzichten. So kann der Investor mit dem Zertifikat maximal eine Rendite von 70 Prozent erzielen. Dabei ist der mit fünf Prozent bei Zeichnung allerdings mehr als satte Ausgabeaufschlag noch nicht mit eingerechnet.

Der BörseGo Tipp:
Das Barclays-Papier eignet sich für bullisch gestimmte Anleger, die auf einen weitgehenden Kapitalschutz nicht verzichten und ihr Investment sehr breit über die Blue-Chips dieser Welt streuen möchten. Aufgrund seiner mit fast dreiviertel der Gewichtung sehr stark angelsächsischen Ausrichtung bietet der Index darüber hinaus auch eine Beimischungs-Möglichkeit zu einem sehr stark europäisch ausgerichteten Depot. Der fondstypisch hohe Ausgabeaufschlag bei Zeichnung passt allerdings vordergründig nicht so recht ins Bild einer gelungenen Zertifikateanlage.

Global Titans Protect 10/10-10/15
Emittent/WKN: Barclays / BC0B80
Laufzeit: 15.10.2015
Preis: (in Zeichnung bis 08.10.2010) Ausgabepreis: 100 % (zzgl. 5 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

Bitte vergessen Sie nicht, sich an unserer wöchentlichen Zertifikate-Umfrage unter dem folgenden Link zu beteiligen: http://www.godmode-trader.de/Zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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