Kommentar
14:43 Uhr, 25.07.2014

Keine Angst vor Volatilität!

Nach einer Phase, in der fast alle Anlageformen bessere Erträge geliefert haben als Bareinlagen, ist es wichtig, einen Schritt zurückzutreten und zu fragen, wo wir jetzt stehen. Nach unserer Ansicht ist das aktuelle Börsenumfeld etwas problematisch hinsichtlich der Frage, ob und wann die außergewöhnlich niedrigen Geldmarktzinsen anziehen werden. Kurzfristig dürften erhöhte Volatilität und Druck auf die Bewertungen die Folge sein, doch es können sich auch echte Chancen eröffnen. Wir halten es weiter für richtig, Geduld zu haben und mit mehrjährigem Zeithorizont in vernünftig bewertete Anlagen zu investieren.

In diesem Jahr ist es an den Märkten überwiegend anders gelaufen als vom Gros der Experten vorhergesehen. Am verbreitetsten schien die Auffassung zu sein, Anleihen gingen schweren Zeiten entgegen und die Aktienmärkte, besonders in den Industrieländern, seien „offenkundig“ das Revier der Wahl.

Die Realität sieht anders aus. Viele Anleihen haben seit Jahresbeginn eine extrem gute Performance gezeigt, besonders solche mit langen Laufzeiten. Die Aktienmärkte waren weniger robust, aber nach einigen Schwankungen zu Beginn des Jahres (hauptsächlich ausgelöst durch den Konflikt in der Ukraine und Sorgen um das Wachstum in China) verbuchten sie Zuwächse, mit denen die meisten Anleger zufrieden sein dürften (siehe Abb. 1).

Die Börsen der Industrieländer sind etwas hinter den Emerging Markets zurückgeblieben, da einzelne Märkte wie Russland, die Türkei und China im zweiten Quartal eine relativ starke Performance gezeigt haben. Auch Unternehmensanleihen und die meisten Immobilienmärkte präsentierten sich zumeist in guter Verfassung.

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Sind jetzt alle Anlagen teuer?

Die positiven Erträge der meisten wichtigen Anlageformen versetzen manche Kommentatoren in Unruhe. Die Erfahrung des vergangenen Jahres hat die Anleger daran erinnert, dass Anleihen durchaus größere Kursverluste erleiden können, besonders wenn die Renditen niedrig sind. Zugleich dauert die Debatte darüber an, ob an den Aktienmärkten schon eine „Blase“ entstanden ist oder noch nicht. Hintergrund sind die neuen Allzeithochs an den Börsen der USA und Deutschlands.

Im Hintergrund steht bei all diesen Diskussionen der verzerrende Einfluss, der von den internationalen Notenbanken immer noch ausgeht. Das hat Fragen aufgeworfen wie: Ist es nicht ganz einfach so, dass die Vermögenspreise durch die Liquiditätsschwemme und die extrem niedrigen Zinsen allesamt aufgebläht sind? Was geschieht, wenn die US-Notenbank ein Ende der „Party“ beschließt?

Die ganze Thematik ist stark mit Emotionen besetzt, und auf welcher Seite der Debatte man sich wiederfindet, hängt oft nicht minder von der Weltanschauung, von politischen Ansichten und Werten ab als von ökonomischen Einschätzungen. Ein bisschen Angst spielt auch mit hinein. Wir haben eine nur allzu klare Vorstellung davon, was passieren kann, wenn sich zeigt, dass unsere Annahmen über das Finanzsystem auf unsicherem Fundament ruhen.

Objektivität und Wachsamkeit

Deshalb ist es äußerst wichtig, einen Schritt zurückzutreten und die verschiedenen Anlageformen frei von Emotionen und ideologischem Ballast zu betrachten, um dann die eine, entscheidende Frage zu stellen: Was bietet man uns als Entschädigung für das Risiko, das wir eingehen sollen, und wie attraktiv erscheint uns das?

Abbildung 2 zeigt eine Möglichkeit, wie das Multi-Asset-Team von M&G versucht, sich dieser Frage objektiv zu nähern. Wie immer ist es nicht so einfach, und die Urteilsbildung lässt sich nicht an eine einzelne Bewertungskennzahl delegieren. Wir fänden es aber etwas schwierig, die generellen Folgerungen von der Hand zu weisen, die die Abbildung nahe legt.

Die wahren Kosten des Seelenfriedens, den es bringen mag, Geld in Bareinlagen zu halten (siehe linke Seite der Abbildung), erscheinen immer noch hoch, während die offenbar „risikoträchtigeren“ Anlageformen (in der Abbildung rechts) überwiegend eine faire Entschädigung für das Risiko zu bieten scheinen. Die Renditen von Staatsanleihen aus Industrieländern wirken am kurzen Ende weiter unattraktiv, bei den längeren Laufzeiten bieten sich aber durchaus Chancen. Bei Unternehmensanleihen erscheint die absolute Höhe der Renditen zwar uninteressant, doch bei den Spreads dürfte noch etwas zu holen sein.

Wir haben bereits erwähnt, dass nicht viele mit dem Finger darauf zeigen, wenn es einmal tatsächlich zur Blasenbildung kommt. Der allgemeine Tenor an den Börsen zeugt immer noch davon, dass die Anleger die Entwicklung der Weltwirtschaft mit großer Nervosität verfolgen. Während bestimmte Anlageformen durch die Jagd nach höheren Renditen an Attraktivität verloren haben, waren die meisten Anleger auch nicht bereit, für die Hoffnung auf Wachstum viel zu bezahlen. Das ist der Grund, warum die meisten Aktienmärkte alles in allem nicht überbewertet erscheinen.

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Aber was ist, wenn die Zinsen steigen?

Ein häufig angeführtes Argument lautet wie folgt: Da die Niedrigzinspolitik in den Industrieländern bestimmte Anlageformen auf ein unattraktives Niveau habe steigen lassen, werde eine straffere Geldpolitik doch sicher zu erheblichen Verlusten führen. Wir können diese Sichtweise nachvollziehen, meinen aber, dass der Ausgangspunkt der Bewertungen die entscheidende Rolle spielt.

Tatsache ist, dass einige Anlageformen heute gegenüber der eigenen Historie attraktiv oder neutral bewertet erscheinen, wobei die Historie zum Teil auch Zeiten einschließt, in denen die Zinsen zweistellig waren. Aus längerfristiger Perspektive dürfte die Entschädigung, die diese Anlagen bieten, gar nicht so unangemessen sein, besonders wenn die Alternative eine garantiert negative Rendite von Baranlagen ist (vorausgesetzt, eine dauerhafte Deflation bleibt uns erspart).

Eine Straffung der Geldpolitik wird fast mit Sicherheit Volatilität auslösen. Wir halten den Versuch, die richtigen Zeitpunkte zum Aus- und Einstieg aus den Märkten abzupassen, um Volatilität zu meiden, aber für gefährlich. Weder können wir wissen, ob und wann die Zinsen steigen, noch wie die Märkte gegebenenfalls darauf reagieren werden. Für einen Anleger, der an die Anlagen in seinem Portfolio wirklich glaubt, könnten sich durch Volatilität indessen echte Investmentchancen eröffnen. Gerade attraktiv bewertete Investments sollten zudem für die Auswirkungen steigender Zinsen weniger anfällig sein.

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